Der Knochenmann
damit der Hostess dazwischenreden können: «Du sollst nicht trinkgeldgeil sein!»
Seine tiefe Gottesstimme hat die Senioren so erschreckt, daß viele von ihnen sofort tot umgefallen sind. Aber die anderen sind auch nicht besser dran, weil die sind von den Krokotaschen aufgefressen worden, die sie von der Hostess bekommen haben.
Wie der Brenner wieder aufgewacht ist, sind sie schon mitten am Hauptplatz von Maribor gestanden.
Jetzt hat man ihnen eine Stunde Zeit gegeben zur Stadtbesichtigung, und um 13 Uhr Mittagessen und anschließend Verkaufsmesse. Natürlich freiwillig, aber das Mittagessen ist günstig gewesen, da sind alle brav gekommen, außer einer einzigen Frau, und die hat sich in Maribor verirrt.
Die Hostess und der Trainer haben inzwischen im Speisesaal eine kleine Bühne aufgebaut, und natürlich Mikrofon darf nicht fehlen. Beim Essen sind die Senioren schon ganz neugierig geworden, was für Geheimnisse da draußen auf sie warten.
Und wie der Kaffee auf dem Tisch gestanden ist, sind die Hostess und der Chauffeur hinaus und haben ihre Waren angeboten, eine Wunderdecke, da deckst du dich zu damit, und zwei Wochen später hast du kein Rheuma mehr. Die hat 6000 Schilling gekostet, da haben sie die fünf Schilling, die sie beim Mittagessen draufgelegt haben, schnell wieder herinnen gehabt. Weil die Senioren, die haben gekauft, die müssen alle ein fürchterliches Rheuma gehabt haben.
Oder ist es auch der Charme vom Ferdl gewesen, weil die Hostess hat mehr den informativen Teil übernommen, aber der Ferdl hat Kommentare gemacht, da sind die alten Damen ganz rot geworden.
«Und einmal geht’s noch!» hat der Ferdl nach jeder 6000-Schilling-Decke gerufen, und schon hat die nächste Oma ihre neue Kroko-Look-Tasche aufgemacht und die 6000 Schilling hingeblättert. Weil man will auch nicht geizig dastehen, daß man nur die Billigfahrt ausnützt, und der Fahrer so ein netter Mensch. Zwei Stunden vorher hätten sie fast den Brenner aufgespießt, aber jetzt haben sich die alten Leute wieder von ihrer großzügigen Seite gezeigt.
«Das letzte Hemd hat keine Taschen», hat der alte Mann gesagt, der vis-a-vis vom Brenner gesessen ist.
Der Brenner hat nicht recht gewußt, was er darauf sagen soll, weil was sagst du zu einem alten Menschen auf so eine Meldung hinauf. Aber egal, der alte Mann hat gar keine Antwort erwartet, er hat sich mit dem letzten Hemd nur selber Mut zum Kaufen eingeredet und ist jetzt schon auf dem Weg zum Ferdl hinaus gewesen.
Und in dem Moment ist die verirrte Frau in den Speisesaal geplatzt und sofort hinaus auf die Bühne. So schnell schaust du gar nicht, hat sie schon ihre Rheumadecke gehabt.
«Und einmal geht’s noch», hat der Ferdl gerufen.
Wie alle Decken und noch ein ganzer Haufen Krimskrams weg gewesen sind, haben die Senioren noch eine halbe Stunde Spazierengehen dürfen und dann ab in den Bus, und daß mir keiner zu spät kommt.
Das ist also der Charme vom Ferdl, von dem der alte Löschenkohl geredet hat, hat sich der Brenner gedacht. Und wenn ich jetzt nicht schnell bin, dann sitz ich wieder im Bus hinten, und der Ferdl dreht vorn stumm sein Lenkrad, und ich weiß wieder nicht, wieso der junge Löschenkohl den Feldbacher Stürmer Ortovic bestochen hat.
Deshalb ist der Brenner einfach im Speisesaal sitzen geblieben, die Senioren sind spazierengegangen, und der Ferdl und die Hostess haben vorne den Altar abgebaut.
Dann zuerst versteckt böse Blicke von der Hostess und dann versteckte vom Ferdl, aber nur ein paar Sekunden lang. Und dann gleich offen böse Blicke vom Ferdl, aber wieder nur ein paar Sekunden lang. Und dann der Ferdl: «Journalist, oder?»
«Wieso Journalist?»
«Einen Journalisten riech ich zehn Kilometer gegen den Wind.»
«Ist ein Wind?»
Jetzt natürlich die Blicke. Sie können nicht töten, das ist erwiesen. Darum hat der Brenner ja immer noch gelebt.
Der Ferdl hat die Nase voll gehabt von diesen Skandaljournalisten. Nichts hat der Verein weniger brauchen können, als daß die alte Bestechungsgeschichte mit dem Ortovic wieder aufgewärmt wird.
Und da muß ich dem Brenner wirklich gratulieren. Weil er hat den Ferdl jetzt mit einem einzigen Wort umgedreht.
«Oberwart», hat der Brenner gesagt. «Ist das der Höhepunkt in Ihrem Leben gewesen?»
Und das hättest du sehen sollen, was das Thema Cupsieg aus dem Ferdl gemacht hat. Das mußt du dir vorstellen, wie wenn an einem bewölkten Tag auf einmal die Sonne herauskommt, ja, das ist der beste Vergleich.
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