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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Onkel Vittore, wie er tot vom Küchentisch rutschte. Jahre davor, daran erinnerte ich mich genau, hatte Onkel Vittore schon einmal so ausgesehen, kreidebleich, die Lippen blau und das Gesicht angstvoll verzerrt. Und genau wie Baldassarre hatte er die Hand gegen die linke Brustseite gepresst. Damals hatten wir unsere Reise nach Padua abbrechen und sofort nach Hause zurückkehren müssen.
    »Ich gehe die anderen holen«, sagte ich.
    »Halt!«, stieß Baldassarre mühsam hervor. »Das tust du nicht!«
    »Aber …«
    »Die Vorstellung muss weitergehen. Bringt mich nach unten.«
    Henry und ich schleppten den Alten die Treppe hinab ins Mezzà in meine Kammer, wo wir ihn auf meinen Strohsack betteten.
    »Ich gehe los, einen Medicus holen«, erklärte Henry.
    »So ein Unfug«, sagte Baldassarre, doch seine keuchendeStimme strafte seine Worte Lügen. »Ich muss bloß ein Weilchen durchschnaufen, dann bin ich wieder ganz auf der Höhe.«
    Zu meiner Erleichterung ließ Henry sich nicht beirren, sondern nickte mir nur stumm zu, bevor er davoneilte.
    Kaum war er gegangen, als Elena hereinplatzte, bleich vor Schreck. Hinter ihr erschien Iseppo, dem ebenfalls die Sorge im Gesicht geschrieben stand. »Rodolfo sagte, der alte Mann habe einen Schwächeanfall!«
    »Großvater!«, rief Elena. Sie eilte zu Baldassarre und kniete neben seinem Lager nieder. »Was ist geschehen?«
    »Nichts«, ächzte Baldassarre.
    Verzweifelt wandte sie sich zu mir um. »Es geht ihm schlecht! Seine Lippen sind ganz blau, und er kriegt kaum noch Luft!«
    Ich zog sie zur Seite und flüsterte ihr zu: »Ich glaube, er hatte einen Herzanfall. Du solltest ihn nicht noch zusätzlich aufregen.«
    »Aber jemand muss einen Medicus holen!«
    »Henry ist schon unterwegs.«
    »Ich weiß, was zu tun ist«, sagte Iseppo. »Bei Bruder Jacopo hat es auch immer geholfen.« Mit klappernden Zòccoli hastete er davon und kam gleich darauf mit einem Krug Grappa aus der Speisekammer wieder.
    »Bruder Jacopo hatte es ebenfalls am Herzen«, berichtete Iseppo, während er einen Becher vollschenkte und sich damit neben Baldassarre hockte. »Bruder Ottone – das war der Mönch, mit dem Bruder Jacopo die Zelle teilte – musste häufig unseren Prior rufen, weil er dachte, Bruder Jacopo benötige endgültig die letzte Ölung. Wie oft schon war der arme Bruder Jacopo so gut wie tot! Aber ein paar Schlucke hiervon, und er kehrte stets zu den Lebenden zurück!«
    Von Keuchen und Husten unterbrochen, nahm Baldassarre mit Iseppos Unterstützung einiges von dem Schnaps zu sich. »Wie geht es Bruder Jacopo heute?«, fragte er anschließend matt.
    »Äh …« Iseppo blickte hilflos zu mir auf.
    »Er ist ein ganz anderer geworden«, warf ich rasch ein. »Jahrelang kam er überhaupt nicht mehr von seinem Strohsack hoch. Aber mittlerweile ist jegliches Siechtum von ihm abgefallen.«
    »Her mit dem Grappa«, sagte Baldassarre. »Dann kann ich gleich wieder auftreten.«
    »Das kannst du nicht«, widersprach Elena. »Du bleibst ganz ruhig hier liegen!« Zu Iseppo sagte sie: »Geh hinauf und richte Cipriano aus, dass er den Zeus spielen muss, weil Großvater krank ist.«
    Iseppo gehorchte, was dazu führte, dass nacheinander alle Incomparabili, immer zwischen ihren Auftritten, in meine Kammer gestürzt kamen. Alle zeigten sich aufs Höchste besorgt. Den Frauen standen die Tränen in den Augen, sogar Franceschina, die mir sonst immer von eher robustem Gemüt erschienen war, wirkte verängstigt.
    Bernardo kniete neben Baldassarres Lager nieder und nahm seine Hand. »Alter Mann, wehe du lässt uns im Stich!«
    »Woher denn«, murmelte Baldassarre. »So schnell werdet ihr mich nicht los. Schon gar nicht ungebadet.«
    Bald darauf kam Henry mit dem Arzt zurück, einem steinalten, aber unbestreitbar kompetenten Männlein. Die Kompetenz erkannte ich daran, dass er nach einer gründlichen Untersuchung exakt dasselbe äußerte wie seinerzeit der Arzt, der Onkel Vittore behandelt hatte.
    »Der Patient hat einen Herzanfall erlitten«, erklärte er. »Er muss jede Aufregung meiden und sich schonen. Mindestens drei Wochen Bettruhe sind einzuhalten und Anstrengungen aller Art strikt untersagt.« Auf ein mitgebrachtes Stück Papier schrieb er eine Verordnung über besondere Heiltropfen, die in der Apotheke zu besorgen und dem Patienten regelmäßig einzuflößen seien. Des Weiteren empfahl er Haferschleim, roten Wein in kleinen Mengen und einen angewärmten Backstein an den Füßen, damit der Leib von unten her gut

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