Der König Der Komödianten: Historischer Roman
paar Schritten blieb sie stehen und drehte sich um. »Willst du nicht deine Schuhe anziehen?«
Das tat ich, aber nicht nur das, sondern ich legte auch das Schwertgehenk um. Nicht etwa, weil ich mir dadurch männlicher vorkam – nun ja, ein wenig vielleicht –, sondern weil nicht auszuschließen war, dass wieder ein streitsüchtiger Kerl auftauchte, der mit meinem Doppelgänger noch eineRechnung offen hatte. Dagegen musste ich mich – und natürlich Elena – schützen.
Wie es schien, hatte sie bereits eine geeignete Stelle für unser Vorhaben ausgekundschaftet. Zielsicher ging sie voran, durch eine Gasse, dann über eine Brücke, einmal um die Ecke, und dann hinein in den tiefen Schatten eines Sottoportego, der, wie ich seit der vergangenen Nacht wusste, in eine Sackgasse führte. Ich wollte sie gerade darauf hinweisen, als sie stehen blieb. Prompt prallte ich gegen ihren Rücken und schubste sie versehentlich vorwärts, sodass sie das Windlicht fallen ließ und ins Taumeln geriet.
»Entschuldige!«, rief ich erschrocken und hielt sie fest. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Schrei nicht so, du weckst noch alle Leute auf !«
»Entschuldige!«
»Du stehst auf meinem Fuß. Und hör auf, dich ständig zu entschuldigen!«
»Entsch … Es tut mir leid!« Hastig trat ich zurück, vergaß dabei aber, dass ich sie noch bei den Schultern hielt, sodass sie, von meinem Schwung mitgezogen, abermals gegen mich prallte. Erneut bewahrte ich sie vorm Fallen und packte sie fester, doch diesmal so dicht an meinem Körper, dass mir beim nächsten Atemzug ihr Duft in die Nase stieg. Sie roch nicht nach Blumen oder Parfüm, es war nichts, was man leicht hätte einordnen können. Dennoch war es so unverwechselbar und betörend, dass es auf geheimnisvolle Weise durch die Nase geradewegs in meine Körpermitte fuhr, oder genauer, etwas unterhalb der Mitte, wo zu meinem Entsetzen schlagartig eine enorme Erektion entstand. Die Elena nicht verborgen bleiben konnte, da ich sie an mich drückte!
Ich hätte sie loslassen und zurücktreten können, doch irgendeine Macht hinderte mich daran. Es war dieselbe Macht, die mir eingab, dass ich sie – oder sie mich – auch ohne Buch küssen konnte, denn ich musste ja nur den Kopf beugen.
Natürlich hätte ich auch darauf warten können, dass sie mir befahl, nun mit der verabredeten Übung zu beginnen, doch ich hatte nicht den Eindruck, eine besondere Aufforderung zu brauchen, noch kam es mir so vor, als wollte sie eine solche aussprechen.
Das Windlicht war auf dem Boden zerschellt und erloschen, doch es war nicht völlig dunkel um uns herum. Von irgendwoher kam der schwache Widerschein einer Nachtleuchte, und ich sah den Schimmer in Elenas Augen. Sie hatte ihr Gesicht zu mir emporgehoben, und ich fühlte mich seltsam entrückt, als ich mich zu ihr niederbeugte und meinen Mund auf ihre Lippen legte. Meine Nase stieß zuerst gegen ihre – wen nimmt es wunder bei meinem Zinken –, aber dann fügte sich alles ganz leicht zusammen. Ihre Lippen waren weich und warm unter den meinen, ihr Atem süß und belebend, das Gefühl war unendlich köstlich und … nicht genug.
Ich presste ihren Körper fester an mich, er war so leicht und zerbrechlich in meinen Armen, dass ich für einen Moment fürchtete, ich könne sie einfach zerdrücken. Als sie verhalten aufstöhnte, lockerte ich erschrocken meinen Griff, aber ich brachte es nicht fertig, sie loszulassen, erst recht nicht, als sich bei ihrem Stöhnen, ob absichtlich oder zufällig, ihr Mund öffnete und ich plötzlich ihre Zunge an meiner spürte. Es war, als würden dabei Funken auf mich überspringen, die so heiß waren, dass sie auch noch die Reste meines Denkvermögens verbrannten. Selbiges ging mir jedenfalls in diesem Augenblick vollständig verloren. Die einzige bewusste Wahrnehmung beschränkte sich auf mein ebenso schändliches wie eindeutiges Verlangen, mit Elena das zu tun, was Bernardo mit Caterina getan hatte – ihr die Röcke hochzuschieben und ihr zugleich die Bluse herunterzureißen und dabei ihren Mund so zu verschlingen, dass keiner von uns mehr atmen konnte. Ich musste … musste …
Atmen! Das war ein Gedanke, der sich aus dem Meer vonBegierden erhob und deutlicher wurde. Keuchend löste ich meine Lippen von Elenas Mund und holte Luft. Dabei sah ich ihr ins Gesicht. Sie hatte die Augen geschlossen und wirkte ebenso aufgewühlt, wie ich selbst mich fühlte. Genau wie ich atmete sie keuchend, die Lippen feucht und geöffnet. Im
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