Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
Schläue, würde er wohl sagen.«
    Der Gildemeister betrachtete ihn mit äußerstem Befremden. »Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr mich noch überraschen könntet,Durham, aber das … Es ist abscheulich. Wie könnt Ihr nur? Herrgott, Ihr seid Warden und Alderman und einer der angesehensten Kaufleute dieser Stadt. Ja, seid Ihr denn von Sinnen, Mann?«
    »Ich glaube, es ist nicht ganz so, wie Ihr denkt«, entgegnete Jonah kühl. »Francis Willcox hat mir in einer Notlage zufällig einmal einen Dienst erwiesen. Als Gegenleistung forderte er einen Gefallen.« Jonah erzählte den Rest in wenigen Worten.
    Greene schien ein wenig besänftigt, aber immer noch erschüttert.
    »Sir, Ihr könnt Euch vermutlich nicht vorstellen, wie verzweifelt Harry Willcox nach einem Weg gesucht hat, einen anständigen Beruf zu erlernen«, warf Cecil schüchtern ein. Er hielt den Blick auf die Tischplatte gerichtet, hob ihn nur ganz kurz, um sich zu vergewissern, dass Greene ihm zuhörte, dann schlug er die Augen wieder nieder und stützte den linken Arm mit der Rechten. »Ich glaube, ich kenne keinen anderen Menschen, der so leidenschaftlich ehrlich ist, denn Ehrlichkeit ist ein Luxus für ihn. Sein Vater … ich weiß, es klingt irrsinnig, aber sein Vater hat ihn verhöhnt und gedemütigt und verprügelt, weil er nicht stehlen wollte. Es war eine Erlösung für ihn, als mein Onkel ihn aufnahm.« Er sah Martin Greene wieder in die Augen. »Die Söhne können doch nicht ein Leben lang für die Sünden der Väter büßen, oder, Sir? Wäre das nicht furchtbar unrecht?«
    Das unsicher vorgebrachte Plädoyer rührte Martin Greene nicht zuletzt, weil er sehr wohl verstand, dass dieser unglückliche Junge nicht nur von Harry Willcox’ Vater sprach. Er ertappte sich dabei, dass sein strenges Stirnrunzeln sich in ein mildes Lächeln verwandelte. »Doch, Cecil, das wäre in der Tat ein großes Unrecht.« Und an Jonah gewandt fügte er hinzu: »Verzeiht mir, ich habe vorschnell geurteilt.«
    Jonah hob ergeben beide Hände. »Ich gebe zu, dass es unorthodox war, den Jungen zu nehmen. Aber alles, was Cecil gesagt hat, ist wahr. Ich hätte keinen besseren unter den Söhnen der Gildebrüder finden können. Wenn ich jedoch Sheriff würde, müsste es mein oberstes Ziel sein, den Vater meines einstigen Lehrlings an den Galgen zu bringen, und das kann ich nicht tun,denn Ihr sagt gern und häufig, Sir, dass auch ein Meister seinem Lehrling verpflichtet ist, nicht nur umgekehrt.« Außerdem mochte er Francis den Fuchs, aber er fand, es hätte an Selbstgeißelung gegrenzt, das hier und jetzt einzuräumen.
    Greene nickte versonnen. »Ja. Jetzt begreife ich in der Tat, warum Ihr abgelehnt habt. Es war der einzig ehrenhafte Weg.« Er erhob sich seufzend. »Alsdann. Zeit, dass ich heimgehe. Bei Dämmerung sind die Straßen ja schon nicht mehr sicher. Wir sehen uns morgen früh bei Gericht, Durham.«
    Jonah begleitete ihn zur Tür. Als sie in den Hof traten, erklärte er: »Nehmt es mir nicht übel, wenn ich nochmals darauf zurückkomme, Master Greene, aber Harry Willcox’ Zukunft und mein Ansehen hängen von Eurer Verschwiegenheit ab.«
    Greene verzog amüsiert den Mund. »An Eurer Stelle hätte ich das auch noch einmal betont. Äußerst heikle Geschichte. Aber seid unbesorgt. Bei mir ist Euer Geheimnis gut aufgehoben.«

Sevenelms, Juni 1349
     
    D ie Hälfte der Schafe ist eingegangen. Eines Morgens im April kam ich auf eine Weide dort drüben am Südhang, und eine ganze Herde von mehr als fünfhundert Tieren war verendet. Über Nacht.« David Pulteney hob hilflos die Hände, die er im Schoß verschränkt gehalten hatte. »Natürlich habe ich die Vliese abziehen lassen, ehe wir die Kadaver verbrannt haben, aber letztlich ist es alles nur Sterblingswolle. Und es wird Jahre dauern, ehe unsere Bestände sich erholt haben.«
    Jonah nickte. »Hatten sie Beulen?«, fragte er.
    »Was?«
    »Die Schafe. Hatten sie Pestbeulen?«
    »O ja. Sie sind genauso elend verreckt wie die Menschen. Und die Pferde, die Kühe, die Hunde und so weiter. Warum fragst du?«
    Jonah winkte ab. Nur aus Neugier. Er dachte immer noch vielüber die Pest nach, auch wenn es jetzt vorbei war. Zumindest in England. Dafür wütete die Seuche nun in Schottland, hieß es. Es war genauso gekommen, wie er vermutet hatte: Kaum hatten die Schotten die Grenze überquert, um in Northumberland einzufallen, hatten sie sich angesteckt, waren entsetzt umgekehrt und hatten den schwarzen Tod heim zu ihren Frauen

Weitere Kostenlose Bücher