Der kleine Vampir feiert Weihnachten
sich eine Hand vor den Mund – vermutlich, weil Anton ihre Vampirzähne nicht sehen sollte.
«Gute Nacht», sagte sie sanft. Sie ging zum Fenster, öffnete es und flog davon.
Wir warten auf den Weihnachtsvampir
Beim Mittagessen am nächsten Tag schlug Anton mit sehr gemischten Gefühlen die «Nordstadt-Zeitung» auf. Doch er entdeckte nicht den kleinsten Hinweis darauf, dass irgendwo ein Tannenbaum vermisst wurde.
Er atmete auf. Offenbar hatte Lumpi aus der Sache mit den Kaufhausbäumen doch etwas gelernt!
«Ich wundere mich, dass du die Ruhe hast, Zeitung zu lesen», bemerkte Antons Mutter.
«Wieso?», entgegnete er.
«Na ja – zwei Tage vor Weihnachten … Ich glaube, ich bin aufgeregter als du.» Sie lächelte. «Aber es ist auch eine eigenartige Situation, mit zwei Fremden den Heiligabend zu feiern!»
«Zwei Fremde?», rief Anton empört. «Anna und Rüdiger sind meine besten Freunde!»
«Trotzdem kennen wir sie kaum», antwortete seine Mutter.
«Und
du
hast Vati und mir auch nicht gerade weitergeholfen!», fügte sie vorwurfsvoll hinzu.
«Womit sollte ich euch denn weiterhelfen?»
«Nun – als wir dich gefragt haben, was Anna und Rüdiger am liebsten essen und trinken würden … da hast du, anstatt uns ein paar Tipps zu geben, mal wieder den Clown gespielt!»
«Ich? Den Clown?»
«Allerdings! Jedenfalls bin ich
nicht
in die Apotheke gegangen, um eine Blutkonserve zu besorgen, wie du es in deiner einmalig witzigen Art vorgeschlagen hattest.» Sie seufzte. «Jetzt müssen Anna und Rüdiger eben mit dem vorlieb nehmen, was Vati und ich eingekauft haben.»
Sie schenkte sich Kaffee nach. Dann sagte sie: «Eine Bitte habe ich, Anton!»
«Und welche?»
«Dass wir am Heiligen Abend einmal nicht über Vampire sprechen!»
Anton biss sich auf die Zunge. «Von mir aus.»
«Du bist damit einverstanden?» Sie blickte ihn überrascht an.
«Ja!»
«Und wir werden am Heiligabend wirklich nicht über Vampire sprechen?», vergewisserte sich Antons Mutter noch einmal.
«Nein!», sagte Anton gelassen.
Warum sollten sie auch
über
Vampire sprechen – da sie
mit
Vampiren sprechen würden!
Der Rest des Tages und auch der darauf folgende Tag vergingen für Anton wie im Flug – mit den letzten Arbeiten an seinen Geschenken, mit Zimmeraufräumen und Handreichungen in der Küche.
Ja, und dann war der 24. Dezember!
Als Anton am Morgen aus dem Fenster sah, erblickte er statt des erwarteten Schnees – bis zuletzt hatte er gehofft, es würde noch schneien – Regen, der in dünnen Bächen an der Scheibe herunterlief.
«Die armen Autofahrer», sagte seine Mutter beim Frühstück.
«Wieso?», fragte Anton.
«Im Radio haben sie gemeldet, dass die Straßen spiegelglatt sind», berichtete Antons Vater.
«Das kann uns ja egal sein», meinte Anton.
«So egal nun auch wieder nicht», entgegnete seine Mutter. «Immerhin erwarten wir Gäste. Und bestimmt werden Anna und Rüdiger von ihren Eltern im Auto hergebracht, oder?» Dabei sah sie Anton prüfend an.
«Im Auto?»
Er hätte jetzt antworten können, dass sie, wie alle Vampire, fliegen würden. Aber eingedenk seines Versprechens sagte er nur: «Nein, sie gehen zu Fuß.»
«Hoffentlich rutschen sie nicht aus! Auf den Gehwegen wird zwar gestreut, aber –» Antons Mutter sprach nicht weiter.
«Sie rutschen garantiert nicht aus», versicherte Anton. Doch als es zu dämmern begann und Anna und Rüdiger immer noch nicht da waren, wurde Antons Mutter nervös. «Wenn wir wenigstens ihre Eltern anrufen könnten …», sagte sie.
«Wozu sollte das gut sein?», fragte Anton.
«Dann würden wir zumindest erfahren, wann Anna und Rüdiger aufgebrochen sind.»
«Vielleicht sind sie noch gar nicht aufgebrochen», entgegneteAnton. «Vielleicht liegen sie noch im –» ‹Sarg› wollte er sagen; aber in letzter Minute merkte er, was ihm da beinahe herausgerutscht wäre. «– im warmen Wasser in der Badewanne», ergänzte er listig.
«Jetzt?» Seine Mutter sah ihn befremdet an. «Kein Mensch legt sich am Heiligabend in die Badewanne!»
Anton grinste. Seine Mutter hatte sogar im doppelten Sinne Recht: Kein Mensch und auch kein – Vampir. Vampire würden sich überhaupt nie in die Badewanne legen!
«Wir sollten ein bisschen fernsehen», schlug Antons Vater vor. «Damit uns die Zeit nicht so lang wird.»
«Die wird uns beim Fernsehen nur noch länger», erwiderte Anton. «Wenn du wüsstest, was die für ein Weihnachtsprogramm haben
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