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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Oberfläche drückte und m i t der einen Hand die Katze, m it der anderen den Reisekorb festhielt, ganz gleich, welche versichernden Zauber die W eidenleute gesponnen haben mochten. Sie hatte selbst das Ge f ühl zu f allen, m itten in das Blau hinein. Im let z ten A u genblick schob sich der Teppich unter den Sühneträger, doch das Gewicht, die Bodennähe und die Geschwindigkeit waren zu viel: Mit einem Ruck knallten sie auf den Boden.
    Dies m al verlor Res wenigstens nicht das Bewus s tsein. Ihr tat nur der ganze Körper weh, als sie sich mühsam aufsetzte. Etwas wie eine W oll f locke kitz e lte s i e dabei unt e r der Nase. Sie m usste niesen und begri ff , dass sie m itten in einem Indigowoll f eld geland e t war e n. Eine buttergelbe Schwanzspitze tauchte zwischen dem Blau auf, und sie hörte die Stimme der Katze protestieren:
    Das ist alles die Schuld dieses Irren! Er wird uns noch umbringen, wenn du ihn nicht loswirst!
    Zwei Hände griffen ihr unter d i e Schultern, und je m and zog sie hoch. Sie drehte sich um und blickte in das Gesicht des Sühneträgers, der ei n e zerknirsc h te M i ene m achte. Auch Res war wüte n d. Nicht nur, dass sie voll neuer blutiger Schram m en war und sich fühlte, als sei sie überall wund geschlagen worden; nicht nur, dass ihr Verband aufgerissen war und ihr kleiner Finger sch m erzte, als stünde er in Flam m en; Schnurrspitz hatte Rec h t sie h ä tten alle sterben können.
    » W as hast du dir nur dabei gedacht?«
    Das gelbliche Gesicht des Mannes legte sich in tausend kleine Falten. Seine Mundwinkel zuckten, und einen Mo m ent lang glaubte sie, er würde weinen. Dann teilten sich seine Lippen, und Res begriff, dass er lachte. Es war ein L a chen aus vollem Bauch heraus, tief und lauter als alles, was er bisher von sich gegeben hatte, so volltönend wie ein Bronzegong. Er klatschte in die Hände.
    »Denken, schenken!« Geschwind bückte er sich, pflückte einen der blaulila Wollblütenzweige und überreichte ihn Res. »Mädchen. In Landschaft. Mond scheint über dem See.«
    » W ir haben Tag, und die Sonne scheint!«, gab sie heftig zurück, doch sie spürte bereits, wie ihr Z o rn angesic h ts seiner un g ebrochen guten Laune verpuffte. Es war sin n los, wütend auf je m anden zu sein, der noch nicht ein m al begriff, dass man ihn anschrie.
    Er strahlte, und seine sch m alen, schräg geschnittenen Augen verschwanden beinahe. » S onne, W on n e. In Sassa f ranien. Jugend und Tugend. Alter Verwalter. Schlüssel Kading. Ping!«
    Res wandte sich ab und beg a nn den Teppich auszuklopfen und glatt zu streichen. Dabei fielen ihr ein paar rostrote Flecken auf, und sie scha u te erschreckt u nter dem Teppich nach, ob sie auf irgendein Wesen gestürzt waren, bis sie sich wieder erin n erte, dass es die Spuren ihres eigenen Blutes waren.
    Der Sühneträger fasste erneut i h re Schulter. »In Sassafranien«, wiederholte er drängend. »Jugend und Tugend. Alter Verwalter. Schlüssel K ading. Ping!«
    Sie schluckte einen weiteren ärg e rlichen Ausruf hinunter, als sich die W orte d es grau h aarigen Mannes in ihrem Kopf auf ein m al zu einem gewissen Sinn zusammensetzten.
    »In Sassafranien«, sprach sie lan g sam nach und runzelte die Stirn. Er wusste also zu m i ndest, wo sie sich befanden, was dem E i ndruck zuwiderlief, er sei ganz und gar unfähig, Zusam m enhänge herzustellen. »Hier gibt es den Schlüssel für das Betreten von Kading ? «
    »Ping!«, rief er glücklich und k l atschte ein weiteres Mal in die Hände.
    Du verschwendest deine Zeit mit diesem Blödsinn, sagte die Katze. Um das mehr als Off e nsichtliche zu wiederholen, der Mann ist verrückt.
    »Deswegen kann er trotzdem e t was W ahres wissen«, erwiderte Res. Sie schaute sich u m . Das Feld, in d e m sie gelandet waren, quoll von reifen blauen W ollblüten beina h e über, aber wenn sie die Augen zusam m enkniff, konnte sie ab und zu hoch- und niedergehende Hüte erkennen. H i er erntete je m and. Sie rollte den T eppich zusammen, schulterte den W eidenkorb und m ac h te sich auf den W eg zu dem nächsten wippenden Hut. Mann und Katze folgten ihr, wobei der Mann unverbrüchlich lächelte und die Katze nichts als Feindseligkeit ausstrahlte.
    Nun, da es wieder etwas anderes als Sch m erzen gab, auf das sie sich konzentrieren konnte, fiel Res der herbe, würzige Geruch auf, der über dem Feld lag. Dieser Geruch war ihr von der sassafranischen Indigowolle her nicht bekannt. Er m usste von den sch m alen,

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