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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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angerufen?«
    »Nein.«
    »Wer hat's denn dann ausgeplaudert?«
    »Tja...« Sellitto warf Polling einen überraschten Blick zu, worauf dieser sagte: »Ihr habt einen Zwischenbericht bekommen. Das ist alles, was wir euch geschickt haben.« Auch er war in der Defensive.
    »Ein Zwischenbericht. Soso. Und wie genau ist der zugestellt worden? Per reitendem Boten vielleicht? Mit der Schneckenpost? Verrat mir mal, Jim, wozu bei einer laufenden Ermittlung ein Zwischenbericht gut sein soll, der erst am nächsten Tag ankommt?«
    »Wir haben die Sache nicht für dringlich gehalten», sagte Polling.
    »Wir?« fragte Dellray rasch. Wie ein Chirurg, der einen mikroskopisch kleinen Tumor entdeckt hat.
    »Ich habe die Sache nicht für dringlich gehalten«, versetzte Polling. »Ich habe mit dem Bürgermeister besprochen, daß wir weiter auf lokaler Ebene ermitteln. Wir haben alles im Griff. Und jetzt raus hier, Dellray.«
    »Und ihr habt gedacht, ihr habt die Sache bis zu den Elf-Uhr-Nachrichten unter Dach und Fach.«
    Rhyme erschrak, als Polling losbrüllte. »Was wir gedacht haben,
    geht Sie überhaupt nichts an. Wir sind für diesen Fall zuständig, verdammt noch mal.«
    Er wußte, daß der Captain berühmt für seine Wutausbrüche war, aber er hatte noch nie einen miterlebt.
    »Tatsache ist, daß jetzt wir für den Fall zuständig sind.« Dellray schlenderte an dem Tisch vorbei, auf dem Coopers Apparaturen standen.
    »Tun Sie's nicht, Fred«, sagte Rhyme. »Wir kommen dem Kerl allmählich auf die Schliche. Arbeiten Sie mit uns zusammen, aber nehmen Sie uns den Fall nicht weg. Mit so einem Täter hatten Sie es noch nie zu tun.«
    Dellray lächelte. »Also, was hab' ich zuletzt von diesem Fall gehört? Daß ihr die Untersuchungen von 'nem Zivilisten machen laßt.« Der Agent ersparte sich einen Blick auf das Clinitron-Bett. »Ihr laßt die Tatortarbeit von 'ner Streifenpolizistin machen. Ihr laßt Einsatzkräfte Lebensmittel einkaufen.«
    »Vergleichsproben, Frederick«, erwiderte Rhyme mit schneidender Stimme. »Das ist die übliche Verfahrensweise.«
    Dellray wirkte enttäuscht. »Aber das Spezialeinsatzkommando, Lincoln? All die Steuergelder. Und dann werden auch noch Leute zersägt wie in 'nem Horrorfilm ...«
    Wie hatte er das herausbekommen? Alle hatten sich dazu verpflichtet, über das Thema Handschellen Stillschweigen zu wahren.
    »Und was hab' ich da über Haumanns Jungs gehört? Daß sie das Opfer gefunden haben, aber nicht sofort rein sind, um die Kleine zu retten? Channel Five hatte ein Richtmikro dabei. Die haben mitgeschnitten, wie sie fünf Minuten lang geschrien hat, bevor ihr jemand reingeschickt habt.« Er blickte Sellitto mit einem spöttischen Grinsen an. »Lon, mein Gutester, war das vielleicht das Problem, von dem du gerade gesprochen hast?«
    Wir sind so weit gekommen, dachte Rhyme. Sie waren gerade dabei, sich in ihn einzufühlen, die Sprache des Täters zu lernen. Ihn sich vorzustellen. Und zu seiner Überraschung wurde ihm plötzlich bewußt, daß er wieder einmal das tat, was er wirklich gern tat. Nach all den Jahren. Und jetzt wollte es ihm jemand wegnehmen. Das wurmte ihn.
    »Übernehmen Sie von mir aus den Fall, Fred«, knurrte Rhyme. »Aber schließen Sie uns nicht aus. Tun Sie das nicht.«
    »Ihr habt zwei Opfer verloren«, erinnerte ihn Dellray.
    »Wir haben eins verloren«, korrigierte Sellitto und warf Polling, der noch immer vor Wut schäumte, einen unsicheren Blick zu. »Beim ersten konnten wir gar nichts machen. Das war sozusagen seine Visitenkarte.«
    Dobyns hatte die Arme verschränkt und verfolgte schweigend die Auseinandersetzung. Doch Banks mischte sich ein. »Wir kennen jetzt seine Vorgehensweise. Wir werden keins mehr verlieren.«
    »Doch, das werdet ihr, wenn das Einsatzkommando weiter rumhockt und zuhört, wie sich die Opfer die Seele aus dem Leib schrei´n.«
    Sellitto ergriff das Wort. »Es war meine —«
    »Meine Entscheidung«, rief Rhyme. »Meine.«
    »Aber du bist Zivilist, Lincoln. Folglich kann's nicht deine Entscheidung gewesen sein. Es könnte vielleicht dein Vorschlag gewesen sein. Oder auch deine Empfehlung. Aber ich glaub' nicht, daß es deine Entscheidung war.«
    Dellray hatte den Blick wieder auf Sachs gerichtet. Er betrachtete sie, während er mit Rhyme sprach. »Hast du Peretti die Tatortarbeit weggenommen? Das ist höchst merkwürdig, Lincoln. Wie kannst du so was bloß machen?«
    »Ich bin besser als er«, sagte Rhyme.
    »Peretti findet das aber gar nicht gut. Nein,

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