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Der Knochenmönch

Der Knochenmönch

Titel: Der Knochenmönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kühlerhaube vor der Frontscheibe auf.
    Sinclair erschrak.
    Er reagierte richtig und wieder falsch, denn im ersten Reflex trat er auf die Bremse. Vielleicht hatte der Angreifer darauf spekuliert und seinen Sprung deshalb so angesetzt, daß er auf der Kühlerhaube landete.
    Sinclair hörte den Krach, er verspürte den federnden Aufprall, und er sah auch die rechte Hand des Angreifers, die das Messer mit der langen Klinge umfaßt hielt.
    Der Stahl rammte wuchtig in die Scheibe.
    Plötzlich zerbröselte sie. Ein Muster aus zittriger Milch entstand und nahm dem Fahrer die Sicht.
    Er bremste noch einmal.
    Dann flogen ihm die Stücke des Verbundglases entgegen. Sie prallten auf das Armaturenbrett, rutschten daran entlang und landeten auf dem Schoß des Fahrers.
    Er hörte den Motor überlaut heulen. Der Wagen selbst stand etwas schräg und klemmte mit der linken Seite der Stoßstange an der Böschung. Auf der Kühlerhaube aber bewegte sich der Unheimliche.
    Den Sprung und das Zustoßen mit dem Messer hatte er noch geschafft, aber es gelang ihm nicht, sich auf dem glatten Blech zu halten. In einer wahrhaft zeitlupenhaft anmutenden Bewegung rutschte er nach links und drehte dabei seinen Kopf, so daß Sinclair mitten in das Gesicht hineinschauen konnte.
    Es war eine Fratze.
    Es war kein Mensch mehr.
    Es war einfach widerlich. Das Tier im Menschen. Der Kopf mußte einem Tier gehören, einer – einer…
    War es eine Hyäne mit kalten, bösen Augen?
    Sinclair hörte sich keuchen, und er hatte Glück, daß die Gestalt an der linken Seite des Wagens hinabglitt.
    Was Horace F. Sinclair dann tat, konnte er später gedanklich kaum nach vollziehen. Er drehte den Zündschlüssel, und der abgewürgte Motor sprang erneut an.
    Zuerst zurück.
    Ein kurzes Stück nur, damit sich die vordere Stoßstange lösen konnte.
    Dann den ersten Gang rein, Gas geben, das Steuer herum. Die Räder spielten dabei mit. Sie überrollten das Monster in der Mönchskutte, das noch auf dem Boden lag. Sinclair spürte dies genau durch das heftige Schaukeln, als der Corsa die Gestalt überfuhr.
    Sinclair fürchtete sich davor, daß dieses Wesen sein Messer in einen Reifen hineinstieß, aber das passierte nicht. Er jagte davon und spürte den kalten Wind, der in sein Gesicht biß. Die Scheibe war nur mehr in Fragmenten vorhanden, in der Mitte existierte kein Glas mehr, nur oben und seitlich an den Rändern hielten sich noch einige Stücke, die wie griesiges Eis nach unten baumelten. Sie schwangen hin und her und würden bald abfallen.
    Sinclair schaute in die Spiegel.
    Er hatte sich in den vergangenen Sekunden weit genug von dem Killer entfernt und sah, wie dieser sich auf die Beine stemmte. Dabei verrutschte die Kapuze, und abermals gelang ihm ein Blick auf diesen Schädel, der kein menschlicher Kopf mehr war.
    Was dann?
    Er verschwamm, als würde ein dunkles Licht ihn zerstören. Mehr sah Horace F. Sinclair nicht, weil er sich wieder auf das Fahren konzentrieren mußte, denn es war nicht einfach, den Wagen um die nächste enge Kurve zu lenken.
    Danach klappte es besser.
    Als hätte sich das Schicksal noch einmal für ihn entschieden, führte der Weg geradeaus weiter, und Sinclair sah bereits die Einmündung in die normale Landstraße, wo die Böschungen verschwanden und das Gelände sehr flach wurde.
    Über welche Kräfte verfügte diese Bestie? Sie hatte den Weg sehr schnell zurückgelegt, und wenn sich Sinclair an das Gesicht erinnerte, ging er davon aus, daß er es mit keinem Menschen zu tun hatte. Das war eine Mischung aus Mensch und Monster, einfach widerlich.
    Kurz bevor er die normale Straße eneichte, nahm er die rechte Hand vom Lenkrad und schlug die Glasreste weg, die ihm die Sicht versperrten.
    Ohne Frontscheibe rollte er weiter.
    Der kalte Wind pfiff in den Wagen. Er peitschte gegen die Haut und biß sich fest. Horace F. Sinclair mußte die Augen fest zusammenkneifen und die Geschwindigkeit herabnehmen, sonst hätte er durch den entstehenden Tränenschleier kaum etwas sehen können. Wenige Minuten später eneichte er den kleinen Ort, dessen Häuser ziemlich weit auseinandergezogen standen. Die kleine Stadt bildete ein kleines Schmuckstück inmitten des Tals, und die fernen Berge sahen aus wie graue, beschützende Buckel.
    Es gab eine Polizeistation. Die steuerte Horace F. Sinclair an. Die wenigen Menschen, die sich im Freien aufhielten, schauten kaum hin, als der Corsa an ihnen vorbeirollte. So fiel nur einem Kind auf, daß die Frontscheibe fehlte.

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