Der Klient
einer meiner Studenten.«
»Richtig. Das sagte er, zweimal. Außerdem ist da ein stellvertretender Bundesanwalt aus New Orleans, ein Mr. Thomas Fink. Und ein Mr. K. O. Lewis, stellvertretender Direktor des FBI. Und ein paar FBI-Agenten.«
Harry schaute von einer Akte auf und dachte darüber nach. »Ein beachtliches Grüppchen. Was wollen sie?«
»Das wollten sie nicht sagen.«
»Na schön, bringen Sie sie rein.«
Sie ging, und Sekunden später erschienen Ord, Fink, Lewis und McThune in dem engen und mit Papieren übersäten Büro und stellten sich Seinen Ehren vor. Harry und die Sekretärin räumten Akten von den Stühlen, und jedermann suchte sich einen Platz. Sie tauschten Höflichkeiten aus, und nach ein paar Minuten sah Harry auf die Uhr und sagte: »Meine Herren, auf meinem Terminplan stehen heute siebzehn Fälle. Was kann ich für Sie tun?«
Ord räusperte sich als erster. »Also, Richter, ich bin sicher, Sie haben gestern und heute morgen die Zeitungen gesehen, insbesondere die Stories auf der Titelseite über einen Jungen namens Mark Sway.«
»Sehr interessant.«
»Mr. Fink hier ist der Ankläger des Mannes, der des Mordes an Senator Boyette beschuldigt wird, und der Fall soll in ein paar Wochen in New Orleans verhandelt werden.«
»Das ist mir bekannt. Ich habe die Zeitungen gelesen.«
»Wir sind fast sicher, daß Mark Sway mehr weiß, als er sagt. Er hat die Polizei von Memphis einfach angelogen. Wir glauben, daß er sich eingehend mit Jerome Clifford unterhalten hat, vor dessen Selbstmord. Wir wissen ganz sicher, daß er in seinem Wagen war. Wir haben versucht, mit dem Jungen zu reden, aber er war sehr unkooperativ. Jetzt hat er eine Anwältin engagiert, und sie läßt uns nicht an den Jungen heran.«
»Reggie Love arbeitet fast ständig in meinem Gericht. Eine sehr kompetente Anwältin. Tritt gelegentlich ein bißchen zu intensiv für ihre Mandanten ein, aber dagegen ist nichts einzuwenden.«
»Ja, Sir. Der Junge erscheint uns sehr verdächtig, und wir sind ziemlich sicher, daß er wertvolle Informationen zurückhält.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel den Ort, an dem sich die Leiche von Senator Boyette befindet.«
»Wie kommen Sie zu dieser Annahme?«
»Das ist eine lange Geschichte, Euer Ehren. Und es würde eine Weile dauern, sie zu erzählen.«
Harry befingerte seine Fliege und bedachte Ord mit einem seiner finsteren Blicke. Er dachte nach. »Sie wollen also, daß ich den Jungen herbringen lasse und ihm Fragen stelle?«
»So ungefähr. Mr. Fink hat eine Eingabe mitgebracht, die untermauert, daß der Junge sich strafbar gemacht hat.«
Das gefiel Harry ganz und gar nicht. Seine glänzende Stirn war plötzlich gefurcht. »Eine ziemlich schwerwiegende Behauptung. Welches Vergehens hat der Junge sich schuldig gemacht?«
»Behinderung der Justiz.«
»Haben Sie einen Präzedenzfall?«
Fink hatte eine Akte aufgeschlagen, stand auf und reichte ein schmales Dossier über den Schreibtisch. Harry nahm es und begann, langsam zu lesen. Im Zimmer herrschte Stille. K. O. Lewis war noch nicht zu Wort gekommen, und das ärgerte ihn, denn er war schließlich der zweite Mann im FBI. Und den Richter schien das überhaupt nicht zu beeindrucken.
Harry blätterte eine Seite um und schaute wieder auf die Uhr. »Ich höre«, sagte er in Finks Richtung.
»Wir sind der Ansicht, Euer Ehren, daß Mark Sway durch seine Falschaussagen die Untersuchungen in dieser Sache behindert hat.«
»Welcher Sache? Des Mordes oder des Selbstmordes?«
Hervorragende Frage, und sobald er sie gehört hatte, wußte Fink, daß Harry Roosevelt sich nicht über den Tisch ziehen ließ. Sie untersuchten einen Mord, keinen Selbstmord. Es gab kein Gesetz gegen Selbstmord und auch keines gegen das Beobachten eines solchen. »Nun, Euer Ehren, wir sind überzeugt, daß zwischen dem Selbstmord und dem Mord an Boyette ein direkter Zusammenhang besteht, und es ist wichtig, daß der Junge mit uns kooperiert.«
»Was ist, wenn er nichts weiß?«
»Wir können erst sicher sein, wenn wir ihn befragt haben. Bis jetzt behindert er die Untersuchung, und wie Sie wissen, hat jeder Bürger die Pflicht, die Behörden bei der Verfolgung von Straftaten zu unterstützen.«
»Das weiß ich. Es erscheint mir nur ziemlich hart, dem Jungen eine strafbare Handlung vorzuwerfen, ohne irgendwelche Beweise.«
»Die Beweise werden kommen, Euer Ehren, wenn wir den Jungen in den Zeugenstand bekommen, unter Eid, in einer Anhörung unter Ausschluß der
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