Der König Der Komödianten: Historischer Roman
wenigen Schritten bei Bernardo stehen. »Brauchst du Hilfe?«, fragte sie ihn.
Mürrisch schüttelte er den Kopf, kletterte von dem Felsen und rieb sich den Schritt, während er grollende Blicke in meine Richtung sandte, bevor er, ein wenig breitbeinig, Franceschina hinterherging. Auch Caterina schickte sich zum Gehen an. »Leb wohl, mein edler Retter«, sagte sie lächelnd zu mir, bevor sie sich abwandte und mit graziösen Schritten den Übrigen nacheilte.
Der blond gelockte Mann, der als Einziger noch bei mir stand, bückte sich und half mir auf die Füße. Während er mir die Krücken reichte, meinte er launig: »Alles noch mal gut gegangen, wie?«
Ich starrte Caterina nach und murmelte irgendetwas, das ich selbst nicht verstand.
»Wie bist du eigentlich mit deinem verkrüppelten Bein hierher in den Wald gekommen?«, wollte der Blonde wissen.
»Mit einer Kutsche, sie steht in der Nähe«, sagte ich geistesabwesend, während drüben zwischen den Bäumen der letzte Zipfel weißer Seide verschwand.
»Schaffst du es allein zurück?«, fragte der Mann.
Ich nickte zerstreut, doch als der Mann gehen wollte, fragte ich rasch: »Wer seid Ihr?«
»Ich heiße Cipriano. Und du?«
»Marco. Aber das meinte ich nicht. Ich wollte wissen, wer …« Ich deutete in die Richtung, wo soeben die anderen im Wald verschwunden waren. »Diese Leute, zu denen Ihr gehört – was tun sie?«
Der blonde junge Mann lächelte, was sein Gesicht zu strahlender Schönheit verklärte. »Hat man das nicht gemerkt? Wir spielen Theater.«
»Theater?«, fragte ich verdattert. »Aber wo ist Eure Bühne?«
»Überall.« Vergnügt breitete Cipriano die Arme aus. »Die Welt ist unsere Bühne, und unser Stück ist das Leben, und wenn es sich gerade fügt, geben wir unser Spiel vor anderen zum Besten.« Er verneigte sich schwungvoll, ein Bein in höfischer Manier nach hinten gestellt. »Ab der kommenden Woche beispielsweise in Padua, dort gastieren wir für eine Weile.«
»Ihr meint – Ihr führt da ein Schauspiel auf ?«
Abermals lachte Cipriano. »Sofern nicht das Jüngste Gericht dazwischenkommt oder zu viel Schnaps oder ein Mord aus Eifersucht.« Er zog einen imaginären Hut. »Ich muss weiter. Gott zum Gruße, Marco. Bleib so tapfer und mutig, wie du bist, und lass dich nicht täuschen von falschen Helden, falschen Schwertern und falschen Weibern.« Mit einem Winken drehte er sich um und eilte davon.
Auf dem Weg zur Kutsche lief ich Messèr Barbarigo in die Arme. Er hielt einen gefährlich aussehenden Schießprügel umklammert, den er erleichtert sinken ließ, als er meiner ansichtig wurde. »Gott sei Dank, da bist du ja, mein Junge! In den letzten Jahren sollen sich hier zwar weniger Räuber herumtreiben als früher, aber man weiß ja nie. Und eben war mir, als hätte ich Stimmen gehört.«
Es kam mir merkwürdig vor, dass ein Notar eine Waffe trug, doch ich verkniff mir jede Bemerkung dazu, wenngleich der Dolch, den ich mit mir führte, mir auf einmal weit weniger Sicherheit vermittelte als vor meinem Ausflug in die Büsche.
Messèr Barbarigo deutete meine befremdeten Blicke richtig, denn als Nächstes wartete er mit einer Erklärung für die Arkebuse auf. »Sie gehört dem Kutscher«, meinte er. »Ich habesie nur mitgenommen, um etwaigen Räubern nicht unbewaffnet gegenüberzutreten.«
»Was ist mit dem Kutscher und dem Prior?«, fragte ich. »Wieso sind die nicht mitgekommen?«
»Weil wir uns für die Suche nach dir aufgeteilt haben«, erklärte der Notar. »Der Kutscher hat seine Armbrust mitgenommen, und Bruder Hieronimo das Schwert des Kutschers.«
Die Vorstellung hatte etwas Erheiterndes, obwohl mir sowohl der Notar als auch der Prior unbewaffnet deutlich lieber waren. Aber Hauptsache, nach dieser Expedition wären alle Waffen wieder unter dem Kutschbock verstaut.
»Ihr hättet mich doch auch einfach im Wald zurücklassen können, dann hättet Ihr keine Arbeit mehr mit mir gehabt.«
Messèr Barbarigo verzog das Gesicht. »Damit du von wilden Tieren gefressen wirst? Ich gebe zu, manchen Leuten würde das sicher gut passen, aber mir keinesfalls.«
Daraus schloss ich, dass zumindest der Notar nicht an meinem frühen Dahinscheiden interessiert war, was mich ein wenig aufatmen ließ. Blieb jedoch noch die Frage, welchen Leuten es gut passte, dass mich wilde Tiere fraßen. Der Notar war offenbar nicht gewillt, darüber nähere Auskunft zu erteilen, denn er bahnte uns beiden unter allerlei Geschimpfe einen Weg durch das
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