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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Becq und Saint-Leger ergriff er das Hasenpanier.«
    »Aber, du Becq, Saint-Leger, Soyecourt, sind das nicht ein bißchen viele Feiglinge unter den Festungskommandanten Seiner Majestät? Wie kommt das?«
    »Nun, da wurde in Friedenszeiten auf die Empfehlung dieses oder jenes Marschalls so einem Schwachkopf eine Festung anvertraut, ein Pöstchen, das die Offiziere und Männer auf die Dauer faul und schlampig gemacht hat. Sie lebten so wohlversorgt in den Tag hinein, daß sie den Krieg vergaßen, und als er vor ihrer Tür stand, verloren sie die Besinnung und nahmen Hals über Kopf Reißaus.«
    Um auf unsere Gerichtsräte zurückzukommen, so festigte die Einnahme von Corbie mehr und mehr ihre Vorstellung, daß der Spanier uns besiegen werde, und sie beschlossen, gegen den König und den Kardinal Front zu machen. Ich war bei der Sitzung anwesend, auf der man sich entschied, die königlichen Finanzedikte nicht zu registrieren. Der Sieg Spaniens, sagte Monsieur de Mesmes, werde eine Erhöhung der staatlichen Mittel überflüssig machen. »Wenn man aber ernstlich Gelder sucht«, fuhr er, deutlich den Kardinal attackierend, fort, »kann man sie in Brouage und Le Havre finden.«
    Ich erhob mich und widersprach mit allem Nachdruck.
    »Monsieur de Mesmes, erlaubt mir zu sagen, daß Eure Unterstellungen hinsichtlich des Kardinals ebenso unbegründet wie unzulässig sind. Die Gelder, die in den Hafenstädten Le Havre und Brouage ausgegeben wurden, dienten einem guten Zweck, mit vollständiger Billigung Seiner Majestät. Le Havre wurde verstärkt, um möglichen Angriffen der Engländer standzuhalten, die nach dem Verlust von Calais Lust haben könnten, sich eines anderen unserer Häfen zu bemächtigen. Und Brouage wurde auf ausdrückliche Anordnung des Königs ausgebaut, der dort eine große Werft errichten will, um die Seemacht des Reiches zu stärken.«
    Monsieur de Mesmes schwieg nach dieser Rede still, doch zu meiner Überraschung wurde sein Gedanke nicht etwa aufgegeben. In höflicherer Form und nicht mehr direkt auf Richelieu gemünzt, brachte der Erste Präsident den Antrag ein, der denn auch mit einer knappen Mehrheit angenommen wurde, eine Abordnung zum König zu schicken, die ihm sagen solle, »seine Diener auf dem Gebiet der Finanzen dienten ihm schlecht.« Dies war höchst schimpflich für Monsieur Bouthillier, den Oberintendanten der Finanzen, ebenso aber für Richelieu, der vor allem gemeint war.
    Der König wartete nicht, bis der Gerichtshof ihn bat, seine Abordnung zu empfangen. Er rief zehn der Herren namentlich in den Louvre, darunter den Ersten Präsidenten und natürlich Monsieur de Mesmes.
    Ihr Empfang im Louvre war eisig.
    »Meine Herren«, sagte der König, »ich hatte bereits Anlaß, Euch zu sagen, daß Ihr Eure Rechte überschreitet. Dies ist ein monarchischer Staat. Ihr seid ernannt worden, ich wiederhole es, um Streitfälle zwischen Peter und Paul zu schlichten und um meine Edikte zu registrieren. Es steht Euch nicht zu, Euch mit den Staatsgeschäften zu befassen, und ich verbiete Euch, künftig darüber zu beraten.«
    Dies wurde mit so beeindruckender Majestät gesprochen, daß keiner der Räte den Mund aufzutun, geschweige den König anzusehen wagte, der sich nach einer Weile, die ihnen sehr lang erschienen sein dürfte, an Richelieu wandte und ihn fragte, ob er den Herren etwas sagen wolle.
    »Das will ich, Sire«, sagte Richelieu, »und ich danke Euch, daß Ihr mir dazu Gelegenheit gebt.«
    Er ließ seinen Blick über die Gerichtsherren schweifen, dann sprach er mit gemessener Stimme, die seltsamerweise trotzdem wie ein Peitschenhieb klang.
    »Ich verstehe nicht, meine Herren, warum Ihr Euch gegen mich aussprecht, der ich dem Staat so viele Dienste geleistet habe.«
    Schweigen herrschte.
    »Doch warum sehe ich Monsieur de Mesmes nicht?« fuhr Richelieu fort.
    »Hier bin ich, Herr Kardinal«, sagte Monsieur de Mesmes, der sich, klein und schmächtig, hinter dem breiten Rücken eines Kollegen verborgen hatte.
    »Hier bin ich, Eure Eminenz«, wiederholte Monsieur de Mesmes und trat blaß und zitternd aus der Reihe.
    »Nun, Monsieur de Mesmes«, sagte Richelieu, »redet! Sagt frei Eure Meinung, was mich betrifft, damit ich Euch mit guten Argumenten antworten kann.«
    Monsieur de Mesmes blieb stumm wie ein Karpfen, wobei er sich gewiß fragte, ob er an diesem Abend nicht schon in der Bastille schlafen müsse. Richelieu sah ihn jedoch ruhig, höflich und geduldig an, so als könnte Monsieur de Mesmes seine

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