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Der Knochenmann

Der Knochenmann

Titel: Der Knochenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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witzig.»
    «Ist doch auch immer dein Motto gewesen, Brenner.»
    «Jaja. Lange nicht gesehen.»
    «Stell dir vor. Bist mir gar nicht abgegangen.»
    Der Winkler hat mindestens 30 Kilo zugenommen, seit die beiden sich das letzte Mal gesehen haben. Aber der Brenner hat nichts gesagt. Er ist froh gewesen, daß er in dem bequemen Mercedes sitzen kann und aus dem Praterstern hinauschauffiert wird.
    «Die Jurasic Helene wohnt am Roten Berg», sagt der Winkler.
    «Milchstraße. Roter Berg. Sind das bei dir die Wechseljahre, daß du so eine Phantasie hast?»
    «Ein Scherzerl wirst wohl noch vertragen.
Milchstraße
ist doch ein guter Schmäh.»
    «Und Roter Berg?»
    «Kennst du die Rotenberger?»
    «Sicher. Rudolf Schock. Das hab ich mir früher in Puntigam immer im Fernsehen angeschaut.»
    «Das hab ich ganz vergessen, daß du aus Puntigam bist. Da kannst du es nicht wissen, was in Wien ein Rotenberger ist.»
    «Jaja, aus Puntigam, da ist es schon ein Wunder, daß ich überhaupt meinen eigenen Namen weiß.»
    «So zimperlich bist du aber früher nicht gewesen, Brenner.»
    «Wohin fahren wir eigentlich?»
    «Auf den Roten Berg.»
    Leider, wenn zwei alte Deppen sich unterhalten, dann läuft es oft so, daß sich am Schluß keiner mehr auskennt. Weil der Brenner hat natürlich ganz genau gewußt, daß der Rote Berg der Hügel ist, wo die gestopften Wiener ihre Häuser haben. Und er hat auch gemerkt, daß ihm der Winkler jetzt helfen will, nachdem er ihn mit dem
Milchstraße
hereingelegt hat. Aber nein, jetzt ist der Brenner zu stur gewesen und hat einfach nichts mehr wissen wollen.
    Er hat ja erst seine Niederlage mit der Ruckzuck-Methode verdauen müssen. Einmal im Leben raffst du dich zu einer Ruckzuck-Methode auf, und schon geht es derart in die Hose, daß dich sogar der Winkler hereinlegt. Und der ist noch nie einer von den Hellsten gewesen. Jetzt hat sich der Brenner gedacht: Nur mit der Ruhe, was mir der Winkler erzählen will, werde ich so auch noch früh genug erfahren.
    Aber paß auf. Mit der Ruhe ist es dann nicht weit hergewesen. Der Winkler ist immer weiter in das Villenviertel am Roten Berg hineingefahren, die Cabrios sind mit jedem Meter teurer geworden, die Rottweiler sind mit jedem Garten nervöser geworden, und die Selbstschußanlagen sind mit jedem Haus empfindlicher geworden.
    Der Brenner hat seinem fetten Chauffeur aber nicht die Freude gemacht, auch nur die geringste Überraschung zu zeigen, wie er damit herausgerückt ist, daß die Radkersburger Jugo-Hure Jurasic Helene da residiert, mitten unter Bankdirektoren und Ministern.
    Aber wie sie bei ihrer Villa angekommen sind, ist ihm doch noch die Kinnlade hinuntergefallen. Nicht wegen der Villa, obwohl das eine richtige Jugendstil oder ding gewesen ist. Und nicht wegen dem Garten, obwohl das der reinste Park gewesen ist. Und nicht wegen den beiden schwarzen Rottweilern, obwohl die versucht haben, sich mit aller Gewalt durch das schmiedeeiserne Gatter zu quetschen.
    Sondern weil vor dem Haus ein silberner Porsche friedlich in der Sonne geglänzt hat.
    Aber vielleicht hat er nur so friedlich gewirkt im Vergleich zu den beiden Rottweilern hinter dem Gartenzaun. Der Brenner ist an dem silbernen Porsche vorbeigegangen und hat, ohne lange zu fragen, das Gartentor aufgemacht. Jetzt warum hat er so gar keinen Respekt vor den Hunden gehabt, denen beim Anblick vom Brenner sofort das Wasser aus dem Maul gelaufen ist?
    Und da kommt der Winkler ins Spiel. Weil der ist immer noch in seinem Dienstmercedes gesessen und hat grinsend beobachtet, ob sich der Brenner hineintraut oder nicht. Und der Winkler hat sich natürlich schon darauf gefreut, daß der Mann, der damals bei seiner Frau so ein Held gewesen ist, sich vor den Rottweilern – auf deutsch gesagt: anscheißt.
    Der Brenner hat das Gatter aufgemacht, von hinten hat er die Blicke vom Winkler gespürt und von vorn die Blicke von den Jurasic-Rottweilern. Jetzt sagt man ja, die Hunde riechen es, wenn sich der Mensch fürchtet. Und dann werden sie erst richtig aggressiv. Weil das muß für einen Hund sein wie für unsereinen, wenn man an einer Bäckerei vorbeigeht und vom Duft so richtig Appetit kriegt.
    Jetzt hat der Brenner das Gatter wegen dem Winkler so schnell aufgemacht, daß er gar keine Zeit zum Angsthaben gehabt hat. Und vielleicht ist es deshalb gewesen, daß ihn die Rottweiler nicht gleich in tausend Stücke gerissen haben. Obwohl es gerade Jausenzeit gewesen wäre.
    Aber im allerletzten Moment muß er es dann

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