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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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in Gedanken jeden einzelnen Herzschla g . Dann zeichnete sich über ihr eine dunkle Gestalt ab, die s i ch von der Klippe löste.
    »Teppich«, flüsterte sie, »jetzt! Flieg nach v o rn, so dass der Mann neben m ir landet!«
    Der Körper, der immer schnell e r herabst ü r z te, überschlug sich und wurde vom W i nd zur Seite gedrü c kt. Schon befand er sich unter ihnen, und einen entsetzten Augenblick lang glaubte Res, sie habe ihn verloren. Doch der Teppich ließ sich falle n , zog sc h räg an dem Fallenden vorüber und war endlich g e nau unter ih m . Res spürte die Erschütteru n g, als der Körper neben ihr au f prallte. Gleich ze itig e r schallte über ihr ein Protestgeschrei, und sie wusste, dass sie nun sicht b ar sein m usste.
    »Teppich, fort von hier, so schnell wie m öglich nach Süden!«
    Die Schreie und Flüche von oben w u rden lauter, als der T eppich wieder in die Höhe flog, und Res spürte einen scharfen Sch m erz an der Schulter.
    Sie werfen mit Steinen, stieß die Katze wütend hervor.
    Dann waren sie außer Reichweit e , und der Wind brachte nichts m ehr als salzige Luft m it sich, die von Ansalon herwehte. Res at m ete auf. Sie be u gte s ich zu d em z u s a mmengekauerten Mann und sah jetzt erst, dass m an ihm Hände und Füße gefesselt hatte. Als sie die erste seiner Fesseln löste, sc h l ug er d i e Augen auf. Sie hielt unwillkürlich inne, denn was sie tra f , war ein Blick ohne Erleichterung, ohne Dankbarkeit oder auch nur Erstaun e n darüber, dass er noch am Leben war. Stattdessen hatte sie das Gefühl, in einen Abgrund a us Verzweiflung zu stürzen.
    »Von d e m Tod in die Not«, seu f zte er. » W arum, daru m , kom m t u m . Kein Frieden je m als beschieden.«
    Wunderbar, sagte die K atze sä u erlich. Noch ein Esser, hat weniger Verstand als eine Feldmaus, und du hast dir wieder ein paar Feinde mehr gemacht. Wenn du das nächste Mal jemanden außer uns selbst rettest, dann lass es bitte jemanden sein, bei dem es sich lohnt.
     

 
KAPITEL 8
     
    Res hatte ursprünglich geplant, den Sühneträger irgendwo abzusetzen, wo er nicht m ehr in Gefahr war. Das schloss ga n z Haruspex aus, da sie nicht wusste, ob es in a n deren Dörfern äh n liche Bräuche wie in S to-Vo-Kor gab, und je m e hr Zeit verging, desto m ehr bezweifelte sie, dass irgendein anderer Ort in Frage ka m . Der Mann war vollkommen hilflos; als sie in einer Berghöhle übernachteten, weil s ie k e in weit e res Dorf au f su c hen wollte, stand er nur da, als w i sse er n i cht e i nma l , w i e man s i ch hinlegte. Sie m usste ihn füttern wie ein kleines Kind. Mit ihm zu s p rechen war eine ständige Geduldsprobe; nichts von de m , was er sagte, ergab einen Sinn, und er schien keine ihrer Fragen zu verstehen, noch nicht ein m al die nach seinem Namen. Als er di e Katze be m erkte, z e igte er m it dem Finger auf sie und stieß hervor: » W anderer böse!«
    Aber später, als Res ver s uchte e i nzuschlafen, nahm er einen angekohlten Zweig aus dem Lagerfeuer, das sie entfacht hatte, verbeugte sich vor der Katze und begann ihre U m risse an die Höhlenwand zu m alen. Die Katze i h rer s eits b eäugte ihn äußerst m i sstrauisch.
    Was macht er da? Das gefällt mir nicht! Nutzloser Streuner!
    »Ist m i r gleich, was er tut, sol a nge er es ruhig tut«, gab Res zurück, drehte sich zur Seite und h o lte endlich etwas lang entbehrten Schlaf nach.
    Als sie erwachte, ent d eckte sie, dass der Mann nicht nur die Katze an die W and g e m alt hatte, sondern auch ein Gewirr von einzelnen Ästen. Ve rm utlich sollten d a s die Hecken s e i n , hinter d e n en er gefangen gehalten worden war, dachte sie, a b er keine W eberin hätte Hecken so d argestellt; die Äste m it ihren zwei, d r ei Zwei g en griffen nie ineinander, sondern waren untereinander ge m alt, und manch m al ergaben sie sogar ein Viereck.
    Der Sühneträger lag so w eit vom Feuer entfernt wie m öglich, doch er zitterte im Schlaf, als sie zu ihm ging, um ihn zu wecken. Res schüttelte den Kopf. Man konnte i hn eindeutig nicht sich selbst überla s sen, aber wie sie je m and Vertrauenswürdigen finden sollte, der sich um ihn küm m erte, wenn s i e nirgendwo lange genug bleiben konnte, um sich einer solchen Person zu verge w issern, das wusste sie nicht.
     
    Noch ehe si e Haruspex hinter sich ließen, g esc h ah es, d ass Res zum ersten Mal selbst d as Nichts sah. Die Felsen unter ihnen begannen grau zu werden, was ihr zunäc h st nicht auffiel;

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