Der Knochenmann
Jurasic Helene hat überhaupt keine Freunde mehr. Aber sie hat eine 20-Millionen-Hütte am Roten Berg. Die gehört ihr, weil ich im Grundbuch nachgeschaut habe.»
«Was für eine Bank borgt der soviel Geld?»
«Schuldenfrei.»
Ich glaube fast, daß es den Brenner ein bißchen gewurmt hat, daß der junge Löschenkohl auf eigene Faust den Detektiv spielt, und nicht einmal ungeschickt. Jedenfalls hat er ein bißchen sarkastisch gesagt: «Eigentlich praktisch so ein Grundbuch, wo man alles nachschauen kann.»
«Und vor ein paar Wochen ist sie noch bei uns herunten für 300 Schilling in jedes Auto gestiegen.»
Da sind sie schon bei Bad Gleichenberg vorbei gewesen. Dann hinüber nach St. Anna, und um zehn vor sechs hat der Porsche vor der Hendlstation in Klöch geparkt.
Jetzt hat der Brenner nicht einmal die Gelegenheit gehabt, daß er sich für das Mitfahren bedankt, weil in dem Moment, wo er ausgestiegen ist, fährt der junge Löschenkohl schon wieder weiter. Hat der nur den Brenner abgeliefert, aber kein Interesse, daß er seinen Vater sieht.
Am Vormittag ist der Brenner noch voll Optimismus nach Wien gefahren. In die Welt hinaus. Und jetzt hat es ihn wie mit einem Gummiband nach Klöch zurückgeschnalzt. Eines kann ich sagen: Der Brenner ist kein hysterischer Mensch gewesen, so gut kenne ich ihn. Aber jetzt um zehn vor sechs hätte ihn das Kaff an der slowenischen Grenze um ein Haar ein bißchen hysterisch gemacht.
Jetzt wenn du nahe am Hysterischwerden bist, ist es am besten, du ißt etwas. Der Brenner hat sich Cordon bleu bestellt, und dann gleich hinauf in sein Personalzimmer.
Das kennst du vielleicht, es ist zu früh zum Schlafengehen, aber du weißt einfach nicht mehr, was du mit dem Abend anfangen sollst. Dabei hat ihm der alte Löschenkohl sogar einen kleinen Fernseher ins Zimmer gestellt. Aber Fernsehen ist jetzt auch nicht das richtige gewesen. Videorecorder wäre jetzt das richtige gewesen, und zwar so einer, wo man das eigene Leben um einen Tag vorwärtsspulen kann.
Er muß sich dann im Gewand auf das Bett gelegt haben, weil um halb elf ist er auf einmal aus dem Schlaf aufgeschreckt.
Ich würde es lieber nicht erzählen, was ihn aufgeschreckt hat, das kannst du mir glauben. Es hat mit ding zu tun. Intimität. Und es geht im Grunde genommen niemanden etwas an. Und soll jeder machen, wie es ihm am besten gefällt.
Die Kellnerin muß über ihrem Bett so ein gesticktes Sprichwort hängen gehabt haben: «Zuerst die Arbeit, dann das Spiel.» Weil daß sie viel gearbeitet hat, das hat der Brenner ja jeden Tag sehen können. Eine gute Kellnerin, das muß man ehrlich sagen, mit starken Armen zum Bierkrugschleppen.
Und das mit dem Spiel, wie soll ich sagen. Er hat es jetzt wieder hören können, wie jeden Abend. Aber heute ist es ihm sogar noch lauter vorgekommen, vielleicht nur, weil er vorher geschlafen hat. Gewundert hat den Brenner nur, wo die Kellnerin immer ihre Liebhaber hernimmt. Weil eines muß man ganz ehrlich sagen. Eine Schönheit ist sie nicht gewesen. Nett ja, tüchtig ja, schön nein. Da braucht man nicht diskutieren.
Und wie er jetzt pünktlich um halb zwölf ihre Lustschreie herübergehört hat, hat der Brenner sich gedacht: Jetzt möchte ich doch wissen, was für einen Liebhaber sich die Kellnerin da heute auf das Zimmer genommen hat.
Jetzt das kannst du nur wissen, wenn du selber einmal in einem Personalzimmer geschlafen hast. Daß die – speziell in den alten Landgasthäusern – oft nur so dünne Trennwände aus Holz haben. Früher ist es ein Dachboden gewesen, und jetzt sind es Personalzimmer. Und da siehst du wieder einmal, wie wichtig es ist, daß ein Detektiv ein gutes Taschenmesser mit einem Korkenzieher hat. Weil mit einem Korkenzieher hast du in so eine dünne Holzwand mir nichts, dir nichts ein kleines Loch gebohrt.
Ich weiß nicht, ist es nur die Neugier gewesen, daß sich der Brenner gedacht hat, jetzt möchte ich doch wissen, wer dieser Liebhaber heute ist? Oder ist es der Klöch-Schock gewesen, weil es ihn mit dem Porsche so schnell in das Personalzimmer zurückgeschnalzt hat. Daß er irgendwas tun hat müssen, was ihn auf andere Gedanken bringt.
Oder ist es doch auch eine gewisse sexuelle Sache gewesen. So wie die kleinen Buben gern in den Schwimmbadkabinen auf die andere Seite hinüberspechteln. Du wirst lachen, aber da gibt es Wunderkinder, die können noch keinen Meter schwimmen, aber sie könnten sofort einen Lehrstuhl für Gynäkologie übernehmen.
Aber wie der
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