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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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aufgegeben hatte, sie ein weiteres Mal herumzukriegen, vielleicht sogar ganz.
    Sobald sie sich darüber klargeworden war, hatte sie begonnen, auf Distanz zu gehen. Sie hatte bewusst die freundschaftlichen Vertraulichkeiten unterlassen, damit er sie nicht missverstand. Sie behandelte ihn unverbindlich freundlich und spürte, dass ihm das zwar weh tat, dass aber die Klarheit, die es schaffte, ihrer Zusammenarbeit guttat.
    Aber seit Makeda hatte sich ihr Verhältnis wieder kompliziert. Maravan zeigte alle Symptome von Eifersucht. Das tat ihr zwar leid, aber sie sah keine Möglichkeit, ihm zu helfen.
    Im Gegenteil: Ihr selbst ging es nämlich ausgesprochen gut, denn Makeda war auch hier. Sie wohnte mit den anderen Frauen, die für Kuli arbeiteten, in einem Appartementhaus ganz in der Nähe. Sie hatten sich vorgenommen, so viel Zeit wie möglich zusammen zu verbringen.
    Maravan wusste das. Um ihn etwas aufzumuntern, hatte sie ihn, gleich nachdem sie ihre Koffer ausgepackt hatte, auf diesen Ausflug mitgenommen.
     
    Maravan war zurückgefallen und stand seit einer Weile reglos in der Märchenlandschaft. Sie hatte ihn gerufen, aber er hatte sie unwirsch zum Schweigen aufgefordert. Er verharrte dort, als lausche er auf etwas. Andrea lauschte auch, aber sie hörte nichts.
    Endlich setzte er sich in Bewegung und kam auf sie zu. Als er sie erreicht hatte, lächelte er. »Schön«, sagte er.
     

30
    Zwei von Dalmanns Stärken wirkten zusammen und sorgten dafür, dass sich die Investition Chesa Clara schon nach ein paar Tagen bezahlt machte: Glück und ein Gedächtnis für Gesichter.
    Es war ein Winter wie schon lange nicht mehr: kalt, weißblau und mit einer Schneemenge, wie man sie hier oben um diese Jahreszeit noch nie gesehen hatte.
    Dalmann saß auf der Sonnenterrasse eines Bergrestaurants tief hinten in einem Tal. Er war in Begleitung von Rolf Schär, ebenjenem befreundeten Zahnarzt, der ihm die Wohnung vermietete. Geschäftlich eine nicht sehr effiziente Paarung, aber auch nicht ganz nutzlos, denn Dalmann wusste, dass Schär an dieser Lage und in der Spitzensaison viel lukrativer vermieten könnte. Deswegen hatte er es sich zur Pflicht gemacht, mindestens einmal während seines Aufenthalts etwas Zeit mit ihm zu verbringen.
    Sie saßen also gemütlich auf ihrer Bank an der Holzfassade des Restaurants, hielten ihre von Sonnencreme glänzenden Gesichter in die Wintersonne, tranken eine Flasche Veltliner und pickten von der Bündnerplatte vor ihnen auf dem Tisch. Ab und zu sagte einer etwas, meistens das, was ihm gerade durch den Kopf ging, wie es ältere Leute tun, die sich schon lange kennen und sich nichts vorzumachen brauchen.
    Sie sahen Kindern zu, die außerhalb der Terrasse schüttelten, und Schär sagte gerade: »Wenn man klein ist, kommt einem der Schnee noch viel höher vor.« Da wurde Dalmanns Aufmerksamkeit von einer Gruppe Neuankömmlinge abgelenkt. Vier Männer um die fünfzig von arabischem Aussehen. Sie wurden an den Nebentisch gebracht, der lange als Einziger mit einem Reserviert-Schild auf seine Gäste gewartet hatte.
    Einen von ihnen erkannte Dalmann, als dieser kurz die Sonnenbrille abnahm und einen Blick auf die anderen Gäste warf: die rechte Hand von Jafar Fajahat, dem Mann, dem die Palucron damals ebenfalls bei den Transaktionen behilflich gewesen war. Um fast zehn Jahre älter, seit er ihn zuletzt gesehen hatte, aber eindeutig derselbe.
    Nach dem Rücktritt von Musharraf war es Dalmann nicht mehr gelungen, Fajahat zu kontaktieren, und er hatte damit gerechnet, dass dieser dem Machtwechsel zum Opfer gefallen war. Aber sein Assistent hatte offenbar überlebt, sonst könnte er es sich nicht leisten, hier zu sein.
    Wenn er sich bloß an seinen Namen erinnern könnte. Khalid, Khalil, Khalig oder so. Dalmann widerstand dem Impuls, ihn anzusprechen. Wer weiß, wer die anderen drei waren.
    Aber er suchte seinen Blick - und fand ihn nach kurzer Zeit. Der Mann nahm die Brille ab, sah ihn fragend an, und als Dalmann nickte und lächelte, stand er auf und begrüßte ihn auf Englisch. »Herr Dalmann? Wie schön Sie zu sehen, erinnern Sie sich? Kazi Razzaq.«
    »Selbstverständlich erinnere ich mich.« Dalmann vermied es noch immer, Jafar Fajahat zu erwähnen.
    Razzaq stellte seine drei Begleiter vor, mit Namen, die sich Dalmann nicht zu merken versuchte, und er machte sie mit seinem Tischpartner bekannt. Danach entstand das kurze Schweigen, das solchen Vorstellungen folgte.
    Dalmann unterbrach es. »Bleiben Sie

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