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Der Knochenmann

Der Knochenmann

Titel: Der Knochenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Grazer hätten sich ruhig Zeit lassen können, weil die Radkersburger Gendarmen ganz tüchtig, die haben ihnen keine Arbeit übriggelassen. Das Opfer ist eindeutig identifiziert gewesen, weil alle bis auf den Jugendtormann den Kopf erkannt haben. Er hat dem Feldbacher Stürmer Ortovic gehört, und sie haben erst vor ein paar Monaten eins zu null gegen Feldbach verloren. Ironie des Schicksals, ausgerechnet durch ein Kopfballtor vom Ortovic, Eckball in der 76. Minute, und am langen Eck ist der Ortovic aufgestiegen wie eine Rakete. Und jetzt so was.
    Auch das ganze Gelände haben die Radkersburger Gendarmen schon abgesucht gehabt, wie die Grazer Kripo aufgetaucht ist. Aber keine Spur vom Körper des Ortovic. Der Ballkeller ist nicht aufgebrochen worden, weil das Fenster ist dort immer offen, damit der Keller nicht so feucht wird. Und normalerweise ist das in Klöch kein Problem, da kommt nichts weg. Und weggekommen ist ja auch nichts, sondern dazugekommen.
    Auch sonst keinerlei Spuren, haben die Klöcher Gendarmen der Grazer Kripo gemeldet. Die hat dann noch ein bißchen nach Fingerabdrücken und Fußspuren gesucht, aber ist nicht viel herausgekommen.
    Um halb sechs ist der ganze Spuk schon vorbeigewesen. Die Radkersburger Gendarmen haben schon wieder bei der Nordausfahrt unten ihre Radarfalle aufgestellt. Der Polizeiarzt hat den Kopf vom Ortovic für die weiteren Untersuchungen mitgenommen. Und der Kriminalassistent Dreher ist heilfroh gewesen, daß ihn sein Chef Kaspar Krennek nach Hause geschickt hat. Weil es ist sein letzter Arbeitstag vor einem vierwöchigen Urlaub gewesen, und er hat schon den ganzen Nachmittag Blut geschwitzt, daß er seine Thailand-Reise wegen dem blöden Fußballerkopf noch verschieben muß.
    Aber der Kaspar Krennek ist in dieser Hinsicht ein untypischer Chef gewesen. Er hat ganz gern den Stellvertreter für seine Untergebenen gespielt. Weil immer nur Büro und Politik und Spargel-Essen, das ist auf die Dauer auch ein kleines Todesurteil.
    Wie der Kaspar Krennek beim Löschenkohl aufgetaucht ist, haben ihn die Leute natürlich sofort erkannt. Nicht nur, weil die halbe Fußballmannschaft schon vor ihm dort gewesen ist und den Vorfall in allen Einzelheiten breitgetreten hat. Sondern der Kaspar Krennek natürlich im ganzen Land bekannt. Weil seit er bei der Grazer Kripo war, und das sind jetzt auch schon wieder bald zehn Jahre gewesen, haben die Zeitungen einen Narren an ihm gefressen.
    Du mußt wissen, daß sein Vater der berühmte Nachkriegs-Hamlet August Krennek gewesen ist. Jetzt ist sein Sohn aus einer gewissen Auflehnung gegen den Vater heraus ausgerechnet zur Polizei gegangen. Aber wie er dann Karriere bei der Kripo gemacht hat, hat sich sein Vater am Sterbebett wieder mit ihm versöhnt.
    Und wenn dein Vater heute Schauspieler ist, dann hast du selbst auch ein bißchen das Schauspielerische in dir. Obwohl, beim Kaspar Krennek hast du genau hinschauen müssen, damit du das Schauspielerische entdeckst. Weil du hast ihm die Eitelkeit nicht sofort angesehen. Auf den ersten Blick: ein stiller, bescheidener Mann. Und erst auf den zweiten Blick: Ich bin der Prinz vom Morddezernat.
    Wie er um Viertel nach sechs mit seiner Zwanzigtausend-Schilling-Lederjacke in den Speisesaal vom Löschenkohl gekommen ist, hat er sich aber nicht lange geziert.
    «Wo ist der Juniorchef?» hat er die erste Serviererin gefragt, die ihm untergekommen ist.
    «Was für ein Juniorchef?»
    Weil die Gudrun hat erst seit ein paar Wochen beim Löschenkohl serviert, und die hat den Junior überhaupt erst einmal gesehen. Aber da ist ihr schon die Chefkellnerin zu Hilfe gekommen.
    «Den Paul suchen Sie?»
    «Sprechen möchte ich mit ihm.»
    Der Kaspar Krennek hat von seinem Vater gelernt, daß man sich präzise ausdrücken muß. Und daß man mit jemandem sprechen möchte, heißt noch lange nicht, daß man ihn sucht.
    «Sprechen», sagt die Chefkellnerin in einem Ton, quasi: Mir brauchst du nicht gescheit daherkommen, Schlaumeier. «Der Paul wohnt nicht hier.»
    «Wo wohnt er denn?»
    «Das müssen Sie seinen Vater fragen.»
    «Den kann man also sprechen.»
    «Den müßte ich erst suchen», grinst die Kellnerin und verschwindet in der Küche.
    Der Krennek hat sich ein bißchen gewundert über die heitere Stimmung im Lokal. Aber andererseits ist es ja gerade diese gewisse Heiterkeit, an der du es den Menschen anmerkst, daß sie sich vor dem Tod in die Hosen machen.
    Nach zwei Minuten ist die Kellnerin wieder zurückgekommen. Aber

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