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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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Sonnenschein und Regen, aber für eine gefallene Seele konnte ein Akt des Unrechts sich manchmal sehr richtig anfühlen, und das machte mir eine Höllenangst.
    Ich setzte mich ins Auto und ließ den Motor an, und als ich wieder unter den Bäumen hindurchfuhr, die diesen Ort bewachten, und Kurs auf den Park und nach Hause nahm, waren meine Gedanken dunkel vom Staub eines Ortes, den die Seele niemals aufsuchen sollte.

FÜNF
    I ch wollte nur noch meinen Anzug loswerden und ins Bett fallen, um jenseits der schwarzen, sandigen Bucht etwas Besseres zu finden, aber als ich in meine Straße einbog, sah ich, dass daraus nichts werden würde. Die aufsteigende Kurve der Zufahrt, die einen Mann in solchen Augenblicken eigentlich willkommen heißen sollte, funkelte von glänzenden schwarzen und silbernen Autos. Die Haie hatten sich versammelt. Die Freundinnen meiner Frau waren gekommen mit ihren Honigschinken und Eintöpfen und eifrigen Fragen. Wie ist er gestorben? Wie verkraftet Work die Sache? Und dann, mit gedämpfter Stimme, wenn Barbara nicht zuhörte: Worin war er verwickelt? Zwei Kugeln in den Kopf, habe ich gehört. Und dann noch leiser: Wahrscheinlich hat er es verdient. Früher oder später würde eine von ihnen sagen, was sie alle dachten: Gesindel, würden sie sagen, Abschaum, und ihre Augen würden glitzern über Lippen, die rissig waren von einem schmalen Lächeln zuviel. Arme Barbara. Sie hätte es wirklich besser wissen sollen.
    Aus Prinzip war ich nicht bereit, mich aus meinem eigenen Haus vertreiben zu lassen, aber mein Wagen weigerte sich, in die Zufahrt einzubiegen. Stattdessen fuhr ich zum Supermarkt neben der Highschool und kaufte Bier und Zigaretten. Ich wollte mit der Tüte ins Footballstadion gehen, auf die Tribüne klettern und mich über dem Rechteck aus braunem Gras langsam betrinken. Aber das Tor war verschlossen, und die Kette rasselte laut, als ich daran rüttelte. Also fuhr ich wieder zum Haus meines Vaters und trank in seiner Zufahrt. Ich hatte fast das ganze Sixpack gekillt, bevor ich es fertigbrachte, nach Hause zu fahren.
    Als ich in meine Straße einbog, sah ich, dass die Zahl der Autos noch gestiegen war, was meinem Haus eine unglückselig festliche Atmosphäre verlieh. Ich parkte zwei Häuser weiter und ging zu Fuß zurück. Drinnen fand ich die Meute, die ich erwartet hatte: unsere Nachbarn, mehrere Bekannte von außerhalb, Ärzte und ihre Frauen, Geschäftsleute und die Hälfte der örtlichen Anwaltschaft, darunter auch Clarence Hambly, der in vieler Hinsicht der größte Rivale meines Vaters gewesen war. Sofort zog er meinen Blick auf sich, denn er stand hoch aufgerichtet und verachtungsvoll da, selbst in dieser gut betuchten Gesellschaft; er stand mit dem Rücken zur Wand, einen Ellbogen auf dem Kaminsims, ein Glas in der Hand. Er war der Erste, der mich bemerkte, aber er schaute weg, als unsere Blicke sich trafen. Ich beachtete ihn nicht weiter — eine geringfügige Irritation — und sah mich nach meiner Frau um. Ich entdeckte sie am anderen Ende des Zimmers. Wenn ich sie so anschaute, konnte ich, ohne zu zögern oder nachzudenken, sagen, dass sie eine schöne Frau war. Sie hatte makellose Haut, hohe Wangenknochen und funkelnde Augen. Ihr Haar saß an diesem Abend so perfekt, als käme sie eben aus dem Salon, und in ihrem teuersten Kleid der letzten Saison sah sie umwerfend aus. Sie stand mit ihren regelmäßigsten Gefährtinnen zusammen, Frauen, deren Hände kalt waren von Juwelen und dünnem Blut. Als sie mich sah, hörte sie auf zu reden, und ihre Freundinnen drehten sich wie auf ein Kommando um. Ihre Augen sezierten mich und verharrten auf der Bierflasche, die ich mit hereingebracht hatte, und als Barbara ihren Kreis verließ, sagten sie kein Wort, aber ich stellte mir vor, wie ihre scharfen Zungen die Haut auf meinem bloßen Rücken zerfetzten. Ich zündete mir wieder eine Zigarette an und dachte an die Beerdigung, die ich noch zu planen hatte. Dann stand Barbara vor mir, und einen Augenblick lang waren wir miteinander allein.
    »Nette Party«, sagte ich und lächelte dann, damit meine Worte nicht ganz so grausam klangen.
    Sie drückte harte Lippen an meine Wange.
    »Du bist betrunken«, sagte sie. »Bring mich nicht in Verlegenheit.«
    Das wäre der Tiefpunkt gewesen, hätte sich Glena Werster nicht diesen Augenblick ausgesucht, um zur Tür hereingerauscht zu kommen. Sie ließ ein Lächeln aufblitzen, das ihre Zähne ölig aussehen ließ, und ihr schwarzes Kleid war kurz und

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