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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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überschreiten, stünde ihm Pontoise offen, die Stadt, die der König als das Einfallstor zu Paris betrachtete.
    Um auf unsere widerspenstigen Hammel, die Gerichtsherren, zurückzukommen, so bestellte der König sie diesmal nicht in den Louvre, nein, sie mußten die lange und kostspielige Fahrt nach Versailles auf sich nehmen, kostspielig insofern, als der Hafer für die Pferde, der großenteils von der Armee in Beschlag genommen worden war, mittlerweile unermeßliche Preise erreichte.
    Damit waren die Unglücklichen aber nicht am Ende ihrer Pein. Kaum hatten die Kutscher fluchend und schimpfend ihre Karossen auf dem Hof von Versailles eingestellt, als ein sintflutartiger Regen niederging, und die Herren, die hastig ihre Roben rafften, gelangten naß wie die Barsche ins Schloß, was ihre Würde ziemlich beeinträchtigte und ihr Unbehagen vermehrte, ahnten sie doch, daß der König sie diesmal mit den Nasen in ihren Unrat tunken würde.
    »Meine Herren«, sagte der König, »ich bin höchlich erstaunt, wie lange Ihr braucht, meine Edikte in die Tat umzusetzen. Alle meine Unternehmungen leiden unterm Geldmangel. Wenn Ihr wüßtet, was Soldaten tun, wenn sie keinen Sold erhalten, würdetIhr Euch anders besinnen. Das Geld, das ich fordere, will ich nicht verspielen, nicht für Torheiten vergeuden. Nicht ich spreche hier, sondern mein Staat. Alle, die meinem Willen zuwider handeln, schaden mir mehr als die Spanier.«
    Abermals schwebte der schwarze Vogel des Verrats über den gesenkten Häuptern der Gerichtsherren. Nach langem Schweigen nahm der Präsident das Wort.
    »Sire«, sprach er nach tiefer Verneigung, »wir versprechen Euch, Eure Forderungen künftig genau zu erfüllen.«
    »Versprechen!« sagte Richelieu mit eisiger Stimme. »Eure Versprechen genügen nicht, wir brauchen Taten. Der König erwartet die pünktliche Ausführung seiner Edikte!«
***
     
    Um aufs Schlachtfeld zurückzukommen, so wurden dort notwendige, aber für die Bevölkerung grausame Maßnahmen getroffen. Zwischen Somme und Oise wurden sämtliche Mühlen und Gemeindebacköfen zerstört, auch die Brücken über die Oise wurden gesprengt und die Furten ausgeschachtet, um sie unpassierbar zu machen.
    Als glücklich erwies sich, daß der König die Dinge in die eigenen Hände nahm. An der Spitze einer Armee verließ er seine Hauptstadt und begab sich an die Oise-Linie, Richelieu blieb in Paris, um die Verwaltung zu sichern. Zu Catherines großer Betrübnis und Verzweiflung war ich mit von der Partie, Ludwig benötigte mich als Dolmetsch für den Fall, daß er mit den Kaiserlichen zu verhandeln hätte. Wie jedesmal sah Catherine mich schon gefallen, eine Kugel im Herzen, so wie der arme Prinz von Guéméné.
    An der Oise angelangt, zog der König den Fluß Etappe für Etappe entlang, und im Verlauf seiner eingehenden Inspektion traf er auf zwei Furten, die nicht vertieft worden waren. Er rief die für dieses Versäumnis verantwortlichen Offiziere und kanzelte sie hart ab. »Meine Herren«, sagte er, »eine einzige Furt vergessen heißt alle vergessen, weil der Feind hinüberkann.«
    Daß der König selbst an die Oise-Front kam, mit einer Armee, mit Lebensmitteln, Pulver, Lunten und Geschützen, weckte in den Soldaten wieder den Kampfesmut. Bislang hatte die Armee dem Grafen von Soissons unterstanden, dem Ludwigseinen Bruder Gaston beigesellt hatte. Das war, wie sich zeigen wird, keine gute Wahl.
    Als der König sein Lager in Chantilly aufschlug, fand ich Quartier bei einer sehr schönen Dame, deren Gemahl auch in Italien gefallen war. Sie hatte glühende schwarze Augen, einen großen Mund und sehr üppige Haare. Nicht daß sie viel Worte machte, doch ihre verlangende Miene, wenn wir bei Tische saßen, gab mir heftig zu denken. In der ersten Nacht verriegelte ich meine Zimmertür. In der folgenden Nacht fehlte aber der Riegel, und ich begriff, was das zu bedeuten hatte. Ich erwog, meine Tür mit einer daneben stehenden schweren Truhe zu versperren. Mein böser Geist flüsterte mir jedoch, daß es eines Edelmanns unwürdig wäre, einen zärtlichen Ansturm schnöde abzuweisen, auch wäre es eine grobe Unhöflichkeit gegenüber einer so aufmerksamen Wirtin, und so verzichtete ich darauf, mich zu verbarrikadieren. Und weil zu so später Stunde sich kein einziger Dienstbote zeigte, vergaß ich gutwillig, daß ich Herzog und Pair war, und kleidete mich eigenhändig aus, wusch und bürstete mich geschwind. Dann legte ich mich nieder. Da meine Tür ohne

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