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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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kaum hörte Gaston, daß der König sich mit einer Armee nahte, schickte er ihm eiligst eine Stafette entgegen mit der inständigen Bitte, nur bis Orléans zu kommen, er selbst werde von Blois aufbrechen, um sich mit ihm zu einigen.
    Nach dieser Botschaft war alles nur mehr Idyll. Beide Brüder spielten, mit gleicher Bewegung, aufs neue die bewährteVersöhnungsszene nebst Umarmungen und elegant gedrechselten Phrasen als Unterpfand ihrer unverbrüchlichen Liebe. Selbstverständlich gab ihm der König nicht die vielmals gewünschte Festung, aber Gastons Schulden – Ergebnis seiner ausschweifenden Lebensführung – wurden bezahlt. Auch wurde ihm die Freigabe seiner gesperrten Bezüge zugesagt und obendrein die gewaltige Summe von hunderttausend Livres versprochen, zum Ausbau von Schloß Blois. Zu guter Letzt erkannte der König seine Eheschließung an, allerdings sollte diese erst vollkommen legalisiert werden, wenn es ihm gefiele, sie im Louvre zu feiern. Es mag erstaunen, daß Gaston sich mit einer Klausel begnügte, die die Vereinigung mit seiner Gemahlin auf unbestimmte Zeit verschob, doch fiel ihm das Warten in Blois nicht allzu schwer.
    Bemerken will ich, daß dem König in Orléans, wo er von Mademoiselle de La Fayette getrennt war, »die Abende sehr lang« wurden und daß er unter ihrer beider Entfernung litt. Und mir kam der Gedanke, daß die beiden Brüder, zu einem Wesen verschmolzen, einen vollkommenen Liebhaber abgegeben hätten, mit des einen Leib und des anderen Herz.
    Was den Grafen von Soissons anging, den die Angst in Sedan festhielt, fanden der König und der Kardinal eine glückliche Lösung. Der König gab eine – vom Gerichtshof unterfertigte – Erklärung ab, die Soissons und seinen Dienern die Amnestie versprach, sofern sie binnen vierzehn Tagen zu ihrer Pflicht zurückkehrten.
    Doch Soissons war ein zu großer Tor, um sich diese Gunst zunutze zu machen. Statt dessen blieb er bis 1641 in Sedan, und der Kardinal überzeugte den König, daß es besser sei, wenn der Unruhestifter sich fern von Paris betätigte, vor allem aber fern von Blois.
    Er täuschte sich nicht, denn wenig darauf versammelte Soissons jene Großen um sich, die den Kardinal beseitigen wollten, die Herzöge La Valette, Guise und Bouillon.
    Das Komplott war für unsere Feinde ein gefundenes Fressen. Die Kaiserlichen stellten den Aufrührern siebentausend Mann, und die Spanier versprachen Gelder. Doch obwohl man von Brüssel einen Herrn zu Gaston entsandte, um ihn für die Koalition zu gewinnen, lehnte er nicht nur ab, sondern verhaftete jenen Herrn. Und er tat gut daran. Denn in Wahrheit war esein Agent des Kardinals, der hierdurch prüfen wollte, ob Gaston zu seinen Schwüren stehe.
    Der König schickte achttausend Mann und zweitausend Pferde unter Marschall von Châtillon nach Sedan. Das war nicht viel, doch hatte Karl IV. von Lothringen weitere Truppen versprochen, die freilich niemals kamen. Das Treffen zwischen der Armee von Soissons und den Königlichen hatte statt bei La Marfée, und der Graf von Soissons gewann es. Doch der Erfolg wurde ihm zum Verhängnis, in seinem Siegesrausch wollte er einem kleinen königlichen Corps den Rückzug verlegen. Im Getümmel traf ihn ein Pistolenschuß ins Auge, der ihn zugleich um Sieg und Leben brachte. Die Verbündeten sahen in dem Schuß ein Gottesurteil. Sie trennten sich und zogen mit hängenden Köpfen nach Haus.

FÜNFTES KAPITEL
     
    Daß Kanzler Séguier von Amts wegen der Königin hatte ins Dekolleté greifen müssen, um den Brief, den sie ihm vorenthalten wollte, an sich zu bringen, war, wie man sich denken kann, die große Gaudi am Hof, und wenn einer unserer Gecken auf den Fluren des Louvre dem armen Séguier begegnete, fragte er ihn im Vorbeigehen ungescheut: »Und wie sind sie, Herr Kanzler?«
    Die Zieraffen dünkten sich oberschlau, indem sie »sie« sagten statt »Brüste«. Doch der König ließ sich nicht nasführen und gab kund und zu wissen, daß jeder Edelmann, der den Herrn Kanzler mit unschicklichen Reden belästige, so lange in die Bastille gesperrt werde, bis ihm seine Zuchtlosigkeit vergangen sei.
    In jenen bewegten Tagen und besonders bei der nachmittäglichen Siesta hielten wir regen Kopfkissenplausch.
    »Würdet Ihr mir vergeben«, fragte Catherine, »wenn ich gehandelt hätte wie die Königin?«
    »Im vorliegenden Fall, ja.«
    »Warum? War ihr Verrat nicht eindeutig?«
    »Doch. Die Königin von Frankreich hatte Partei für Spanien genommen, doch bedeutete

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