Der König der Narren
Verloren sc h l a n g sie d i e A r m e um ihre angezogenen Knie und vergrub ihren Kopf darin. Sie versuchte den Kloß in ihrer Kehle h e runterzuschlucken, aber falls sie doch weinen m usste, wollte s i e n i cht, dass ein Fre m der wie Ti m otheus es s ah.
»Nun, nun«, m u r m elte Ti m otheus beschwichtigend und verlegen zugleich. »Sie können so lange bei uns bleiben, wie Sie wollen, junge D a m e. Bei uns sind S i e vor den L eonesen sicher.«
»Darum g e ht es doch überhaupt nicht!«, entgegnete Res heftig und blickte wieder auf. Dann versuchte sie sich zusam m en z uneh m en. Ti m otheus hatte es gut g e m eint, und sie wollte ihn nicht kränken. Leiser fuhr sie fort: »Danke für das Angebot, aber ich kann nicht bei Ihnen bleiben. Ich habe je m a nden getötet, das ist es.«
Die Katze sprang von dem Weid e nkorb herab, den sie bewacht hatte, und schlüpfte zwischen Res und Ti m oth e us. Sie drückte sich gegen Res, und Res spürte, dass sie fast unhörbar schnurrte.
Wenn sie nicht versucht hätten, dich einzusperren, wäre es nicht geschehen. Wir sind Jägerinnen, du und ich. Jägerinnen töten, wenn sie müssen. Aber hör diesmal auf mich und lass dich nicht unter das Wasser drücken, wo es nur einen Fluchtweg gibt, den ein anderer schließt und öffnet.
Aber ich will mich ausruhen, dachte Res. Du nicht auch? Ich will wenigstens eine Nacht in einem Bett verbringen.
Du bist nicht auf diese R eise gegangen, um dich auszuruhen.
Da m it hatte Schnurrspitz Recht. A ußerdem hatte ihre Mission bereits Leben gekostet. Das ließ sich vielleicht nicht entschuldigen, aber erklären, wenn sie weiter h in i h r Bestes ga b . Sie hatte kein Recht m ehr, weniger als alles zu geben.
»Ti m otheus«, sagte Res langsa m , » w enn es ihnen hier zu feucht ist, können die Leonesen das Meer nicht überquer e n, stim m t ’s? Und ihre W üste kann doch nicht an alle Ufer des Meeres grenzen, oder ? «
Ti m otheus schüttelte den Kopf und zupfte an seinem grünen Bart.
»Nein. Genau am gegenüberliegenden Ufer liegt Haruspex, eine rundum steinige Gegend. Aber die Leonesen sind zähe Burschen, wenn ihnen etwas wirklich wichtig ist. Ich schätze, dass einige von ihnen in der W üste W a c he halten w erden, für den Fall, dass Sie zurückkom m e n, während andere versuchen irgendeine Möglichkeit zu finden, um I hnen zu folgen.«
Er beugte sich zu ihr herüber. »Aber wollen Sie denn nicht die Wunder von Thalassa genießen? Das ist die schönste Stadt der W elt.
So etwas gibt es nicht noch ein m al, selbst die übrigen schw i m m enden Stä d te v erbla s sen im Vergl e ich. Und unser König wäre bestim m t froh, m ehr über dieses seltsa m e Nichts zu hören!«
»Ich würde Thalassa sehr, sehr gerne besuchen«, erwiderte Res aufrichtig, »und wenn d i e Gefahr vorüber ist, will ich es gewiss auch tun. Aber nun m uss ich weiter.«
Angespannt beobachtete sie sei n e Miene. W enn er sie nicht fortlassen wollte, wie die L eonesen, dann wusste sie nicht, wie sie ihn dazu zwingen sollte. Hier gab es keine Fackel, und er wirkte eindeutig stärker als sie. Gewiss, sie hatte im m er noch ihr Messer, aber sie wusste nic h t, ob sie es fertig brachte, nach je m andem zu stechen, jeden f alls nicht j e tzt, wo sie no c h die Stim m en der Leonesen im Ohr hatte: »Kannst toten Bruder ersetzen ? «
Die Katze zwischen ih n en beobachtete Ti m otheus m it der gleichen Auf m e r ksa m keit. Ihr Schweif peitschte hin und her, und an ihren zuckenden Pfoten erkannte Res, dass Schnurrspitz Ti m o t heus ins Gesicht springen würde, falls es nötig wäre.
Ti m otheus runzelte die Stirn, und die Ohren der Katze legten sich zurück. »Das«, begann er und klang sehr ungehalten, »tut m i r Leid. Aber«, er seufzte, »jeder W al f ührer verste h t , da s s im Zwei f els f all das allge m eine Wohl vorgeht. Glück auf die Reise, junge Da m e, und lassen Sie mich Ihnen w enigstens etwas von m einem Proviant m itgeben. Bei dem Zeug in Haruspex werden Sie es dringender brauchen als ich.«
Am liebsten wäre Res ihm vor E r leichterung um den Hals gefallen. Doch sie beschrän k t e sich dar a uf, ihn anzustrahlen und leidenschaftlich zu danken.
Während sie ihre Sachen zusam m enpackte, reichte Ti m otheus i h r etwas, das er »Algen m a r m elade auf Seegrasbrot« nannte und als besondere Köstlichkeit empfahl, s o wie einen Topf m it »Tintenfischgulasch«, bei dessen Anblick sich die gerü m p fte Nase der Katze in ein witt e rndes
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