Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
verwandelte alle Wege in strudelnde Bäche und verwehrte ihm den beabsichtigten Ritt nach dem Landschloß Saint-Maur. Nun war Ludwig in einer Klemme, seine Mundoffiziere, sein Bett, das ganze Mobiliar seines Gemachs waren schon nach Saint-Maur unterwegs, 1 und er wußte nicht, wo er essen, wo er schlafen sollte. Keine schöne Lage für einen König.
    »Sire«, sagte der Hauptmann seiner Garde, »es gibt nur eine Lösung: Ihr kehrt in den Louvre zurück und bittet die Königin, Euch zu beherbergen.«
    Unwillig, erhob der König Einwände, die Gewohnheiten der Königin seien das Gegenteil der seinen: sie speise spät und gehe noch später schlafen.
    »Sire«, sagte der Hauptmann, »die Königin wird sich doch freudig Euren Gewohnheiten bequemen.«
    Was sich hierauf zwischen dem König und der Königin zutrug, erfuhr ich von einer Kammerfrau namens Angélique, die vormals in unserem Dienst gestanden hatte. Catherine, die der hübschen Person nicht über den Weg traute, hatte sie fortgeschickt, worauf ich die Ärmste beim Kardinal empfahl, der sie bei der Königin unterbrachte, nicht ohne Hintergedanken, vermute ich, beruhte die Politik des Kardinals doch wesentlich auf Spitzelei. Was mich anging, so tätschelte ich Angélique die Wangen, wenn ich ihr in den Gemächern der Königin begegnete, und sagte ihr ein paar Worte auf okzitanisch, das ihre Muttersprache war. Diese Freundlichkeiten von seiten eines Herzogs und Pairs gefielen ihr und erhöhten sie in der Achtung ihrer Gefährtinnen. Sie dankte es mir, indem sie mich aufsuchte und mir erzählte, was sie gesehen und gehört hatte. Ich berichtete es sogleich dem Kardinal, doch muß ich klarstellen, daß Angélique keine bezahlte Spionin wie die Zocoli war. Sie handelte aus freien Stücken, genaugenommen aus Dankbarkeit.
***
     
    Hier nun, Leser, was Angélique mir über Ludwigs unverhofften Besuch bei der Königin erzählte, an jenem Abend, als das Pariser Pflaster von wütendem Regen überflutet war.
    Es ging gegen acht Uhr, die Königin war schon im Hausgewand, die blonden Haare fielen gelöst über ihre Schultern. Sie saß vorm Kamin und streckte bald den einen, bald den anderen Fuß zum Feuer. Als sie den triefenden Ludwig in ihren Salon treten sah, traute sie ihren Augen nicht.
    »Aber, Sire!« rief sie halb erfreut, halb erschrocken, »wie seht Ihr denn aus! Ruft schnell Eure Diener, daß sie Euch umkleiden.«
    »Ach, Madame«, sagte der König, »leider sind meine Diener in Saint-Maur, samt meinen Kleidern, meinem Bett, meinen Speisen, so daß ich ohne Eure Hilfe heute abend weder mich trocknen noch umkleiden, noch essen, noch schlafen kann.«
    »Die soll Euch werden, edler Herr!« sagte erheitert die Königin, weil Ludwig sich auf einmal der tändelnden Sprache des Hofes bediente.
    Die Königin rief Angélique, auf daß sie den König von seinen nassen Kleidern befreie.
    »Sire, Ihr zittert ja«, sagte lachend die Königin.
    »Vor Kälte, Madame, vor Kälte.«
    »Es macht Euch wohl gar nichts aus, daß ein schönes Mädchen Euch entkleidet?«
    »Madame, die einzige, die mir in dieser Lage etwas ausmachen könnte, seid Ihr.«
    Worauf die Königin, berührt und gekitzelt, hellauf lachte. Dann nahm sie Angélique das Handtuch ab und trocknete ihren königlichen Gemahl eigenhändig von Kopf bis Fuß.
    »Soll ich jetzt nackend bleiben?« fragte der König, als er sich, auch dank dem Feuer, trocken fühlte.
    »Nicht doch!« sagte die Königin. »Da weiß ich Abhilfe.«
    Sie griff nach einem Pudermantel und half ihm, hineinzuschlüpfen, nicht ohne daß Ludwig die Brauen runzelte, dann trat sie zurück und lachte begeistert und entzückt. Er lachte auch, über sich selber, so ansteckend war ihre Fröhlichkeit. Ein Tisch wurde hereingebracht, Teller, Becher und Rindfleisch, um vier Personen satt zu machen, denn die Bedienten rechneten darauf, daß König und Königin nicht alles verspeisen würden und der Rest ihnen bliebe.
    Die Majestäten schwatzten und kicherten wie schuleschwänzende Schüler, aßen wie die Scheunendrescher und tranken noch und noch. Und als sie endlich aufstanden, schwankte Anna leise, und der König faßte sie beim Arm.
    »Madame, erlaubt, daß ich Euch zu Bett bringe«, sagte er.
    Was er denn auch tat, und noch etwas mehr. Er entkleidete sie.
    »Sire«, sagte die Königin, »bitte, werft Euer Weibergewand ab, derlei ist hier verboten.«
    Worauf sie wieder kicherten.
    »Angélique«, gebot mit geschwinder Stimme die Königin, »schließe die

Weitere Kostenlose Bücher