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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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wie jemand, der zehn Jahre in derselben Zelle verbracht hat.
    »Woher wissen Sie das?« , fragte ich. Es war unmöglich, dass der Rechtsmediziner das so eindeutig festgestellt hatte. Nicht nach anderthalb Jahren.
    »Die Armbanduhr Ihres Vaters.« Douglas war zu lange in diesem Geschäft, um sich an seiner eigenen Cleverness zu weiden. »Sie zog sich von selbst auf. Der Uhrmacher sagt, solche Uhren laufen noch sechsunddreißig Stunden, nachdem ein Mensch aufgehört hat, sich zu bewegen. Wir haben zurückgerechnet.«
    Ich dachte an die Uhr meines Vaters und versuchte mich zu erinnern, ob sie eine Datumsanzeige gehabt hatte.
    »Wurde er erschossen?«, fragte ich.
    »In den Kopf«, erwiderte der Staatsanwalt. »Zweimal.«
    Ich erinnerte mich an den Schwesternkittel, der auf dem Kopf meines Vaters gelegen hatte, an die fahle Kurve des bloßliegenden Kieferknochens. Jemand hatte sein Gesicht bedeckt, nachdem er ihn umgebracht hatte — ein ungewöhnliches Verhalten für einen Mörder.
    Mills blieb vor dem breiten Fenster stehen und schaute über die Main Street zur örtlichen Bank hinüber. Es regnete leicht, und dünne graue Wolken bedeckten den Himmel wie Watte, aber die Sonne schimmerte noch hindurch, und ich dachte an meine Mutter und daran, wie sie mir immer erzählt hatte, Regen bei Sonnenschein bedeute, dass der Teufel gerade seine Frau verprügelt.
    Mills hockte sich auf die Fensterbank und verschränkte die Arme. Der Himmel hinter ihr verdunkelte sich; die Wolken wurden dichter. Die letzten Sonnenstrahlen verschwanden, und ich vermutete, dass die Frau des Teufels jetzt blutend am Boden lag.
    »Wir müssen uns Ezras Haus ansehen«, fuhr Douglas fort, und ich nickte. Ich war plötzlich müde. Nach einer kurzen Pause sprach er weiter. »Auch sein Büro. Wir müssen seine Akten durchsehen, um festzustellen, ob es jemanden gibt, der einen Grund haben könnte, ihm zu grollen.«
    Jetzt hob ich den Kopf, und plötzlich ergab das alles einen Sinn. Ezra war tot. Die Kanzlei gehörte mir, und das bedeutete, dass Douglas und die Cops mich brauchten. Wenn die Polizei die Mandantenakten eines Verteidigers durchwühlte ... na, das war das Gleiche, wie wenn ein Verteidiger an einem Tatort herumspazierte. Wenn ich ablehnte, würden sie einen Durchsuchungsbefehl brauchen. Dazu war eine Anhörung nötig, und ich würde wahrscheinlich gewinnen. Richter untergruben nicht gern das Vertrauensverhältnis zwischen Anwälten und Mandanten.
    Jetzt wurde mir klar, dass der Staatsanwalt sich all das schon überlegt hatte, bevor er mich am Tag zuvor in sein Büro gerufen hatte, und das machte mich unsagbar traurig. Ein Quidproquo unter Freunden ist eine hässliche Sache.
    »Lassen Sie mich darüber ein bisschen nachdenken«, sagte ich. Douglas nickte und warf Detective Mills einen rätselhaften Blick zu.
    »Wir haben die Kugeln gefunden«, sagte er. »Beide in dem Lagerraum. Eine in der Wand, die andere im Boden.«
    Ich wusste, was das bedeutete, und ich bezweifelte, dass Ezra den Lagerraum freiwillig betreten hatte. Man hatte ihn mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen. Der erste Schuss hatte ihn stehend getroffen; die Kugel war durch seinen Schädel in die Wand gefahren. Der zweite Schuss hatte ihn liegend erwischt. Der Mörder hatte sichergehen wollen.
    »Und?«, fragte ich.
    Wieder sah Douglas zu Mills hinüber und zupfte an seiner rechten Braue.
    »Die vollständigen Laborergebnisse liegen noch nicht vor, aber die Kugeln kamen aus einer .357er.« Douglas beugte sich nach vorne, und es sah aus, als täte ihm dabei der Arsch weh. »Wir haben das überprüft, Work. Ihr Vater besaß einen .357er Smith and Wesson-Revolver. Edelstahl.« Ich sagte nichts. »Wir brauchen diese Waffe, Work. Wissen Sie, wo sie ist?«
    Wieder wanderte seine rechte Hand nach oben zur Augenbraue. Ich dachte sehr gründlich nach, bevor ich antwortete.
    »Ich habe keine Ahnung, wo die Waffe ist.«
    Er lehnte sich zurück und legte die Hände in den Schoß.
    »Suchen Sie danach, ja? Und geben Sie uns Bescheid, wenn Sie sie gefunden haben.«
    »Mach ich«, sagte ich. »War's das?«
    »Ja«, sagte Douglas. »Das war's. Geben Sie mir nur gleich Nachricht, wenn Sie sich wegen der Akten entschieden haben. Wir müssen sie sehen, und ich würde den Richter lieber nicht damit behelligen.«
    »Das verstehe ich«, sagte ich, und das war die Wahrheit. Ich stand auf.
    »Moment noch«, sagte Mills. »Ich muss mit Ihnen über den Abend reden, an dem Ihr Vater verschwunden ist. Es gibt

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