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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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der Herr. Er und ich haben ein paar Takte mit Eckert geredet.«
    Mit Eckert? Dem stellvertretenden Polizeichef? Was hatte der damit zu tun?
    Doch als er zu Sachs schaute, auf die unsteten blauen Augen und die zerzausten roten Haare, wußte er Bescheid.
    Er warf ihr einen stechenden Blick zu, dem sie prompt auswich, und sagte dann zu Dellray: »Mal sehen... Peretti? War es nicht er, der die Straßensperre an der Stelle aufgehoben hat, an der der Täter stand und das erste Opfer beobachtete ? War er nicht derjenige, der den Tatort freigegeben hat, bevor wir Gelegenheit hatten, ernsthaft nach Spuren zu suchen? Den Tatort, den Miss Sachs in weiser Voraussicht gesichert hatte. Meine Mitarbeiterin hatte recht, und Vince Peretti und alle anderen hatten unrecht. Ja, genauso ist es.«
    Sie betrachtete ihren Daumen, und ihre Miene verriet, daß ihr der Anblick vertraut war. Dann zog sie ein Kleenex aus der Tasche und wickelte es um die blutige Spitze.
    »Ihr hättet uns gleich von Anfang an rufen sollen«, faßte Dellray zusammen.
    »Raus mit euch«, grummelte Polling. Plötzlich zuckte es um seine Augenwinkel, und er brauste auf. »Raus, verflucht noch mal!« schrie er.
    Selbst der stets so gelassene Dellray blinzelte kurz und wich zurück, während der Captain Gift und Galle spuckte.
    Rhyme blickte Polling mißbilligend an. Noch bestand die Möglichkeit, daß sie an dem Fall zumindest mitarbeiten konnten - aber nicht, wenn Polling einen Koller bekam. »Jim ...«
    Der Captain beachtete ihn nicht. »Raus!« schrie er noch einmal. »Ihr übernehmt unseren Fall nicht!« Und zum allgemeinen Entsetzen stürzte sich Polling auf Dellray, packte ihn am Revers und stieß ihn an die Wand. Nach einer Schrecksekunde schubste Dellray den Captain einfach mit den Fingerspitzen zurück und zückte ein Handy. Er bot es Polling an.
    »Ruf den Bürgermeister an. Oder Chief Wilson.«
    Polling wich ein Stück zurück - ein kleiner Mann, der auf Abstand zu einem größeren ging. »Wenn ihr den Fall wollt, könnt ihr ihn haben, verflucht noch mal.« Der Captain schritt zur Treppe und ging hinunter. Die Haustür wurde zugeknallt.
    »Herrgott, Fred« sagte Sellitto, »arbeitet mit uns zusammen. Wir können diesen Drecksack schnappen.«
    »Wir brauchen unsere Anti-Terror-Einheit«, sagte Dellray, der jetzt wie die Vernunft in Person klang. »Für terroristische Aktivitäten seid ihr nicht gerüstet.«
    »Was für terroristische Aktivitäten?« fragte Rhyme.
    »Die UN-Friedenskonferenz. Einer meiner Spitzel hat gesagt, es geht das Gerücht, daß am Flughafen was laufen soll. Wo er sich die Opfer gegriffen hat.«
    »Meiner Einschätzung nach handelt es sich nicht um einen Terroristen«, sagte Dobyns. »Was ihn umtreibt, ist psychisch bedingt. Mit Ideologie hat das nichts zu tun.«
    »Tja, Tatsache ist, daß die Leute in Quantico und wir ihn dahingehend einstufen. Schön, wenn ihr anderer Meinung seid. Aber wir handhaben die Sache so.«
    Rhyme gab auf. Müdigkeit übermannte ihn. Er wünschte, Sellitto und sein narbengesichtiger Assistent wären heute morgen gar nicht erst aufgekreuzt. Er wünschte, er wäre Amelia Sachs nie begegnet. Wünschte, er hätte nicht dieses lächerliche frischgestärkte weiße Hemd an, das steif am Hals anlag und darunter überhaupt nicht zu spüren war.
    Er merkte, daß Dellray mit ihm sprach.
    »Wie bitte?« Rhyme zog eine Augenbraue hoch.
    »Ich frage mich«, sagte Dellray, »ob Politik nicht auch ein Motiv sein könnte.«
    »Motive interessieren mich nicht«, versetzte Rhyme. »Mich interessieren Spuren.«
    Dellray warf einen Blick auf Coopers Tisch. »Also. Der Fall gehört uns. Sind wir uns einig?«
    »Was haben wir für Möglichkeiten?« fragte Sellitto.
    »Ihr könnt uns bei der Fahndung unterstützen. Oder ganz aussteigen. Das ist in etwa alles, was euch übrigbleibt. Die Beweismittel nehmen wir jetzt mit, wenn ihr nix dagegen habt.«
    Banks zögerte.
    »Gib sie ihnen«, befahl Sellitto.
    Der junge Cop nahm die Beweismitteltüten vom letzten Tatort und räumte sie in einen großen Plastikbeutel. Dellray streckte die Hand aus. Banks warf einen Blick auf die schlanken Finger, schmiß den Beutel auf den Tisch und ging wieder auf die andere Seite des Zimmers - in die Ecke der Cops. Lincoln Rhymes Bett bildete die entmilitarisierte Zone zwischen den feindlichen Heerscharen. Amelia Sachs stand wie angewurzelt zu seinen Füßen.
    »Officer Sachs«, sagte Dellray zu ihr. Sie schwieg einen Moment, schaute zu Rhyme und

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