Der König der Lügen
ab; er hörte zu, legte auf und sah uns an, seine Kinder. Dann verließ er ohne ein Wort das Haus. Wir waren wie vom Donner gerührt und sprachlos. Jean ging gleich nach ihm. Ihren Gesichtsausdruck habe ich niemals vergessen. In der Tür drehte sie sich um, und ihre Worte schnitten wie Rasiermesser in meine Seele. »Ich weiß, dass er sie umgebracht hat. Und du sollst zur Hölle fahren, weil du ihn beschützt.«.
Es war das letzte Mal, dass ich Ezra lebend gesehen habe. Zehn endlose Minuten lang blieb ich in diesem Haus des Grauens, dem Haus der zerbrochenen Puppen. Dann ging ich auch. Ich fuhr zu Jean, doch ihr Wagen war nicht da, und niemand öffnete, als ich klopfte. Die Haustür war verschlossen. Ich wartete eine Stunde, aber sie kam nicht. Ich fuhr nach Hause und informierte meine Frau im besten Tonfall, den ich zustande brachte, über die Ereignisse des Abends. Dann trank ich noch etwas. Irgendwann brachte ich sie ins Bett und schlich mich hinaus. Den Rest der Nacht verbrachte ich auf der Stolen Farm und weinte an Vanessas Schulter wie ein gottverdammtes Baby. Im Morgengrauen schlich ich mich in mein Bett, kehrte meiner Frau den Rücken und sah zu, wie graues Licht unter den Jalousien hereinkroch. Ich lag völlig still und klammerte mich an Ezras Wahrheit, als ginge es um mein Leben. Damals dachte ich, es sei etwas wert, aber die Zeit kann ein mörderisches Biest sein.
Ich fühlte Schmerz und schaute auf meine Hände, die so fest geballt auf dem Rand der Küchenspüle lagen, dass sie blutleer waren. Ich ließ locker, und meine Hände brannten, aber der Schmerz war relativ. Gewaltsam schob ich die Bilder aus jener Nacht in die Vergangenheit zurück, wo ich sie so mühsam vergraben hatte. Ich war zu Hause. Bone war im Garten. Ezra war tot.
Ich hörte einen Motor draußen und ging zum Fenster der Wäschekammer. Ein Auto kam langsam die Einfahrt herauf. Als ich es erkannte, dachte ich an Schicksal und Unausweichlichkeit.
Mein Leben war zu einer griechischen Tragödie geworden, aber ich hatte getan, was ich tun zu müssen glaubte — um die Familie unversehrt zu erhalten, um zu retten, was davon übrig war. Ich hatte nicht wissen können, dass Ezra ermordet werden und dass Jean mich verachten würde. Aber Tatsachen haben einen unbestreitbaren Biss. Mutter war tot. Ezra auch. Nichts konnte daran etwas ändern, nicht meine eigenen Schuldgefühle, nicht ein lebenslanger Schmerz. Geschehen ist geschehen, und das war das verdammte Ende der Geschichte. Und so fragte ich mich wie schon oft: Was kostet die Erlösung, und wo kann ich sie finden?
Darauf wusste ich keine Antwort, und ich befürchtete, wenn die Zeit käme, würde ich nicht die Kraft haben, den geforderten Preis zu bezahlen. So stand ich in diesem hohlen Haus und versprach mir eins: Wenn das alles vorüber wäre und ich darauf zurückschaute, würde ich die gleiche Reue nicht noch einmal fühlen.
Ich betete um Kraft.
Dann ging ich hinaus. Detective Mills wartete in der Einfahrt.
ZWÖLF
» W ehe, Sie haben den Autoschlüssel in der Hand«, sagte Mills. Das von ihrer Windschutzscheibe reflektierte Licht ließ mich blinzeln. Ich streckte ihr die aufwärts gewandten Handflächen entgegen, um zu zeigen, dass sie leer waren.
»Beruhigen Sie sich«, sagte ich. »Ich will nirgendwohin.« Sie trug eine weite braune Hose, flache Stiefel und eine Sonnenbrille. Wie immer sah man den Pistolengriff unter ihrer Jacke. Es war eine Automatik, und der Griff war aus geriffeltem Holz. Das war mir bisher nie aufgefallen. Ich versuchte mich zu erinnern, ob Mills jemals auf jemanden geschossen hatte. Aber dessen ungeachtet zweifelte ich nicht daran, dass sie fähig war abzudrücken.
»Gott ist mein Zeuge: Ich weiß nicht, was ich mit Ihnen machen soll, Work. Wenn Douglas nicht wäre, würden wir dieses Gespräch auf dem Revier führen. Ich habe null Verständnis für Ihre Lahme-Enten-Nummer. Das ist Scheißdreck. Sie werden mir sagen, was Sie wissen, und zwar sofort. Ist das klar?«
Ihr Make-up schaffte es nicht, Anspannung und Erschöpfung auf ihrem Gesicht zu überdecken. Ich schüttelte eine Zigarette aus der Packung und lehnte mich an ihren Wagen. Ich wusste nicht, was sie aus all dem machte, aber ich hatte so eine Ahnung. »Wissen Sie, warum Verteidiger vor Gericht verlieren?«, fragte ich.
»Weil sie auf der falschen Seite stehen.«
»Weil sie dumme Mandanten haben. Das erlebe ich ständig. Sie sagen der Polizei Dinge, die sie nicht zurücknehmen können, Dinge,
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