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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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sind wir irgendwie ja alle, oder?« Gähnend stand er vor mir. »Jetzt bist du mit Schlafen dran. Leg dich hin, Marco.«
    Ich tat es und schloss die Augen, während Iseppo im Licht der Stundenkerze an dem von Rodolfo gezimmerten Schreibpult saß und mein Canovaccio las, um sich wachzuhalten. Sein Gemurmel und das Geraschel der Papierbögen hinderten mich am Einschlafen, aber noch mehr die stickige, nach Schwefelrauch, Schweiß und Krankheit riechende Luft in der Kammer. Als es dann auch noch an der Tür pochte und Elena hereinschaute, war es vollends vorbei mit der Nachtruhe.
    »Ich wollte nur nachsehen, ob mit Großvater alles in Ordnung ist«, flüsterte sie. Im flackernden Schein des Nachtlichts, das sie mit sich trug, stand ihr Haar wie eine Wolke um ihren Kopf.
    »Er schläft ganz ruhig«, sagte Iseppo leise. »Und Marco auch.«
    »Nein, das tut er nicht.« Entschlossen stand ich von meinem Lager auf. »Ich gehe raus. Ich brauche frische Luft.«
    »Wo willst du hin?«, fragten Elena und Iseppo. Sie sprachen beinahe gleichzeitig, nur, dass es bei Iseppo besorgt und bei Elena erbost klang.
    »Nur aufs Dach«, erklärte ich, verärgert über die Bevormundung.
    »Dann gehe ich mit«, sagte Elena.
    »Ich brauche keine Aufsicht.«
    »Da bin ich nicht so sicher«, erwiderte sie unverhohlen sarkastisch. »Aber rein zufällig will ich nicht auf dich aufpassen, sondern bloß meine Malsachen reinholen.«

    Höflich ließ ich ihr den Vortritt auf der Treppe. Dass das ein Fehler war, bemerkte ich, als mir ihr vertrauter Duft in die Nase stieg, was mich auf der Stelle in Verwirrung stürzte. Es war bloß ein schwacher Hauch, aber dafür so unverwechselbar, dass ich ihn mit verbundenen Augen in einem Raum voller Menschen wahrgenommen hätte.
    »Was wohl in diesem Stockwerk ist?«, fragte sie, als wir den Treppenabsatz vor dem zweiten Obergeschoss erreichten.
    »Irgendwelche Waren«, sagte ich.
    »Ja, ich war dabei, als Razzi davon sprach. Aber warum lagern sie die Waren hier statt im Hause Morosini, wo doch mindestens ebenso viel Platz dafür wäre? Außerdem gibt es dort Dienerschaft, um darauf aufzupassen.« Sie rüttelte probehalber an der Tür.
    »Sie ist verschlossen«, sagte ich. »Auch das erwähnte Razzi, weißt du nicht mehr?«
    »Natürlich weiß ich es noch. Ich habe am selben Tag ausprobiert, ob es stimmt.«
    Das Gleiche hatte ich auch getan, verlor aber kein Wort darüber. Sie war ein Mädchen und durfte neugierig sein. Für einen besonnenen Mann dagegen ziemte es sich nicht, an einer Tür zu rütteln, nur weil zufällig jemand äußerte, sie sei verschlossen.
    »Die Tür ist zwischenzeitlich bestimmt nicht von allein aufgegangen«, sagte ich.
    »Das ist mir klar. Ich weiß aber auch, dass Caterina schon mal mitten in der Nacht hier drin war. Mit Razzi.«
    »Warum das denn?«
    Elena musterte mich unter hochgezogenen Brauen.
    »Das kannst du unmöglich unterstellen!«, protestierte ich. »Nie würde sie … Nicht, wenn Bernardo nur ein Stockwerk tiefer … Ausgeschlossen!«
    »Du hast keine Ahnung, Marco Ziani.«
    Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. »Bestimmt wollte sie bloß wissen, was dort drinnen ist, und hat deshalb Razzi gebeten, es ihr zu zeigen!«
    »Natürlich.«
    »Was?«, fragte ich verdattert.
    » Natürlich wollte sie wissen, was drinnen ist, und hat Razzi aus diesem Grund gebeten, es ihr zu zeigen«, sagte Elena. »Was hast du denn gedacht, warum sie reinwollte?«
    »Äh … nichts.«
    Ihr entfuhr ein Kichern. »Du lügst. Ich weiß genau, was du gedacht hast.«
    Schon wieder fühlte ich mich gehänselt, und wie immer hatte ich keine Ahnung, was dagegen zu unternehmen war. Außer, so zu tun, als schere es mich kein bisschen.
    Wortlos wandte ich mich ab und ging die Treppe hinauf ins Dachgeschoss. Dort kletterte ich über die Stiege nach draußen. Die Nacht war kühl und sternklar, und über den kegelförmigen Kaminen der gegenüberliegenden Dächer hing ein voller Mond, milchweiß und so groß, dass man fast meinte, ihn berühren zu können.
    Beinahe wäre ich auf Elenas Palette getreten. Die Leinwand hob sich daneben als grauer Schatten vom Holz der Altana ab, ungefähr eine Elle im Quadrat. Ich versuchte zu erkennen, was darauf gemalt war, doch es war zu dunkel.
    Gleich darauf kam Elena aufs Dach hinausgeklettert, die Nachtleuchte vor sich hertragend. Dadurch konnte ich nunauch das Motiv des Gemäldes erkennen. Es war die Piazza San Marco, vom Meer aus betrachtet – und zugleich von oben,

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