DER KLEINE TOD (German Edition)
hervor. Die meisten waren Abkömmlinge nomadisierender Hirten. Debs Bewohner, die Tu`, pflegten einen der Wüste angepassten Lebensstil, ohne sich der Moderne zu verschließen. Natürlich gab es auch auf Deb große Städte und moderne Ballungszentren. Aber die Pflege ihrer nomadischen Traditionen lag den Tu` am Herzen. Wer in den Stand eines Kriegers erhoben werden wollte, musste für einige Zeit in die Wüste gehen und sich dort beweisen. Und da auf Deb wie auf jedem anderen Planeten der Konföderation viele junge Männer und Frauen den Kriegerstand anstrebten, fungierten viele Hirten gegen ein gewisses Entgelt als Gastfamilien für die angehenden jungen Krieger aus den Städten. Allein die traditionelle Ziegenhaltung mit etwas Käseproduktion garantierte kaum den Lebensunterhalt, auch wenn die Hirten sehr genügsam waren. Doch ganz ohne technische Errungenschaften wie transportablen Ultraschallduschen, Wärmeplatten mit langlebigen Energiezellen zum Kochen und modernen Kommunikationsgeräten wollten auch sie nicht sein. So hatten sie sich im Laufe der Zeit ein Berufsfeld erschlossen, das sie auch aus den Hirtenlagern heraus ausüben konnten, das Programmieren. Man brauchte eigentlich nur einen Mini-Computer mit enormer Speicherkapazität, eine Funk-Verbindung zu einem der vielen Satteliten, die im Orbit des Planeten kreisten und natürlich das entsprechende mathematische Talent und die nötige Ausbildung, wobei man in der Konföderation halb belustigt, halb respektvoll spöttelte, die Hirten würden diese bereits mit der Muttermilch aufsaugen.
Kito mühte sich aber nicht wegen Rrals Programmierkünsten so sehr. Der Bräutigam war außerhalb der eigenen Berufsgruppe kaum bekannt. Aber sein Clan, die Hirten zum Gelben Felsen, waren als bedeutende Züchter edler Wüstenrenner auf ganz Deb berühmt. Und was Kitos Ehrgeiz besonders anstachelte war die Tatsache, dass die Hirten zum Gelben Felsen mit Drusus, dem Anführer der Tu`, verwandt waren. Natürlich würde er bei der Hochzeit seines Cousins zugegen sein. Kito und Drusus waren sich in der Vergangenheit schon auf verschiedenen feierlichen Anlässen begegnet, doch es hatte sich nie eine günstige Gelegenheit ergeben. Aber diesmal, so versprach es sich der Tänzer, würde er Drusus nicht wieder entwischen lassen.
***
Von dem Dach seiner Hütte aus beobachte der Jüngling Ador von den Hirten zum Gelben Felsen aufgeregt die Ankunft der Tanzgruppe Kito in der Oase seiner Familie. Am liebsten wäre er sofort heruntergeeilt, um den bewunderten Tänzerkollegen zu begrüßen, aber sein Gast Ken`dell verlangte ungestüm nach seiner ungeteilten Aufmerksamkeit und zog ihn in die Kissen unter der Sonnenplane zurück. Sex mit dem spröden und zurückhaltenden Cousin aus einer anderen Sippe war für Ador ein ersehntes, seltenes Vergnügen. So verschob er die Begegnung mit Kito auf später. Erst am Abend gab Ken`dell seinen süßen Gesellschafter wieder frei. Gemeinsam schlenderten sie zum Haupthaus, wo die Hochzeitsfeier schon in vollem Gange war. Beide Männer waren in die weiten, locker fallenden traditionellen Gewänder der Wüstenbewohner gehüllt, aber während Ken`dell sich wie alle Krieger verschleierte, zog Ador es vor, sein Gesicht offen zu zeigen, obwohl auch er die Kriegerriten absolviert hatte. Ohne Schleier zu gehen, war großzügig, provozierend und sexy. Als die Männer die große Halle betraten, reckten sich viele Köpfe nach dem geschmeidigen jungen Mann, der sein liebreizendes Antlitz so unverfroren zeigte und der die Hochzeitsgesellschaft am gestrigen Tage mit seinem Tanz erfreut hatte. Doch Ador ignorierte alle begehrlichen Blicke. Nur bei der Lagerstatt des Herrschers Drusus verweilte er für einen Moment, um seinem mächtigen Verwandten Ehre zu erweisen und zu erkunden, ob dieser die Gesellschaft seines Lieblingstänzers an diesem Abend wünschte. Nach kurzer Begrüßung schickte der Anführer der Tu` Ador wieder fort. Vielleicht wollte er sich heute lieber seiner Gefährtin Tamine widmen, die er zärtlich in den Armen hielt und die den Tänzer mit giftigen Blicken bedachte. Ador war es Recht, so konnte er seinem Ken`dell zu der Lagerstatt des unermesslich reichen und einflussreichen imperialen Geschäftsmannes Kel Horzan folgen, einem guten Geschäftsfreund des Bräutigams. Und da auch Ken`dell hin und wieder für die Horzan-AG tätig war und dabei enorme Profite einstrich, sah er es als seine Verpflichtung an, sich während der Hochzeitsfeier ein wenig um
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