Der kleine Vampir feiert Weihnachten
Anton. «Es sei denn …»
«Es sei denn – was?», fragte Anton voller Unbehagen.
«Es sei denn, man würde sonst erkennen, dass ich ein … Vampir bin!»
«Nein, nein», versicherte Anton. «Ihr seht nur etwas bunt aus – aber nicht wie Vampire.»
«Bunt ist doch wunderbar», sagte der kleine Vampir und lachte krächzend. «Das passt zu den Geschenken und zu dem – hihi! – bunten Einwickelpapier.»
Anna reckte sich. «
Ich
möchte nicht bunt aussehen! – Aber ich hab keinen Puder dabei», sagte sie, zu Anton gewandt. Sie hob eine schwarze Tasche auf, die halb unter dem Bett stand und die Anton deshalb noch nicht bemerkt hatte.
«Hier drin sind nur die Geschenke für euch.»
«Ich kann ja Puder holen – aus dem Badezimmer», erbot sich Anton.
Anna nickte dankbar. «Und eine Bürste!»
«Und einen Lippenstift», ergänzte der kleine Vampir.
«Willst du dir etwa die Lippen anmalen?», fragte Anton verblüfft.
«Ich? Nein!» Rüdiger grinste. «Aber Anna wird sich bestimmt einen Kussmund malen wollen!»
«Fiesling!», fauchte Anna, die über und über rot geworden war.
«Wieso?», tat Rüdiger unschuldig. «Hast du nicht unterwegs gesagt, du würdest Anton einen Weihnachtskuss geben?»
«Ich – ich hol dann den Puder», sagte Anton schnell und ging zur Tür.
Aber da erklang ein helles, kräftiges Läuten.
«Zu spät», meinte Anton bedauernd zu Anna. «Die Weihnachtsglocke!»
«Kriege ich jetzt die Geschenke?», fragte der kleine Vampir mit heiserer Stimme.
«Wir», verbesserte Anna. «Wir kriegen
unsere
Geschenke!»
«Hoffentlich nicht», erwiderte der kleine Vampir. «Auf Gemeinschaftsgeschenke lege ich keinen Wert!»
Es läutete zum zweiten Mal. Anton holte die Tüte mit den gebastelten und gekauften Weihnachtsgeschenken vom Schreibtisch. «Gehen wir», sagte er.
Der kleine Vampir ergriff die schwarze Tasche und rief: «Auf die Särge, fertig, los!»
O Tannenbaum
Vor der Wohnzimmertür blieb der kleine Vampir stehen. «Nach dir», sagte er grinsend zu Anton.
Anton öffnete die Tür – und war im ersten Moment wie geblendet. Er wusste zwar, dass seine Eltern einen besonders großen und schön gewachsenen Tannenbaum gekauft hatten. Aber erst jetzt, mit den brennenden Kerzen und dem Weihnachtsschmuck, entfaltete der Baum seine ganze Pracht.
«Wie schön!», rief Anna, und der kleine Vampir krächzte: «Einen Superbaum haben Sie da!»
«Er gefällt euch?» Antons Mutter lächelte geschmeichelt. «Ja!», bestätigte Anna und fügte hinzu: «Unsere Tannenbäume sind viel hässlicher.»
«Ihr habt Tannenbäume – und sogar mehrere?», fragte Antons Vater überrascht.
«Ja, neun», antwortete Anna.
Antons Mutter merkte auf. «Neun? Warum denn so viele?»
«Die hat Lumpi alle angeschleppt», erklärte Anna.
«Lumpi …» Antons Mutter war blass geworden. «Und weißtdu zufällig, woher er die Bäume hat?», fragte sie mit nur mühsam unterdrückter Erregung.
«Nein», sagte Anna.
«Aber ich!», rief der kleine Vampir. «Lumpi hat einem Tannenbaumverkäufer beim Ausladen geholfen, hihi.»
«Ach, so ist das –» Antons Mutter seufzte erleichtert.
«Anton hat erzählt, ihr würdet gar nicht Weihnachten feiern», bemerkte sein Vater.
«Tun wir auch nicht», bestätigte der kleine Vampir. «Aber wir wollten es diesmal etwas festlicher haben in unserer Gr–» Er brach ab und schlug verlegen die Hand vor den Mund.
«Grrr?», wiederholte Antons Vater belustigt. «Das klingt ja wie in einem Vampirfilm!»
«Stimmt», sagte Anna. «Rüdiger sieht wirklich zu oft Vampirfilme.» Sie zwinkerte Anton zu und kicherte.
«O meine Olga!», rief da der kleine Vampir, und mit starrem Blick näherte er sich dem Tannenbaum, an dem mehrere Weihnachtsengel hingen.
«Du kannst dir nachher einen aussuchen», erklärte Anton rasch. «Nicht wahr, Mutti?»
Seine Mutter nickte. «Sicher!»
«Wir haben überhaupt keinen Weihnachtsschmuck», sagte Anna, und vorsichtig berührte sie die zarten Glasgebilde.
«Gar keinen Schmuck – für neun Bäume?», wunderte sich Antons Vater. «Wollt ihr dann nicht ein paar Kugeln und Glöckchen mitnehmen?»
Anna schüttelte den Kopf. «Ich glaube nicht, dass wir die aufhängen dürften.»
«Ihr habt es nicht immer ganz leicht zu Hause, oder?»
Antons Mutter blickte mitfühlend zwischen Anna und Rüdiger hin und her.
«Ach, wissen Sie, unsere Familie hat es auch nicht immer ganz leicht mit uns», erwiderte Rüdiger. «Vor allem nicht mit meiner
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