Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
Halle vorgefunden und geahnt hatte, was sie herführte. Noch ein letztes Mal wog er Für und Wider ab. Dann traf er seine Entscheidung. »Ich bin sehr geehrt, Gentlemen. Aber ich kann nicht.«
Die Enttäuschung stand deutlich in allen vier Gesichtern.
Die Besucher tauschten verstohlene Blicke und Botschaften. Dann fragte der alte Conduit: »Höre ich Bedauern und Zweifel in Eurer Antwort? Dürfen wir hoffen, Euch noch umzustimmen?«
Jonah schüttelte den Kopf. »Ihr hört Bedauern, aber keine Zweifel, Sir. Und wenn Ihr meine Offenheit verzeihen wollt, es verwundert mich ein wenig, dass gerade Ihr mir ein solches Amt antragt.«
Conduit lächelte und sah mehr denn je wie ein lustiges, fettes Schweinchen aus. »Weil ich ein Freund Eures Schwiegervaters bin, meint Ihr? Nun, wir mögen über mancherlei Dinge unterschiedlicher Ansicht sein, Master Durham, aber das hindert mich nicht daran, zu erkennen, dass Ihr der beste Mann für das Amt wäret, das niemals schwieriger war als gerade jetzt, da die öffentliche Ordnung zum Erliegen gekommen ist und die Menschen keine Moral mehr kennen. Darum bitte ich Euch inständig, erweist unserer Stadt diesen Dienst und nehmt an.«
»Ich kann nicht«, wiederholte Jonah ernst.
»Warum nicht?«, fragte Greene neugierig.
»Ich bitte Euch, mir die Antwort zu erlassen, denn meine Gründe sind rein persönlicher Natur. Es würde auch nichts ändern. Ich danke Euch für Euer Vertrauen, Gentlemen, aber ich muss Euch enttäuschen.« Und an Pulteney gewandt setzte er hinzu: »Warum tust du es nicht, Richard?«
»Ich?«, fragte der überrumpelte Kaufmann verdattert und legte die Hand auf die Brust, als wolle er sich vergewissern, dass tatsächlich er gemeint war. »Oh, um Himmels willen, Jonah, ich bin nicht mein Vater. Du würdest das Gesindel in dieser Stadt das Fürchten lehren und viele Dinge verbessern. Ich kann so etwas nicht.«
»Dessen wäre ich nicht so sicher«, widersprach Jonah, aber entgegen seiner Hoffnung nahm keiner der Gäste den Vorschlag auf. Sie blieben noch ein Weilchen sitzen und unkten mit finsteren Mienen über die haltlosen Zustände auf den Straßen, ehe sie sich verabschiedeten und niedergeschlagen heimgingen.
Alle bis auf Martin Greene. »Wenn Ihr noch einen Augenblick Zeit habt, Sir, ich hätte noch etwas Privates mit Euch zu erörtern.«
Kate und ihr Balg, dachte Jonah ohne jede Begeisterung. Doch er nickte ergeben, geleitete die übrigen drei Besucher hinaus und kehrte dann zu seinem einstigen Paten zurück. »Also? Ich hoffe, Ihr wollt mich nicht ins Gebet nehmen und versuchen, mir das Amt doch noch aufzuschwatzen.«
»Es hätte ja doch keinen Sinn, nicht wahr?«
»Nein.«
Greene nickte nachdenklich und seufzte vorwurfsvoll. Als er feststellte, dass er damit keine Reaktion hervorrief, gab er es auf, trank einen ordentlichen Schluck aus seinem Becher und leckte sich genüsslich die Lippen. »Wunderbarer Tropfen.«
»Danke.«
»Meine Kate schämt sich abgrundtief, wisst Ihr. Ja, ich sehe an Eurem Gesicht, dass Ihr meint, das sollte sie wohl. Und vermutlich habt Ihr Recht. Aber sie ist fast noch ein Kind. Und ich bin froh, dass sie noch lebt.«
Jonah nickte.
»Sie wagt sich nicht her. Werdet Ihr mir verraten, wie das Testament aussieht?«
»Er hat ihr die Hälfte seines beträchtlichen Barvermögens hinterlassen. Die Hälfte seiner Geschäftsanteile dem Kind, das sie erwartet, falls es am Leben bleibt, andernfalls ihr. So oder so stehen sie unter meiner treuhänderischen Verwaltung, solange ich es für richtig erachte, und ich habe das Vorrecht, Kate oder das Kind zu jedem Zeitpunkt innerhalb der nächsten zwölf Jahre auszuzahlen, was ich übrigens morgen tun könnte.«
Greene schien nicht überrascht. »Ich nehme an, das ist ein Vertrag, den Ihr und Crispin Lacy geschlossen habt, um zu verhindern, dass Ihr gegen Euren Willen seine Erben als Kompagnons dulden müsst?«
»Richtig. Ihr könnt versuchen, dagegen anzugehen, aber da sehe ich schwarz. Sharshull, der heute Richter am königlichen Gerichtshof ist, hat ihn aufgesetzt. Der Vertrag ist unanfechtbar.«
Greene zog verwundert die Brauen hoch. »Mein lieber Durham … nichts läge mir ferner. Oder Kate. Sie hat eine Todesangst vor Euch und möchte ganz gewiss nicht Eure aktive Teilhaberin werden.«
Gut, dachte Jonah.
»Und verratet Ihr mir, wer die andere Hälfte bekommt?«
»Das ist kein Geheimnis. Cecil, unser Lehrjunge.«
Greene fiel aus allen Wolken. » Euer Sohn?«
Jonah schüttelte
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