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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Blutdruck, Cholesterin und Harnsäurespiegel senken.«
    Schaefler nutzte die Zeit, in der sein Chef angewidert seine Kollektion Medikamente mit Orangensaft runterspülte, um mit weit zurückgelegtem Kopf in jedes Auge Tropfen zu träufeln.
    »Und?«, fragte Dalmann.
    Schaeffer tupfte sich mit einem zusammengefalteten Taschentuch die Augen ab. »Durchaus machbar, meint er.«
    »Auch das mit dem pakistanischen Menü?« »Auch das.«
    Dalmann hatte Schaeffer beauftragt, herauszufinden, ob Kuli auch ein normales pakistanisches Menü für fünf Personen anbiete, das an einem normalen Tisch mit Besteck gegessen würde. Für den erotischen Teil könnten ja dann die Damen sorgen, die zum Dessert dazustießen und mit denen man sich anschließend ins Hotel zurückzog. Er wollte Geschäfte machen, keine Orgien. Er betrieb schließlich keinen Puff.
    »Und terminlich?«
    »Übermorgen sei das Catering noch frei. Aber wir müssten uns vor Mittag entscheiden.«
    Dalmann beförderte den Dotter seines Spiegeleis, den er intakt vom Eiweiß getrennt hatte, auf seinen Toast. Den gebratenen Speck ließ er aus gesundheitlichen Gründen weg. Jedes zweite Mal, knallhart.
    »Entschieden«, sagte er und schob den Happen in den Mund.
     

31
    Und so kam es, dass Maravan, der Tamile, nichtsahnend für Razzaq, den Pakistani, ein Essen zubereitete, bei dem ein Geschäft eingefädelt wurde, das die sri-lankische Armee über ein paar Umwege mit ausgedienten Schweizer Schützenpanzern versorgte.
    Mit einem klassischen pakistanischen Menü wollte der Auftraggeber seine Gäste überraschen. Maravan erlaubte sich, dem noch ein paar Überraschungen hinzuzufügen.
    Das Arha Dal, das klassische Linsengericht, interpretierte er als Ring aus Dal Risotto und richtete es mit Korianderluft und Zitronenschaum an.
    Das Nihari, ein sechs Stunden lang auf kleinstem Feuer gekochtes Rindscurry, bereitete er mit etwas Gelatine als Nihari-Praline zu und kombinierte sie mit Zwiebelemulsion und Zwiebelchips auf Reispüree.
    Das Huhn für das Biryani war vakuumiert und bei Niedrigtemperatur gegart und in der scharfen Palmzuckerkruste aus der Biryani-Gewürzmischung serviert. Angerichtet mit Pfefferminzluft und Zimteis.
    Froh über die Abwechslung, arbeitete Maravan konzentriert in der schlecht ausgestatteten, aber mit viel Granit und künstlich gealtertem Holz aufgepeppten Küche.
    Ein gewisser Schaeffer, ein hagerer, steifer Mann, hatte sie empfangen und, so gut er sich auskannte, eingewiesen. Er hatte sich für den Nachmittag verabschiedet. Frau Lourdes stehe zur Verfügung. Der Gastgeber werde auf sieben Uhr erwartet, die Gäste um halb acht.
    Das Essen war für fünf Personen bestellt worden, das Dessert für zehn. Es würden, wie Kuli sich ausgedrückt hatte, zum Dessert fünf Damen dazustoßen. Dieses sollte aus dem für das
Love Menü
üblichen Konfekt bestehen. »Also den gelierten Spargel-Ghee-Penissen und den glasierten Kichererbsen-Ingwer-Pfeffer-Muschis«, hatte Andrea präzisiert, als sie die Bestellung notierte. »Und den Eislutschern aus Lakritze-Honig-Ghee.«
    Kurz nach sieben kam Andrea in die Küche. »Weißt du, wer der Gastgeber ist? Dalmann.«
    Der Name sagte Maravan nichts.
    »Dalmann vom Huwyler. Der immer etwas anzügliche Alte von Tisch eins.«
    Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht, wenn ich ihn sehe.«
    Aber Maravan bekam Dalmann an diesem Abend so wenig zu Gesicht wie die anderen Gäste.
    Um halb zehn klingelte es. Maravan hörte Gelächter und Stimmengewirr. Die Damen waren zum Dessert eingetroffen.
    Andrea kam in die Küche und schloss rasch die Tür hinter sich. »Rat mal.« »Makeda?«
    Andrea nickte. Von da an war sie wortkarg. Kurz nach dem Dessert verabschiedeten sich die Herren mit ihren Damen. Auch Maravan und Andrea machten Feierabend. An der Garderobe hing nur noch ein Mantel. Andrea erkannte ihn. Er gehörte Makeda.
     
    Für die Silvesternacht des Jahres 2008 hatte niemand
Love Food
gebucht. Maravan hatte in der Kochnische seines Studios auf der einzigen Herdplatte ein klassisches Kodzhi Kari gekocht, ein Hühnercurry, wie Nangay es ihm schon als kleinem Jungen beigebracht hatte, mit den klassischen Zutaten plus etwas mehr Bockshornkleesamen. Und in die Gewürzmischung aus gemahlenen Fenchelsamen, Kardamomkörnern und Nelken, die er am Schluss über das gekochte Gericht streute, bevor er es mit Zitronensaft abschmeckte, gab er eine Extradosis Zimt, wie es seine Lehrmeisterin stets getan hatte.
    Andrea war Strohwitwe, wie sie es

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