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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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eine Menge offene Fragen. Vielleicht sind da noch wertvolle Informationen.«
    Der Abend von Ezras Verschwinden war derselbe, an dem meine Mutter starb. Das war kein einfaches Thema für mich. »Später«, sagte ich. »Okay?«
    Sie sah den Staatsanwalt an, doch der schwieg.
    »Aber noch heute«, sagte sie.
    »Okay.« Ich nickte. »Heute.«
    Douglas blieb sitzen, als Mills die Tür öffnete.
    »Bleiben Sie in Verbindung.« Douglas hob die Hand, und Mills schloss die Tür vor meiner Nase. Draußen im Flur, wo Blicke wie Finger auf mich gerichtet waren, fühlte ich mich sehr allein.
    Ich schlich mich über die Hintertreppe nach unten und ging wieder durch das Gerichtsbüro. Jetzt war es fast leer. Ich nickte der Frau hinter dem drahtvergitterten Fenster zu. Sie ließ eine Kaugummiblase platzen und wandte sich stumm ab. Draußen versteckte die Sonne sich noch immer, aber der Regen hatte sich in einen feinen Dunst verwandelt, während ich mir nichts sehnlicher wünschte als einen prasselnden Wolkenbruch. Ich brauchte das Grau, das gleichmäßige Rauschen und Dröhnen des Wassers, das geradewegs aus dem Nichts herabfiel. Ich wollte Reinheit im Gesicht spüren, die Schwere eines irreparabel verdorbenen Anzugs am Körper. Ohne etwas zu entscheiden oder zu tun, wollte ich verschwinden, wollte unsichtbar werden und wenigstens für einen Hauch von Zeit irgendwohin, wo niemand mich kannte. Stattdessen bekam ich den Blick zweier Jungen ab, die vorbeigingen. Stattdessen wurde ich feucht.
    Es war noch nicht Mittag, als ich ins Büro kam, und meine Sekretärin sah beunruhigt aus, als ich sie nach Hause schickte. Sie packte ihr unberührtes Lunchpaket, einen Stapel Notizblöcke und ein Wörterbuch ein, und dann ging sie mit waidwundem Schritt hinaus. Ich wollte in Ezras privates Büro hinaufgehen und es durchsuchen, aber sein Geist versperrte mir auf der Treppe den Weg. Ich war sechs Monate nicht da oben gewesen und zu deprimiert, um der staubigen Pracht eines Königreichs aus Stroh entgegenzutreten, das so unverhofft mein eigenes geworden war. Eher brauchte ich einen unauffälligen Lunch und den Mut, mich dem Heim meiner Kindheit und der Erinnerung an gebrochene Gliedmaßen zu stellen, die wie ein bunter Teppich auf der Treppe lagen.
    Zwanzig Minuten fuhr ich durch die Gegend und suchte ein Lokal, das mir Anonymität bieten könnte. Irgendwann gab ich einfach auf und hielt am Drive-in-Schalter des Burger King. Ich aß zwei Cheeseburger und fuhr dabei zweimal am Haus meines Vaters vorbei. Es forderte mich heraus mit seinen dicken Säulen, den leeren, stumpf blickenden Fenstern und dem perfekten Alabasteranstrich. Mehr Burg als Haus, hockte es hinter Hecken und Buchsbaumbüschen, die mich an die Bunker erinnerten, die ich gesehen hatte, als Ezra mit uns zu den Stränden der Normandie gereist war. Mein Vater, das wusste ich, hatte mir dieses Ungeheuer hinterlassen, damit ich seinen Krieg gegen den Snobismus des alten Geldes in dieser Stadt fortführte, der den Lack seines Erfolgs in all den Jahren immer wieder stumpf gemacht hatte. Aber ich wusste, was ich schon immer gewusst hatte: Das würde nicht geschehen. Um einen Krieg zu führen, braucht man eine Überzeugung, und auch wenn ich verstand, welche Mächte meinen Vater getrieben hatten, konnte ich damit nichts anfangen. Es gibt viele Arten von Gift, und ich war kein Vollidiot.
    Ich bog in die Zufahrt ein, fuhr unter den gekreuzten Armen der Bäume hindurch, die wie Wächter am Wegrand standen, und zurück in die Vergangenheit. Meine Kindheit umgab mich wie zerbrochenes Glas. Schlüssel klirrten, und ich saß in der Stille, die darauf folgte. Ich sah Dinge, die nicht mehr da waren: mein erstes Fahrrad und Spielsachen, die längst kaputt waren. Einen Vater im Hochgefühl erster Triumphe. Meine Mutter, lebendig, noch glücklich im Angesicht von Jeans fragendem Lächeln. Ich sah das alles unvergilbt und unberührt vom Lauf der Zeit. Dann ein Lidschlag — und es war verschwunden, verweht wie Asche in einem plötzlichen Windstoß.
    Die Polizei war noch nicht da gewesen, und die Tür war lange nicht benutzt worden und ließ sich schwer öffnen. Drinnen schaltete ich die Alarmanlage aus und knipste auf meinem Weg durch das Haus die Lampen an. Eine dicke Staubschicht bedeckte den Boden und die Laken über den Möbeln meines Vaters. Ich sah alte Fußspuren, als ich langsam durch das Erdgeschoss wanderte, vorbei an den beiden Esszimmern, dem Wohnzimmer, dem Billardzimmer und der Tür zum

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