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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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giftigen Anwürfe gegen ihn tatsächlich und vernünftig rechtfertigen. Die stumme Szene währte eine Minute und wurde für alle so peinlich, daß wir dem Ersten Präsidenten Dank wußten, als er sie beendete.
    »Sire, in Gegenwart Eurer Majestät sind wir gehalten, alles anzuhören, und wir sind gleichfalls gehalten, hierauf nichts zu erwidern.«
    Das war nicht ungeschickt, das Schweigen von Monsieur de Mesmes erhielt seine protokollarische Begründung. Der König hatte jedoch zuviel auf dem Herzen, um nicht das letzte Wort zu behalten.
    »Meine Herren«, sagte er in scharfem Ton, »ich denke, das Corps des Gerichtshofes ist im allgemeinen gut, aber ich sehe klar, daß es unter Euch einige gibt, die Spanier sind.«
    Was soviel hieß wie Verräter. Hierauf zog sich die Abordnung der Herren, notdürftig in die Fetzen ihrer Würde gehüllt, zurück.
    Der Zorn des Königs auf die Gerichtsherren besänftigte sich auch in den folgenden Tagen nicht. Er wetterte gegen ihre Heimtücke,ihre Böswilligkeit, ihre Anmaßung, den Staat mitregieren zu wollen. Dafür erheiterte er sich, als er im Louvre die Pariser Zunftmeister zusammenrief. Die wackeren Leute warfen sich ihm zu Füßen und boten ihre Habe und sich selbst für das Heil des Reiches an. Ludwig war zu Tränen gerührt und umarmte die Nächststehenden. Das sprach sich herum. Alte Soldaten, die noch Henri Quatre gekannt hatten, sagten, von der Vorliebe für die Weiblichkeit abgesehen, sei Ludwig doch wie sein Vater, jedermann zugewandt und im Krieg, wie man es in Italien sah, besorgt um die Gesundheit und das Brot des Soldaten.
    Die große Bereitwilligkeit des Pariser Volkes war kein Strohfeuer. Den Befehlen des Königs gehorchend, stellten Maurer, Zimmerleute, Dachdecker und andere Gewerke jeweils einen Gesellen, um ihn zum Soldaten zu machen. Manche größere Werkstätten statteten ihren Gesellen überdies mit Pike oder Muskete aus, um den Reichsschatz zu schonen. Beiläufig gesagt, standen Waffen in Paris zum freien Verkauf, allerdings, um der Spekulation zu wehren, zu festgeschriebenen Preisen.
    Die Armen oder Arbeitslosen wurden aufgerufen, die Wälle der Hauptstadt instand zu setzen, eine gewaltige Unternehmung, die von anerkannten Architekten geleitet wurde. Die armen Leute vollbrachten Wunder, schufteten von früh bis in die Nacht. Wofür sie Brot und Wein nach Begehr und sogar noch drei Sous am Tag erhielten. Sie reinigten die Laufgräben, richteten die Mauern wieder auf und verstärkten die fünfzehn Stadttore, die ab sofort bei Tag und Nacht von Soldaten bewacht wurden. Obwohl dafür die verläßlichsten ausgewählt wurden, drohten den »Gaunern und Schurken«, die sich herbeilassen sollten, dem Feind die Tore zu öffnen, harte Strafen.
    Gleichzeitig ließ der König, des grausamen Hungers der Hugenotten im belagerten La Rochelle eingedenk, genug Korn einlagern, um die Pariser Bevölkerung wenigstens ein Jahr zu versorgen. Und das war soviel, daß die Speicher nicht ausreichten und daß man die Vorräte, gut verschlossen und bewacht, in Kirchen, Klöstern, Palais und sogar im Louvre verwahrte.
    Von der Pflicht, Gesellen zur Armee abzustellen, waren nur die Waffenfabrikanten ausgenommen. Diese erhielten vom König beträchtliche Aufträge, vor allem für Kanonen, die denn auch ihr gut Teil beitrugen, als die von den Spaniern eroberten Festungen zurückerobert wurden.
    Die Waffenaufträge, die nahezu allgemeine Mobilmachung, die gewaltigen Kornvorräte, die großen Befestigungsarbeiten schröpften den Schatz in einem solchen Maße, daß sogar diejenigen, die den König hinter vorgehaltener Hand für die Münzbeschneidung geschmäht hatten, deren Nützlichkeit einräumten; anders wären die hohen Kosten gar nicht zu bestreiten gewesen.
    Trotzdem, Ludwigs Barschaft schmolz und schmolz. Hatte er denn aber nicht im Januar 1637 den Gerichtshof beauftragt, Edikte zu registrieren, die ihm zusätzliche fünfzehn Goldmillionen einbringen sollten? Seitdem waren vier Monate vergangen, und trotz mehreren Aufforderungen hatte sich noch immer nichts getan.
    Der Feind hatte inzwischen die Somme überschritten, besetzte oder bedrohte die festen Städte, die von alters her den Fluß verteidigten: Amiens, Corbie, Péronne und Roye. Der Graf von Soissons, vom belagerten Dole abberufen, hatte zu wenige Männer, um sich der kaiserlich-spanischen Armee frontal entgegenzuwerfen. Doch lautete sein Befehl, die Oise-Linie um jeden Preis zu halten, denn könnte der Feind die Oise

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