Der Knochenmann
unten.
«Es gibt nichts Besseres als Frankfurter. Wenn sie heiß sind.»
«Heiß sind sie ja», sagt der Brenner und staunt, wie sie schon den nächsten viel zu heißen Bissen hinunterschlingt.
«Müssen sie.»
«Vielleicht ist es deshalb, daß mir die Frankfurter nie so geschmeckt haben. Weil ich sie immer zu kühl gegessen habe.»
«In Frankfurt sagen sie , und in Wien », sagt die Kellnerin mit vollem Mund: «Und wissen Sie, wieso?»
«Keiner möchte das Würstel sein.»
«Das wäre auch eine Erklärung», lacht die Kellnerin. «Aber ich werde es Ihnen sagen: Ein Wiener Metzger hat die Würstel erfunden. Und der hat Frankfurter geheißen.»
«Möchte man meinen, die hat es immer schon gegeben.»
«Neinnein. Erfunden. In Wien. Frankfurter.»
«Essen Sie die Würstel immer ohne Brot?»
«Immer! Würstel immer ohne Brot.»
«Wenn Sie Würstel so gerne mögen, dann müßte ja der Porsche-Pauli Ihr bester Freund sein.»
«Das kannst du laut sagen, daß der Porsche-Pauli ein Würstel ist. Und ein ganz kaltes noch dazu», lacht die Kellnerin, weil für sie ist jetzt anscheinend das Du-Wort fällig gewesen.
Aber der Brenner ist noch ein bißchen unsicher gewesen, ob er jetzt auch «du» sagen soll, das kennst du vielleicht, wenn dir jemand auf einmal das «du» anbietet und du bringst es nicht über die Lippen. Jetzt hat der Brenner zuerst einfach einmal etwas gesagt, wo kein «du» vorgekommen ist: «Wo ist der Porsche-Pauli eigentlich die ganze Zeit?»
Die Kellnerin hat uninteressiert mit den Schultern gezuckt. «Seit der Bestechungsgeschichte traut er sich ja nicht mehr heim.»
«Glaubst du, daß er was mit dem Tod vom Ortovic zu tun hat?»
Ah, das erste Mal «du» sagen, das kitzelt immer ein bißchen auf dem Gaumen, gar nicht so unähnlich, wie wenn du etwas zu Heißes in den Mund nimmst.
«Daß ich nicht lache», hat die Kellnerin nur gesagt.
Und dann hat man gehört, wie jemand von außen die Tür aufgesperrt hat. Weil in einer Kleinigkeit ist der Brenner ja nicht ganz ehrlich zum Kriminalinspektor Krennek gewesen.
«Der Zug hat eine Viertelstunde Verspätung gehabt», hat der alte Löschenkohl geflucht, wie er hereingekommen ist.
«Eine Viertelstunde bei einer Stunde Fahrtzeit ist viel», sagt der Brenner.
Der Alte hat sich zum Brenner gesetzt, und die Kellnerin hat ihm ein Glas Wasser gebracht.
«Essen Sie noch was mit mir?» fragt er den Brenner.
Jetzt natürlich doppelte Gelegenheit für den Brenner. Erstens will er mit dem alten Löschenkohl noch ein bißchen ins Gespräch kommen, bevor der die Geschichte mit dem Ortovic-Kopf erfährt. Damit er vielleicht noch was über die Bestechungsgeschichte von seinem Sohn herausfindet. Und zweitens: «Ein Paar Frankfurter.»
Weil obwohl er überhaupt keinen Hunger mehr gehabt hat, hat ihn der Appetit von der Kellnerin angesteckt.
«Du, Toni, ein Paar Frankfurter ohne Brot, ein Bier!» ruft der Löschenkohl durch die ausgestorbene Grillstation zur Kellnerin hinüber.
«Und Sie?» hat der Brenner gefragt.
«Ich esse heute nichts mehr. Der Arzt hat auch gesagt, daß ich mit dem Essen aufpassen muß. Es wird mir alles zuviel. Ich kann nur hoffen, daß Sie meine Schwiegertochter bald finden. Allein ist mir das Geschäft zuviel.»
«Und Ihr Sohn?»
Wie lange brauchen Frankfurter? Wenn sie gut sein sollen, mindestens zehn Minuten. Weil kochen darfst du sie nicht, sonst springen sie dir auf. Nur ziehen lassen. Und da machen natürlich viele Leute den Fehler, daß sie sie nicht lang genug ziehen lassen. Und wenn sie richtig heiß sein sollen, mußt du sie zehn Minuten mindestens ziehen lassen.
Jetzt wieso ist das so wichtig? Weil die ganze Zeit, bis die Frankfurter gekommen sind, hat der alte Löschenkohl kein Wort gesagt. Obwohl er die Frage genau verstanden hat. Also mindestens zehn Minuten keine Antwort. Und die Frankfurter haben geraucht, da hast du gleich gesehen, die Kellnerin hat persönlich in der Küche darauf geschaut, daß sie nicht zu kurz ziehen.
Der Brenner hat todesmutig in das Würstel hineingebissen, nur damit er zum alten Löschenkohl sagen kann: «Jetzt hab ich mir aber den Mund verbrannt, oder?»
«Müssen Sie noch ein bißchen warten.»
Der Brenner nickt und bläst auf sein dampfendes Frankfurter, aber bevor er abbeißt, sagt er: «Muß ich noch warten mit der Frage nach Ihrem Sohn? Wie lange denn?»
«Mit meinem Sohn? Neinnein. Da haben Sie sich nicht den Mund verbrannt. Es ist nur,
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