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Der Knochenmann

Der Knochenmann

Titel: Der Knochenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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erzählt!» lacht der Jacky und klopft dem alten Löschenkohl auf die Schulter. Da hast du gleich gemerkt, daß der Jacky schon ziemlich betrunken gewesen ist.
    «Das haben sie ja selber gewußt», sagt der alte Löschenkohl steif.
    «Aber warum haben sie es dann nicht erzählt? Hast du ihnen gesagt, sie dürfen nur bei dir im Haus filmen, wenn sie das mit der Lebensmittelpolizei nicht erzählen, du alter Hund!»
    Der Jacky ist so ein typischer Mensch gewesen, der zu sticheln anfängt, wenn er betrunken ist. Sonst ein netter Mensch, da gibt es gar nichts, aber betrunken mehr so ein Stichler, der unbedingt einen Streit anfangen möchte.
    «Heute könnte das sowieso nicht mehr passieren, daß die Lebensmittelpolizei bei mir was findet. Mit der großen Knochenmehlmaschine gibt es da gar nichts mehr.»
    «Ja, das ist ja furchtbar!» tut der Jacky ganz aufgeregt. «Dann könnten ja jetzt immer noch Menschenknochen drunter sein, und keiner merkt es, weil der Milo sie gleich in der Maschine zerbröselt.»
    «Laß den Milo aus dem Spiel, Jacky.»
    «Wo ist überhaupt der Milo?»
    Es ist keinem besonders aufgefallen, daß der Milovanovic nicht dagewesen ist. Obwohl er selber namentlich im Fernsehen vorgekommen ist, also eigentlich Held des Abends. Aber er hat ja nicht viel Deutsch verstanden, und überhaupt: als Jugoslawe hat er es nicht wissen können, wie berühmt die Sendung ist.
    Umgekehrt haben die Klöcher zu dem Zeitpunkt nicht wissen können, daß sie das nächste Cupspiel sieben zu null verlieren werden, weil von ihrem großartigen Tormann immer noch jede Spur fehlen wird.
     

4
    Wenn du heute eine Fußballmannschaft hernimmst, ist es oft eine schwierige Frage, wer der Wichtigste ist. Der eine wird sagen: der Trainer, der andere wird sagen: der Torschützenkönig. Dann darfst du den Regisseur nicht vergessen, und heute neue Theorie: das Kollektiv ist alles, und Star nur schädlich.
    Beim FC Klöch hat natürlich nach dem Cupsieg so mancher Außenstehende geglaubt, der Tormann Milovanovic ist der Wichtigste. Ist er aber nicht.
    Natürlich gibt es bei uns herunten Leute, die den Zeugwart Schorsch für einen Wichtigtuer halten. Aber ich muß sagen, nur weil man den Schorsch seit drei Jahren nicht mehr ohne sein Motorola-Handy gesehen hat, ist er noch kein Wichtigtuer. Und der Schorsch hat mit Recht gesagt: «Als Zeugwart muß ich einmal das besorgen und einmal das. Da wäre ich ohne Handy aufgeschmissen.»
    Und daß sich ein paar Besserwisser über ihn lustig gemacht haben, hat ihn nicht einmal gekratzt. Weil wer sich mit dem Fußball auskennt, der weiß, daß es ohne ihn den FC Klöch nicht geben würde. Und wer sich nicht mit Fußball auskennt, der hat den Schorsch sowieso nicht interessiert.
    Und wie wichtig der Schorsch wirklich war, das hat man bei diesem Nachmittagstraining wieder einmal gesehen.
    Die Spieler haben gerade Schußübungen gemacht, und da sind ein paar darunter gewesen, die haben einen gewaltigen Schuß gehabt, das muß ich sagen. Weil unsere Bauernburschen, da wirst du vielleicht die Nase rümpfen, und natürlich, es hat nicht jeder die feine Klinge, technisch gesehen. Aber Schuß, gewaltig.
    «Und einmal geht’s noch!» hat der Trainer Ferdl hineingebrüllt, obwohl die Spieler überhaupt keine Ermüdungserscheinungen gezeigt haben, im Gegenteil. Weil die sind den ganzen Tag im Büro gesessen. Schon Bauern, genetisch, Abstammung, aber heute Bauernsterben, müssen die Jungen ins Büro. Jetzt haben sie die Kraft, erblich, aber wissen nicht, wohin damit. Sind sie am Abend natürlich froh, wenn sie wenigstens den Ball ins Tor dreschen dürfen.
    «Und einmal geht’s noch!»
    Die Spieler sind schon daran gewöhnt gewesen, daß ihr Trainer außer diesem Satz nicht viel redet. Aber wie jetzt der Verteidiger Dollinger den Ball mitsamt dem Tormann ins Netz geschossen hat, hat der Trainer noch ein bißchen finsterer geschaut als sonst. Weil das ist der Jugend-Tormann gewesen, noch ganz ein schmaler Schnittlauch. Den hat der Dollinger aus zehn Meter Entfernung angeschossen, hat es ihn natürlich ins Tor geweht.
    «Und einmal geht’s noch!»
    Der Trainer hat den Tormann zum Aufstehen ermuntert. Aber es hat ihn viel Beherrschung gekostet, daß er den Schwächling nicht eigenhändig in die Dusche geschossen hat. Dabei hat der Jugend-Tormann am allerwenigsten dafürgekonnt, daß der Cup-Held Milovanovic drei Tage nach der
XY-Sendung
immer noch nicht aufgetaucht ist.
    Aber wie dann die Spieler auch noch zwei von

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