Der Koch
zurückgelassen hatten. Der leichte Stoff ihrer goldbestickten Hose klebte am Unterschenkel und verlieh ihrer sittsamen Erscheinung etwas unpassend Vulgäres. Maravan zog ein Päckchen Papiertaschentücher aus der Jackentasche und reichte es ihr.
Während sie versuchte, die verschmutzte Viskose wieder halbwegs sauber zu bekommen, öffnete Maravan den Reißverschluss seiner Sporttasche und untersuchte verstohlen den im Frottiertuch eingerollten Glaskolben. Er war unbeschädigt. So erleichtert war er darüber, dass er eine Seite aus seinem Notizbuch für Rezeptideen riss und der jungen Frau seine Adresse und Telefonnummer aufschrieb. Falls sie den Punjabi reinigen lassen müsse.
Sie las den Zettel und steckte ihn in die Tasche. »Sandana«, sagte sie. »Ich heiße Sandana.«
Von da an schwiegen sie. Sandana hielt den Kopf gesenkt, und Maravan konnte nur den Ansatz ihres Mittelscheitels unter der Kapuze sehen. Und die Spitzen ihrer langen Wimpern.
Die Passagiere wurden unruhig. Ein junger Mann im vorderen Teil des Anhängers klappte den schmalen Lüftungsteil über einem Fenster auf und schrie: »He! Hier drinnen gibt es Leute, die noch Arbeit haben!«
Kurz darauf die Durchsage der Leitstelle: »Kollision in der Blechstraße. Die Linie zwölf bleibt in beiden Fahrtrichtungen gesperrt. Der Betrieb wird durch Busse aufrechterhalten, aber es ist mit Wartezeiten zu rechnen.«
Die Türen des Tramwagens blieben geschlossen. Auch als die Sirenen von Polizei und Ambulanz immer lauter wurden und neben dem Tram jäh verstummten.
Wieder war es der junge Mann, der vorhin durch das Lüftungsfenster protestiert hatte. Er nahm die Sache in die Hand, öffnete den Nothahn über einer Tür und stieg aus. Die übrigen Fahrgäste folgten ihm, erst zögernd, dann immer rascher. In weniger als einer Minute war der Anhänger leer.
Maravan und Sandana waren die Letzten, die ausstiegen. Noch bei der Tür verabschiedete sich Maravan mit den Worten: »Ich muss mich beeilen, bin schon zu spät. Auf Wiedersehen!«
»Mihdum Sandipom«, wiederholte sie.
Im vorderen Wagen drängten sich noch immer die gesetzestreueren Passagiere und sahen verdutzt den Ausbrechern nach.
In die Spitze des Trams war ein Lieferwagen verkeilt. Ein Sanitäter beugte sich über das offene Beifahrerfenster. Ein zweiter hielt eine Infusionsflasche, deren Schlauch in das Fenster hineinführte. Von weitem war die Sirene der Feuerwehr zu hören, die kam, um den Fahrer aus dem Wrack zu befreien.
Maravan war der Letzte, der im Huwyler eintraf. Wenig hätte gefehlt, und er wäre zu spät gekommen. Keine Chance, den Rotationsverdampfer diskret an seinen Platz zurückzustellen. Aber er hatte einen Plan B:
Sobald jemand das Gerät benötigte, würde der »Maravan! Rotationsverdampfer!« rufen, denn er war der Mann, der für die empfindlicheren Geräte zuständig war. Er würde die Tür seines Garderobekastens angelehnt lassen und auf dem Weg zum Materialraum in der Garderobe vorbeigehen und den Verdampfer holen.
Die Köche empfingen ihn mit anzüglichen Bemerkungen. Alle wussten, dass er gestern Besuch von Andrea hatte. »Ich hoffe, du hast sie nicht zu scharf gemacht, die Currys meine ich«, sagte einer grinsend, und ein anderer: »Ein richtiges Curry muss zweimal brennen, heißt es. Würde diesem kalten Arsch nichts schaden.«
Maravan gab sich Mühe, zu lächeln und zu schweigen. Aber die Stimmung blieb gereizt. Sogar Huwyler tauchte ungewohnt früh in der Küche auf, stand im Weg herum und nannte ihn »unseren scharfen Tiger«.
Maravan schälte Kartoffeln und dachte: Wenn ihr wüsstet, wenn ihr wüsstet, als plötzlich Fink durch die Küche rief: »Kandan! Rotationsverdampfer!«
Noch nie hatte Kandan den Rotationsverdampfer auch nur angefasst. Er erstarrte, und Maravan mit ihm.
»Na los, was ist?«, fragte Fink mit einem kurzen Seitenblick auf Maravan.
Kandan setzte sich in Bewegung.
Maravan überlegte fieberhaft. Sollte er warten, bis Kandan mit leeren Händen zurückkam, und hoffen, dass Fink dann ihn schicken würde? Oder sollte er einfach mitgehen und den Apparat holen und hoffen, dass Kandan ihn nicht verriet? Oder sollte er ganz ruhig sagen: Der Rotationsverdampfer ist in meinem Kästchen, ich habe ihn mir ausgeliehen.
Er schälte weiter seine Kartoffeln und wartete, was passieren würde.
Kandan brauchte eine ganze Weile, bis er zurückkam. »Er ist nicht dort«, stammelte er. »Nicht wo?«
»Nicht dort, wo er immer ist.«
Maravan verpasste seinen
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