Der Köder
oh. Hallo. Ich wusste ja gar nicht, dass wir Besuch haben.»
Sie stolperte so rasch die Treppe hinunter, dass der Wein in den
Gläsern schwappte, und ein leicht angetrunkenes Grinsen
verfremdete ein Gesicht, das diesen Ausdruck noch nie angenommen
hatte, die unmögliche Vision von Grace MacBride als der einfältigen Hausfrau aus dem Vorort, so unerwartet, dass sie Sekunden
herausschinden konnte, wo keine mehr übrig gewesen waren.
Nur für einen kurzen Augenblick sah die Gestalt auf dem Weg
Grace verblüfft an, und in diesem Augenblick hechtete Magozzi mit einem Satz von der Veranda, der die Entfernung zwischen Leben
und Tod überbrückte, rammte Tim Matson den Kopf gegen die Brust
und schleuderte ihn rückwärts auf den harten Beton des Gehsteigs.
KAPITEL 45
Der erste Streifenwagen traf ein, als Tim Matson noch keine fünf
Minuten auf dem Weg vor Magozzis Haus am Boden lag. Er
zappelte heftig und wehrte sich gegen die meterlangen Streifen
Klebeband, die Grace um seine Arme und Beine geschlungen hatte,
während Magozzi ihn festhielt. Er gab wütende Töne von sich, die
von dem Klebeband, das sie ihm über den Mund geklatscht hatte,
gedämpft wurden.
Gino traf ein paar Sekunden später ein und McLaren nur wenig
danach. Magozzi saß auf dem Boden neben dem verschnürten
Matson. Er war völlig erschöpft und vermutete, dass in Kürze das
gesamte Department versammelt sein würde.
Er warf einen Blick hinüber zu Grace, die klein und einsam
wirkte, wie sie da auf den Verandastufen saß und nach unten starrte.
In dieser Sekunde wusste er, dass sie es niemals schaffen würden. Er war ein Idiot gewesen, wenn er je geglaubt hatte, dass sie eine
Chance hätten. Alles, vor dem sich Grace je gefürchtet hatte, gehörte zu der Arbeit, mit der Magozzi seinen Lebensunterhalt verdiente,
und manchmal, verdammt, verfolgte einen diese Arbeit bis nach
Hause.
Während der nächsten Stunde beantworteten er und Grace
Fragen, gaben Aussagen ab, erzählten ihre Geschichte McLaren, den Kriminaltechnikern und den Erste-Hilfe-Sanitätern, während Gino
zusammen mit Matson, der inzwischen Handschellen trug, im
Streifenwagen saß und weiß Gott was trieb. Nachdem alle anderen
fort waren, kam Gino nach drinnen und setzte sich zu Magozzi und
Grace an den Küchentisch.
«Seid ihr beide so weit okay?»
Magozzi und Grace sahen einander an, aber keiner von beiden
sagte etwas, und Gino konnte auch nicht in ihren Gesichtern lesen.
Er wartete ein Weile und fühlte sich von Minute zu Minute
unbehaglicher. Es stand eine offene Flasche Wein auf dem Tisch,
deren Etikett mit anscheinend französischen Wörtern bedruckt war.
McLaren würde es wissen, Gino war es egal. «Leo, schenk mir doch
bitte ein Glas ein, ja? Und erzähle mir, was der Junge zu dir gesagt hat und was du noch weißt.»
Magozzi wandte den Blick von Grace ab. Seit es geschehen war,
hatte sie kein Wort mehr zu ihm gesagt. Zum letzten Mal hatte er
ihre Stimme gehört, als sie McLaren gegenüber ihre Aussagen
gemacht hatte. «Er hat gar nichts gesagt, sondern ist nur den Weg raufgekommen und hat mich aufgefordert, ins Haus zu gehen.» Er
ging zum Schrank, um ein Glas zu holen, und stellte es Gino hin.
«Aber du hast Grace vorher ins Haus geschickt. Warum hast du
das getan?»
Achselzuckend sagte Magozzi: «Ich sah ihn kommen und hatte
ein ungutes Gefühl.»
«Er hat mir das Leben gerettet», sagte Grace leise, aber Magozzi
schüttelte den Kopf.
«Sie hat meins gerettet.»
Gino verdrehte die Augen und griff nach der Flasche. «Oh, bitte.
Ich habe draußen mit McLaren geredet. Er hat schon von der
Gesellschaft gegenseitiger Bewunderung gehört, die ihr zwei
anscheinend gegründet habt. Ihr seid wahrhaftig ein dynamisches
Duo, und ich finde das prima, aber lassen wir es mal gut sein. Ihr habt also keine Ahnung, warum er hergekommen ist, um euch
abzumurksen?»
«Ich nehme an, weil ich seinen Freund getötet habe.»
«Das stimmt so nicht, Kumpel. Du hast seinen Bruder getötet.»
Magozzi schaute ihn mit großen Augen an. «Tim Matson war
Jeff Montgomerys Bruder? Der tote?»
«Der und kein anderer. Ich habe im Streifenwagen ein paar
Sachen aus ihm rausgekriegt.»
Grace sah Gino zum ersten Mal direkt an. «Was haben Sie mit
ihm gemacht?»
«Nichts.» Gino hob abwehrend die Hand. «Ich schwöre bei Gott.
Habe ihm zwar ziemlich abrupt das Klebeband vom Mund gerissen,
aber das sollte nur seinem Wohlbefinden dienen. Und ihm natürlich
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