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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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aus der Perspektive eines Vogels, der den Platz anflog und dabei alles erspähte, was einem Betrachter vom Boot aus verborgen geblieben wäre. Der Dogenpalast beherrschte den Vordergrund am rechten Bildrand, und dahinter erhoben sich die goldenen Kuppeln der Basilika. Der Campanile mit dem schimmernden Engel auf der Spitze ragte in der Mitte auf, halb rechts dahinter der Uhrturm mit den beiden Mohren, und links daneben die lang gestreckte Säulenhalle der Prokuratie. Im Vordergrund waren die beiden schlanken Säulen zu sehen, die rechte mit dem Löwen gekrönt, die linke mit San Todaro.
    »Das Bild ist sehr schön!«, sagte ich beeindruckt. »Es ist richtige Kunst!«
    »Das ist maßlos übertrieben, aber trotzdem vielen Dank. Es ist die Vorlage für ein großes Kulissenbild, das ich malen möchte.«
    »Für das neue Stück?«
    Sie nickte. »Ich dachte, die Piazza San Marco macht sich gut zum ersten Akt.«
    »Dafür ist es perfekt!«
    »Nochmals danke.«
    »Du hast dir viel Arbeit damit gemacht. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass du wieder malst.«
    »Stimmt. Nicht mal, als du heute Nachmittag direkt danebenstandest.«
    »Das kannst du mir nicht vorwerfen«, wehrte ich ab. »Wie soll ich dein neues Bild ansehen, während du mich mit falschen Anschuldigungen überhäufst?«
    »Das ist die Frage.«
    »Was ist die Frage?«
    »Ob sie so falsch waren. Ich habe mir gewiss nicht eingebildet, dass du nach der Bademamsell gerochen hast.«
    »Hättest du mir Gelegenheit gegeben, alles zu erklären, dann wüsstest du, warum ich so gerochen habe.«
    »Gut, jetzt hast du die Gelegenheit.«
    Es widerstrebte mir, mich vor ihr rechtfertigen zu müssen, doch um des lieben Friedens willen tat ich es und berichtete ihr mit knappen Worten, wie es sich zugetragen hatte. Um möglicher Kritik vorzubeugen, stellte ich es so dar, als hätte Adelina mein Gesicht ungeachtet meiner Gegenwehr an ihren Busen gedrückt. Doch das schien Elena erst recht zu erzürnen.
    »Du hast dich dagegen gesträubt ?« Sie starrte mich finster an. »Warum? War ihr Busen plötzlich so abstoßend für dich? Sonst glotzt du doch immer hin, als trüge sie rechts Manna und links Ambrosia.«
    Ertappt blickte ich zu Boden. Zu meiner Erleichterung drang sie nicht weiter in mich, sondern hob die Leinwand vom Boden auf.
    »Soll ich den Rest tragen?«, erbot ich mich.
    Sie nickte und ging voraus, während ich ihr mit der Palette, den Farbtöpfen sowie Pinseln und Spateln folgte. Ich hatte alle Hände voll zu tun, nichts fallen zu lassen, zumal ich bei der Dunkelheit kaum erkennen konnte, wohin ich meine Füße setzte. Elena – und mit ihr die Lampe – war schneller durch die Luke und über die Stiege nach unten verschwunden, als ich ihr folgen konnte.
    Im Dachgeschoss fiel mir ein Pinsel auf den Boden, und mit unterdrücktem Fluchen suchte ich danach. Schließlich gab ich es auf und tastete mich zur Treppe und dann hinunter ins Piano Nobile. Erst dort konnte ich wieder meine Umgebung erkennen, weil im Portikus ein Nachtlicht brannte. Die Tür zu Elenas Schlafgemach war offen, also ging ich ohne Umschweife hinein. Sie stand mit verschränkten Armen vor der Spanischen Wand, die ihre Bettstatt vom übrigen Raum abteilte. Die Lampe hatte sie zu ihren Füßen abgestellt.
    »Hier bringe ich deine Malsachen«, sagte ich.
    »Leg sie einfach dorthin.« Sie wies in die Ecke, wo sie auch die Leinwand abgelegt hatte.
    Ich musste mir zuerst einen Weg dorthin bahnen. Überall lagen und standen Requisiten herum: stapelweise Kisten, daneben aufgeklappte Truhen, aus denen Kostüme quollen, dahinter ein Tisch, auf dem die unterschiedlichen Masken der Zanni ausgebreitet lagen, ein anderer mit den Schminksachen, ein Regal mit den Musikinstrumenten, Ständer mit weiteren Kostümen und Tüchern in allen möglichen Farben und Größen, an die Wand gelehnt ein hoher Spiegel – dies war die verborgene Welt hinter der Bühne, mit all den Dingen, die zum Theater gehörten wie das Salz in die Suppe.
    »Viel Platz hast du nicht für dich allein«, meinte ich, nur um überhaupt etwas zu sagen. Tatsächlich nahm sich die Ecke, die Elena für sich abgeteilt hatte, im Vergleich zu der Größe des Raums und den Mengen der überall deponierten Requisiten recht bescheiden aus.
    »Vorher hatte ich noch weniger Platz. Du weißt ja, wie es in den Herbergen und Planwagen war. Ich kann mich nicht beklagen, eigentlich ist es wunderbar hier.«
    Ich legte ihre Malutensilien neben der Leinwand ab, und dabei fiel

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