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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Stoffen.«
    »Hochinteressant! Was ist mit Clemens?«
    »Gewiss. Clemens wird nicht an Gold sterben. Aber es muss auch nicht unbedingt ein Kurzschwert sein, welches eine lange Blutspur hinterlässt. Vielleicht ist ein feiner Stoff viel besser, den ihm jemand unter die Speisen mischt. Ein Gift, welches das Fleisch, das er isst, noch schmackhafter macht, sodass er es wie ein Tier hinunterschlingt. Wenn er gegessen hat, ist er schon so gut wie tot, und seine schlauen Ärzte werden finden, der gierige Papst habe sich überfressen. Eine Sünde bei einem magenkranken Mann, eine noch viel größere Sünde bei einem darmkranken Mann, wie er es ist.«
    »Gift ist nicht meine Sache, Uthman. Es ist etwas für Intrigen, für Feigheit und Heimtücke. Ich ziehe den offenen Streich mit dem Schwert vor.«
    »Gut. Dann lass mich dein Heimtückischer sein! Ich habe keine Angst davor, in aller Stille zu töten. Nicht du musst deinen inneren Auftrag vollenden und Clemens aus dem Weg räumen.«
    »Nein. Das ist meine Aufgabe. Es geht um die Rache für meine Brüder!«
    »Du bist Clemens durch Schwur und Unterwerfung verpflichtet!«
    »Das weiß ich! Oh, ich weiß es zu genau! Deshalb will ich die Sache auch hinter mich bringen – egal wie!«
    »Also?«
    Henri sagte zögernd: »Solches Gift kann dein Bekannter mischen?«
    »Wir dürfen ihm nur nicht sagen, zu welchem Zweck.«
    »Wo finden wir diesen Teufelspartner?«
     
     
    Während der Sarazene sich bemühte, den Alchemisten und geheimen Mediziner zu einem Treffen zu bewegen, wartete Henri in seiner Herberge. Es schien unvernünftig, nicht sofort aus der Stadt auszuziehen, denn die Gefahr lauerte überall. Er konnte es buchstäblich sehen, weil dunkle Gestalten jetzt überall an den Straßenecken und in den Eingängen von Häusern und Palästen herumstanden oder unschlüssig hin und her gingen. Vor den Eingängen der Kirchen saßen Bettler, die gerade in der Stadt eingetroffen sein mussten.
    Aber Henri wollte nicht davonlaufen. Wenn sie ihm auf die Spur kamen, dann würde er kämpfen. Es würde ihn beruhigen, einige seiner Feinde mit dem Kurzschwert niederzustrecken, es war für einen Kämpfer immer gut, auf angespannte Gefühle Taten folgen zu lassen. Er hatte die Belagerung und den Fall der letzten christlichen Bastion Akkon im Heiligen Land von Syrien als neunzehnjähriger Knappe an der Seite seines Herrn Wilhelm von Beaujeu miterlebt, wo viele Templer im griechischen Feuer der Muselmanen, das mit Wasser nicht zu löschen war, elend umkamen. Er war einer der zehn Überlebenden von ehemals fünfhundert gewesen, die sich nach Zypern retten konnten.
    Seitdem war er ein Kämpfer – wenn es nötig war.
    Uthman, der Sarazene, der aus vielen Gründen sein Freund war, hatte versprochen, das Treffen am späten Abend, wenn alles dunkel war und in der Stadt die nächtlichen Prozessionen begannen, herbeizuführen. Dann würden sich die Schatten in der Dunkelheit verlieren, und sie konnten darin untertauchen.
    Jetzt war es kurz vor Einbruch der Nacht. Henri stand am kleinen Fenster, dessen dünne Vorhänge sich in einer Brise aus Süden bewegten. Er schaute über die Stadt, die sich langsam in ein Meer von Fackeln, lodernden Pechpfannen und brennendem Kienspan in riesigen Kesseln verwandelte. Der Geruch von verbrannten Kräutern, von Myrrhestäbchen und Weihrauch drang zu ihm. Die Gesänge nahmen zu und schwollen bald zu einem einzigen Gesang an. Auch Henri liebte die Karwoche mit ihren inbrünstigen Gebeten und der Vorbereitung auf das wichtigste Fest der Christenheit, aber diesmal nahm er nicht daran teil.
    Er war so in Gedanken versunken, dass er die Geräusche auf der Treppe nicht wahrnahm. Er wusste nur, die Herberge war jetzt am Abend verlassen. Die beiden übrigen Gäste, zwei harmlose Goldschmiede aus Aiguës Mortes, dem Mittelmeerstützpunkt für den Levantehandel, befanden sich bei den Prozessionen. Sie wollten dafür beten, dass der lebenswichtige Hafen ihrer inzwischen aufgegebenen Stadt nicht weiter versandete. Der Wirt hatte die Schenke geschlossen.
    Plötzlich hatte Henri das Gefühl, als befände sich jemand in seiner unmittelbaren Nähe. Er rief:
    »Uthman?«
    Doch es gab keine Antwort. Stattdessen entstand durch die offene Zimmertür ein Sog von irgendwoher.
    Henri griff instinktiv nach seinem pfeildünnen Panzersteckdolch. Er lauschte, dann sprang er nach draußen. Der Flur lag dunkel und leer vor ihm.
    Dann sah er den Umriss des Mannes.
    Seine bizarre Silhouette zeichnete

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