Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Incomparabili enorme Mengen Münzen ein, die Cipriano gerecht unter uns allen aufteilte. Mir wurde jedes Mal schwindlig beim Anblick des vielen Geldes, ich schaffte es einfach nicht, mich daran zu gewöhnen, dass ich mir jederzeit einen Hut oder ein neues Hemd oder andere nützliche Dinge hätte kaufen können. Bisher hatte ich mich auf den Hut beschränkt, ein ansehnliches Barett mit breiter Krempe und zwei wippenden Fasanenfedern. Ein Hemd zum Wechseln solle ich mir ruhig aus dem Kostümfundus nehmen, hatte mir der in diesen Dingen praktisch veranlagte Cipriano empfohlen. So konnte ich das Geld für andere Bedürfnisse einplanen – zum Beispiel für ein Paar feste Lederstiefel, die mir als nächster Erwerb vorschwebten.
Fast jeden Tag probten wir an dem neuen Stück. Der erste Akt saß bereits perfekt, ebenso ein großer Teil des zweiten. Den markanten Höhepunkt in der Mitte hatte ich mittlerweile so gestaltet, dass alle Fragen, mit denen ich mich vorher herumgeplagt hatte, perfekt gelöst waren: Leandro sieht zwar Flavio, aber dieser nicht Leandro. In der Folgezeit ist Flavio auf Reisen, weshalb es vorerst zwischen Leandro und Flavio keine weiteren Begegnungen gibt – diese hatte ich zur Verschärfung des besonderen Konflikts für den letzten Akt vorgesehen.
Dass er Flavios Ebenbild ist, nutzt Leandro aus, um sich mit Aurelia zu treffen, zunächst, um mit ihr Pläne zu schmieden, wie er Rosalindas Herz gewinnen könne, schließlich aber, weil er sich mittlerweile in Aurelia verliebt hat, was er ihr jedoch nicht zu sagen wagt. Aurelia wiederum durchschaut rasch, dass er nicht Flavio, sondern ein Fremder ist. Es schürt ihren Zorn, dass er Rosalinda verehrt (noch weiß sie nicht, dass seine Liebe ihr gilt!), und um ihn lächerlich zu machen, behauptet sie, Rosalinda schätze selbst gedichtete Sonette über alles. Ineinem Monolog (bei Nacht und im Garten) trägt er sodann eines vor, allerdings für Aurelia.
Bis zu dieser Stelle war ich mit dem Schreiben des Canovaccio gekommen, damit hatte der zweite Akt entscheidende Fortschritte gemacht.
Zu Ciprianos Verdruss hatte Caterina die Rolle der Rosalinda nun doch für sich beansprucht, aber er war deswegen weniger verstimmt, als zunächst zu vermuten war, was zweifellos daran lag, dass er hin und wieder für Caterina einspringen durfte, wenn diese nicht da war. Deshalb hielt er sich zu jeder Probe bereit, meist geschminkt und in voller Kostümierung, darauf hoffend, dass Caterina nicht erschien. Tatsächlich musste sie häufig zu Besorgungen fort, sei es zu einer Schneiderin, weil sie unbedingt ein neues Kleid brauchte, oder zu einer Putzmacherin, die einen unverzichtbaren Haarschmuck für sie fertigte.
Ihre Abwesenheit schürte Bernardos Eifersucht. Zum Glück erschienen in dieser Zeit weder Morosini noch sein Adjutant Razzi in der Ca’ Contarini, denn Bernardo geriet schon in Rage, wenn nur einer der beiden Namen fiel. Cipriano, der sich um das Geschäftliche kümmerte und auch dafür Sorge trug, dass Morosini den ausgehandelten Anteil am Gewinn erhielt, suchte für die erforderlichen Transaktionen Morosini in dessen Amtszimmer im Dogenpalast auf, sodass für Morosini oder Razzi keine Notwendigkeit bestand, zur Ca’ Contarini zu kommen. Damit trug Cipriano sicher entscheidend dazu bei, dass Bernardos Gemütslage erträglich blieb.
Gleichwohl beargwöhnte Bernardo Caterina bei jeder Gelegenheit und bestürmte sie nach ihren Ausflügen mit Vorwürfen, und in der Folge trank er auch wieder mehr. Zu der einen oder anderen Probe erschien er mit deutlicher Schlagseite, und bei mancher nachfolgenden Vorstellung war er bereits so bezecht, dass er seinen Text nicht mehr beherrschte und seine Mitspieler die Lücke mit Lazzi oder eigenen Sprüchen überbrücken mussten.
Je mehr er sich gehen ließ, desto stärker fühlte sich seltsamerweise Franceschina bemüßigt, ihm beizustehen. Sie verabfolgte ihm frühmorgens ihr stinkendes Gebräu zur Ausnüchterung und verwöhnte ihn mittags mit seinen Leibspeisen, ein Verhalten, das für mich nicht nachvollziehbar war.
Rodolfo ließ seinerseits weiterhin keine Gelegenheit aus, sich bei Franceschina beliebt zu machen – mit Erfolg. Im Laufe der Zeit teilte sie ihre Aufmerksamkeit mehr oder minder gleichmäßig zwischen beiden Männern auf, was Bernardo immer wieder dazu brachte, Rodolfo zu hänseln, womit er sich unweigerlich Franceschinas Ärger zuzog.
Kurzum, die allgemeine Lage innerhalb der Truppe war so, dass mir kaum
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