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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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weniger.«
    »Was ist in den letzten hundert Jahren ausgestorben?«
    »In einem Ökosystem wie Manhattan sterben Pflanzen nicht aus. Irgendwo tauchen sie immer wieder auf.«
    Das brachte Rhyme auf eine Idee. Erinnerte ihn an etwas, doch er wußte noch nicht genau, woran. Ein Gefühl, das er einerseits mochte, zugleich aber auch haßte. Manchmal bekam man den Gedanken zu fassen wie einen leichten, langsamen Ball. Oder er entglitt einem völlig und hinterließ nur einen bitteren Nachgeschmack ob der eigenen Einfallslosigkeit;
    Sechzehn Minuten bis zum höchsten Wasserstand.
    Was war das für ein Gedanke? Er ging in sich, schloß die Augen...
    Ein Pier, dachte er. Das Opfer ist unter einem Pier.
    Was hat es damit auf sich? Denk nach!
    Ein Pier ... Schiffe, die dort entladen werden ... Fracht.
    Fracht löschen!
    Er riß die Augen auf. »Mel, könnte es eine Kulturpflanze sein?«
    »O verdammt. Ich habe nur auf den allgemeinen Gartenbauseiten nachgeguckt, nicht unter Kulturpflanzen.« Er machte sich wieder am Computer zu schaffen - stundenlang, so kam es Rhyme vor.
    »Nun?«
    »Moment, einen Moment noch ... Hier ist eine Reihe von Binärcodes.« Er überflog sie. »Gerste, Hafer, Luzerne, Mais, Rüben, Tabak ...«
    »Tabak! Versuch's damit.«
    Cooper zog den Cursor auf den entsprechenden Eintrag, dann ein Doppelklick mit der Maus, und langsam tauchte das Bild am Monitor auf.
    »Das ist es!«
    »Das World Trade Center«, rief Rhyme. »Auf den Ländereien nördlich davon befanden sich früher Tabakplantagen. Thom, das Recherchematerial für mein Buch - ich brauche die Karte aus den vierziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts. Und die moderne Karte, anhand derer Bo Haumann festgestellt hat, wo asbestverseuchte Häuser saniert wurden. Hefte sie wieder an die Wand, nebeneinander.«
    Der Adlatus fand die alte Karte bei Rhymes Unterlagen. Er klebte beide neben dem Bett an die Wand. Die ältere Karte, von grober Hand gezeichnet, zeigte den nördlichen Teil der städtischen Ansiedlung - eine Ansammlung von Häusern im unteren Bereich der Halbinsel, umgeben von Plantagen. Drei Schiffswerften befanden sich am Fluß, der seinerzeit nicht Hudson hieß, sondern West River. Rhyme blickte auf den aktuellen Stadtplan. Das Ackerland war selbstverständlich verschwunden, desgleichen die Kais. Doch er entdeckte einen verlassenen Kai, der genau an der Stelle lag, wo früher einer der von den Tabakexporteuren genutzten alten Piers gewesen war.
    Rhyme strengte sich an, neigte den Kopf soweit wie möglich nach vorn und versuchte den Namen der nächstgelegenen Straße zu erkennen. Er wollte Thom gerade zurufen, daß er herkommen und ihm die Karte hinhalten sollte, als unten ein lauter Schlag ertönte und die Tür nach innen aufflog. Glas splitterte.
    Thom lief die Treppe hinunter.
    »Ich will ihn sehn.«Die barsche Stimme hallte durchs Treppenhaus.
    »Einen -«, setzte der Adlatus an.
    »Nein. Keinen Moment, auch keine Minute. Sondern sofort. Jetzt, verflucht noch mal. Auf der Stelle.«
    »Mel«, flüsterte Rhyme, »laß die Spuren verschwinden, stell die Geräte ab.«
    »Aber -«
    »Mach schon!«
    Rhyme schüttelte Kopfhörer und Mikrofon ab. Sie fielen auf die Kante des Clinitron. Schwere Schritte auf der Treppe.
    Thom versuchte sie nach besten Kräften aufzuhalten, doch die Besucher waren drei FBI-Agenten, und zwei davon hatten schwere Schußwaffen in der Hand. Langsam wich er über die Treppe zurück.
    Mel Cooper, gelobt sei er, hatte das Stereomikroskop innerhalb von fünf Sekunden zerlegt und verstaute gerade sorgfältig die Einzelteile, als die Bundesagenten oben an der Treppe auftauchten und in Rhymes Schlafzimmer stürmten. Die Tüten mit den Beweismitteln waren unter einem Tisch versteckt und mit etlichen National Geographics abgedeckt.
    »Ah, Dellray«, sagte Rhyme. »Haben Sie unseren Unbekannten gefunden?«
    »Wieso haben Sie uns nix gesagt?«
    »Was hätte ich denn sagen sollen?«
    »Daß der Fingerabdruck getürkt war.«
    »Mich hat ja keiner gefragt.«
    »Getürkt?« fragte Cooper verblüfft.
    »Nun ja, der Abdruck war echt«, sagte Rhyme, als wäre das offensichtlich. »Aber er stammte nicht von dem Unbekannten. Unser Junge brauchte für seine Fischzüge ein Taxi. Und so stieß er auf - wie war doch gleich der Name?«
    »Victor Pietrs«, knurrte Dellray und berichtete von dem Taxifahrer.
    »Guter Trick«, sagte Rhyme nicht ohne eine gewisse Bewunderung. »Sucht sich einen Serben aus, der psychisch gestört ist. Frage mich, wie

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