Der Knochenjäger
wenn er -
»Eine Zeitung!« rief sie und blickte auf. »Wo finde ich eine Zeitung?« Aufgeregt blickte sie von Tisch zu Tisch. »Eine Zeitung von heute?«
»Was ist los, Sachs?« fragte Rhyme.
Sie riß Jerry Banks die New York Times aus der Hand und blätterte sie rasch durch.
»Diese Flüssigkeit... an der Unterwäsche«, sagte sie zu Rhyme. »Könnte das Seewasser sein?«
Unbekannter Nr. 238
Aussehen
Weiß, männlich, schmächtig
Dunkle Kleidung
Skimaske? Marineblau?
Alte Handschuhe, rötlich. Ziegenleder
Aftershave: um anderen Geruch
zu überdecken?
Aftershave = Brut
Haarfarbe nicht braun
Tiefe Narbe am Zeigefinger
Sporthose
Aufenthaltsort
Wahrsch. sicherer Unterschlupf
Wohnhaft nahe:
Broadway/82 St.: ShopRite
Broadway/96. St.: Anderson Foods
Greenwich/BankSt.: ShopRite
2ndAve./72.-73. St.: Grocery World
Battery Park City: J&G's Emporium
2nd Ave. Nr. 1709: Anderson Foods
34. St/Lex. Ave.: Food Warehouse
8th Ave./24St.:Shop Rite
Houston/ Lafayette St.: ShopRite
6th Ave ./Houston St.: J&G's Emporium
Greenw./Franklin St.: Grocery World
Altes Haus, rosa Marmor
Fahrzeug
Gelbes Taxi
Limousine, neuester Typ
Hellgrau, Silber, beige
Mietwagen, evtl. gestohlen
Sonstiges
Kenntn. TO-Arbeit
evtl. vorbestraft
Kenntn. Fingerabdr.
Waffe=. 32er Colt
Fesselt Opfer mit ungew. Knoten
Vorliebe für »Altes«
Nannte ein Opfer »Hanna«
Grundkenntnisse Deutsch
Vorliebe für Unterirdisches
Persönlichkeitsspaltung
Evtl. Priester, Sozialarbeiter, Anwalt
Ungewöhnlich abgetragene Schuhe;
liest viel?
»Seewasser?« Cooper studierte das Ergebnis der gaschromatographischen Untersuchung. »Natürlich! Wasser, Natrium und andere Mineralien. Dazu das Öl und die Phosphate. Es ist verunreinigtes Seewasser.«
Sie schaute zu Rhyme. »Die Flut!« riefen beide wie aus einem Mund.
Sie hielt die Zeitung hoch. Hatte die Seite mit dem Wetterbericht aufgeschlagen, auf der sich auch eine graphische Darstellung der Mondphasen befand - genau wie die, die sie am Tatort gefunden hatte. Darunter war eine Gezeitentabelle. »In vierzig Minuten hat die Flut den höchsten Stand erreicht.«
Rhyme verzog angewidert das Gesicht. Er war wütend, wütend auf sich selbst, und das war am allerschlimmsten. »Er will das Opfer ertränken. Es befindet sich unter einem Pier in Downtown.« Er blickte auf die Karte von Manhattan, betrachtete den kilometerlangen Küstenstreifen. »Sachs, Sie dürfen sich wieder als Rennfahrerin betätigen. Sie und Banks begeben sich nach Westen. Lon, würdest du die East Side übernehmen ? Die Gegend um den South Street Seaport. Und du, Mel, findest gefälligst heraus, was das für ein Blatt ist.«
Eine aufschwappende Welle klatschte an seinen Kopf.
William Everett schlug die Augen auf und blies das Salzwasser aus seiner Nase. Es war eiskalt, und er spürte, wie sein schwaches Herz kämpfte, aussetzte, dann wieder mühsam das warme Blut in seinen Körper pumpte.
Beinahe wäre er wieder ohnmächtig geworden. Wie vor ein paar Stunden, als ihm der Mistkerl den Finger gebrochen hatte. Langsam kam er zu sich, erinnerte sich nach und nach, was mit ihm geschehen war. Dann mußte er an seine verstorbene Frau denken - und aus irgendeinem Grund fielen ihm die Reisen ein, die sie gemeinsam unternommen hatten. Sie waren in Gizeh gewesen. Und in Guatemala. In Nepal und in Teheran (eine Woche vor der Geiselnahme in der amerikanischen Botschaft).
Einmal waren sie mit der Southeast China Airlines unterwegs gewesen, und ihre Maschine hatte eine Stunde nach dem Start in Peking eins von zwei Triebwerken verloren. Evelyn hatte sich vornübergebeugt, die bei einer Notlandung vorgeschriebene Haltung eingenommen, sich auf den Tod vorbereitet, und dabei direkt auf einen Artikel in der Bordzeitschrift gestarrt, in dem vor dem Genuß von heißem Tee nach dem Essen gewarnt wurde. Hinterher, an der Bar des Raffles Hotel in Singapur, hatte sie ihm davon erzählt, und sie waren in hysterisches Gelächter ausgebrochen, bis ihnen die Tränen in die Augen traten.
Dann dachte er an die eiskalten Augen des Kidnappers. An seine Zähne, die dicken Handschuhe.
Plötzlich tat sein Arm weh - ein unerträglicher Schmerz, der bis in seinen Kopf ausstrahlte.
Der gebrochene Finger oder ein Herzanfall? fragte er sich.
Vielleicht beides zugleich.
Everett schloß die Augen, bis der Schmerz nachließ. Dann blickte er sich um. Offenbar war er unter
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