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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Doch ihre kläglichen Versuche, auf sich aufmerksam zu machen, gingen augenblicklich in den machtvollen Tönen von »Swing Low, Sweet Chariot« unter, die von oben durch den Keller hallten.
     
    4
    BIS AUF DIE KNOCHEN
    Dies einzig ist den Göttern versagt: die Macht, Vergangenes zu verändern.
    Aristoteles
     
     
    Sonntag, 5.45 Uhr, bis Montag, 19.00 Uhr
    SIEBENUNDZWANZIG
    Er wurde von einem Geruch geweckt. Wie so häufig.
    Und wie so oft, wenn er frühmorgens erwachte, schlug er nicht gleich die Augen auf, sondern verharrte einfach in seiner üblichen Schlaf Stellung - eine halb aufrechte Sitzposition - und versuchte herauszufinden, woher der unbekannte Geruch rühren könnte.
    Die mit Abgasen geschwängerte Morgenluft? Der Tau auf den ölglatten Straßen? Feuchter Putz? Er prüfte, ob er den Duft von Amelia Sachs feststellen konnte, doch erfolglos.
    Er überging sie in Gedanken und überlegte weiter. Was war es? Putzmittel? Nein.
    Eine Chemikalie aus Coopers improvisiertem Labor?
    Nein, die kannte er alle.
    Es war ... Ah, ja ... Filzmarker.
    Jetzt konnte er die Augen aufschlagen, und nachdem er sich mit einem kurzen Blick auf die schlafende Sachs davon überzeugt hatte, daß sie ihn nicht verlassen hatte, betrachtete er den umgedrehten Monet-Druck an der Wand. Von dort kam der Geruch. Er war infolge der hohen Luftfeuchtigkeit an diesem Augustmorgen entstanden.
     
    Kenntn. TO-Arbeit
    evtl. vorbestraft
    Kenntn. Fingerabdr.
    Waffe = .32er Colt
    Fesselt Opfer mit ungew. Knoten
    Vorliebe für »Altes«
    Nannte ein Opfer »Hanna«
    Grundkenntnisse Deutsch
    Vorliebe für Unterirdisches
     
    Die Ziffern an der Wanduhr leuchteten blaß: 5.45 Uhr. Er wandte sich wieder der Tabelle zu. Er konnte sie nur undeutlich sehen. Doch die Dämmerung war inzwischen soweit fortgeschritten, daß er den Großteil der Wörter erkennen konnte.
     
    Persönlichkeitsspaltung
    Evtl. Priester, Sozialarbeiter, Anwalt
    Ungewöhnlich abgetragene Schuhe; liest viel
    Hörte zu, als er O. den Finger brach
    Hinterließ Schlange als Denkzettel für Ermittler
     
    Die Falken wachten auf. Er hörte, wie sie vor dem Fenster mit den Flügeln schlugen. Wieder wandte er den Blick zu der Tabelle. In seinem Büro bei der IRD hatte ein gutes Dutzend abwischbarer Wandtafeln gehangen, auf denen er bei größeren Fällen fortlaufend typische Verhaltensweisen und Merkmale von Straftätern festgehalten hatte. Er konnte sich noch genau erinnern, wie er davor auf und ab gegangen war, die Eintragungen gelesen und sich gefragt hatte, wie die Personen beschaffen sein mochten, die da beschrieben wurden.
     
    Altes Haus, rosa Marmor
     
    Er mußte daran denken, wie er und Lon vor zehn Jahren einen Juwelendieb festgenommen hatten, der sich für besonders schlau hielt. Bei der Vernehmung in der Zentrale hatte der Täter keck erklärt, daß sie die Beute aus seinen früheren Raubzügen nie und nimmer finden würden, aber wenn man ihm einen gewissen Strafnachlaß gewähre, werde er das Versteck verraten. »Nun ja«, hatte Rhyme erwidert. »Der Verbleib der Beute hat uns einiges Kopfzerbrechen bereitet.« »Mit Sicherheit«, hatte der Gauner abfällig versetzt.
    »Aber sehen Sie«, hatte Rhyme weiter erklärt, »wir haben inzwischen herausgefunden, daß sie sich in einer Steinmauer im Kohlenkeller eines alten, aus der Kolonialzeit stammenden Bauernhauses am Connecticut River befinden muß. Rund acht Kilometer nördlich des Long-Island-Sund. Ich weiß nur noch nicht, ob das Haus am Ost- oder am Westufer des Flusses steht.«
    Als die Geschichte die Runde machte und jeder wissen wollte, wie der Täter darauf reagiert habe, hieß es immer nur: Dem sein Gesicht hättste mal sehn sollen.
    Vielleicht ist es doch Zauberei, Sachs, dachte er.
     
    Mind. 100 Jahre alt;
    evtl. Herrenhaus od. öffentl. Gebäude
     
    Wieder studierte er die Tabelle, schloß die Augen und ließ sich in das gebenedeite Kissen sinken. Und plötzlich kam es ihm. Schlagartig, wie ein Stromstoß. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf das Poster.
     
    Vorliebe für »Altes«
     
    »Sachs!« rief er. »Aufwachen!«
    Sie fuhr hoch, setzte sich auf. »Was? Was ist...?«
    Alt, alt, alt...
    »Ich habe einen Fehler gemacht«, erklärte er gepreßt. »Jetzt wird es eng.«
    Sie sprang von der Couch, weil sie dachte, es ginge ihm gesundheitlich wieder schlechter, und wollte nach Thoms Arzttasche greifen.
    »Nein, die Hinweise, Sachs, die Hinweise... Ich habe sie falsch gedeutet.« Er atmete rasch und mahlte mit den

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