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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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ja, hüpfen.«
    »Es gibt also Leute, die sich damit beschäftigen?« fragte Sachs.
    »Sicher. Aber in den nächsten zwanzig, fünfundzwanzig Jahren ist mit keinerlei Durchbruch zu rechnen.«
    »Wenn man damit rechnen könnte«, konterte sie, »wäre es doch kein Durchbruch, oder?«
    Rhyme lachte. Sie hielt sich wacker.
    Sachs schüttelte sich die roten Haare aus den Augen und sagte: »Sie waren mal bei der Polizei - bedenken Sie, daß Selbstmord ein Verbrechen ist.«
    »Und eine Sünde zudem«, entgegnete er. »Die Dakotas glaubten, daß die Geister all jener, die Selbstmord verübt hatten, auf ewig den Baum mit sich herumschleppen müßten, an dem sie sich erhängt hatten. Ließen sich die Selbstmorde dadurch etwa verhindern? Keineswegs. Man suchte sich nur kleinere Bäume aus.«
    »Ich will Ihnen mal was sagen, Rhyme. Jetzt kommt mein letztes Argument.« Sie deutete mit dem Kopf auf Berger, packte die Handschellenkette. »Ich nehme ihn fest und buchte ihn ein. Nun widerlegen Sie das mal.«
    »Lincoln«, sagte Berger beunruhigt, mit panikerfülltem Blick.
    Sachs legte dem Arzt die Hand auf die Schulter und führte ihn zur Tür. »Nein«, sagte er. »Bitte. Tun Sie das nicht.«
    Als Sachs die Tür öffnen wollte, rief Rhyme: »Sachs, beantworten Sie mir vorher noch eine Frage.«
    Sie hielt inne. Eine Hand am Knauf.
    »Eine Frage?«
    Sie blickte zurück.
    »Hatten Sie es jemals vor? Sich umzubringen?«
    Mit einem lauten Klicken schloß sie die Tür auf.
    »Antworten Sie mir!« sagte er.
    Sachs öffnete die Tür nicht. Sie stand da, kehrte ihm den Rücken zu. »Nein. Noch nie.«
    »Sind Sie mit Ihrem Leben zufrieden?«
    »So wie alle ändern.«
    »Sind Sie niemals niedergeschlagen?«
    »Das hab' ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, daß ich mich noch nie umbringen wollte.«
    »Sie fahren gern Auto, haben Sie mir erzählt. Menschen, die gern Auto fahren, fahren auch gern schnell. Sie auch, nicht wahr?«
    »Ja. Manchmal.«
    »Was war Ihre Höchstgeschwindigkeit?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Schneller als hundertdreißig?«
    Ein geringschätziges Lächeln. »Ja.«
    »Über hundertsechzig?«
    Sie deutete mit dem Daumen nach oben.
    »Hundertachtzig? Zweihundert?« fragte er und lächelte verwundert.
    »Gestoppt bei zweihundertsiebzig.«
    »Herrje, Sachs, Sie sind wirklich umwerfend. Nun, wenn Sie so schnell gefahren sind, haben Sie da nicht gedacht, daß Ihnen vielleicht, nur vielleicht, etwas passieren könnte? Eine gebrochene Radaufhängung oder Spurstange, ein geplatzter Reifen, eine Ölspur auf der Straße?«
    »Es war ziemlich ungefährlich. Ich bin doch nicht verrückt.«
    »Ziemlich ungefährlich. Aber wenn man so schnell fährt wie ein Kleinflugzeug, nun ja, das ist doch nicht völlig ungefährlich, oder?« »Sie beeinflussen die Zeugin.«
    »Nein, tu' ich nicht. Lenken Sie nicht ab. Wenn Sie so schnell fahren, müssen Sie doch in Kauf nehmen, daß Sie verunglücken und ums Leben kommen könnten, stimmt's?«
    »Vielleicht«, räumte sie ein.
    Berger, der noch immer den bleichen Halswirbelknochen in den Händen hielt und damit herumspielte, schaute sich nervös um.
    »Sie sind also bis an die Grenze gegangen, stimmt's? Ah, Sie wissen, wovon ich rede - die Grenze zwischen Lebensgefahr und sicherem Tod. Sehen Sie, Sachs, wenn man seine Toten mit sich herumträgt, ist es nur ein ganz kleiner Schritt, und man ist über dieser Grenze. Ein kleiner Schritt, und man weilt unter ihnen.«
    Sie senkte den Kopf, so daß die roten Haare ihre Augen verdeckten, und ihre Miene wurde völlig ausdruckslos.
    »Die Toten ruhen lassen«, flüsterte er, insgeheim betend, daß sie Berger nicht mitnehmen möge, wohl wissend, daß er unmittelbar vor dem Durchbruch stand. »Ich habe da einen Nerv getroffen. Wie sehr wünschen Sie sich, den Toten nachzufolgen? Mehr als nur ein bißchen, Sachs. Oh, weitaus mehr.«
    Sie zögerte. Er wußte, daß er getroffen hatte.
    Unwirsch wandte sie sich zu Berger um, ergriff die Handschellen. »Kommen Sie.« Sie stieß ihn durch die Tür.
    »Sie wissen, worauf ich hinauswill, oder?« rief Rhyme.
    Wieder blieb sie stehen.
    »Manchmal... geschehen gewisse Dinge, Sachs. Manchmal kann man einfach nicht so sein, wie man sein sollte, kann man nicht haben, was man haben sollte. Und das Leben ändert sich. Vielleicht nur ein bißchen, vielleicht auch beträchtlich. Und ab einem gewissen Punkt lohnt es einfach nicht den Aufwand, das, was schiefgelaufen ist, wieder zurechtbiegen zu wollen.«
    Er betrachtete sie, während

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