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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Inquist. Aber hübsch langsam. Du hast es doch nicht eilig damit? Schau hier. Ein wunderbares Instrument. Die spitze Zange. Wir machen sie glühend, schon wird das Kohlefeuer entzündet, siehst du? Schreien kannst du dabei so viel du willst. Wir stecken dir die Folterbirne in den Mund, es ist eine sehr sinnreiche Erfindung. Sie wird durch den Druck auf eine darin befindliche Feder weit auseinander getrieben. Man verstummt, sozusagen…«
    »Bestien! Dafür verschwendet ihr das verbleibende Bisschen eures ketzerischen Verstandes?«
    »Du hast ganz Recht! Du sollst ja nicht verstummen, sondern reden! Ich Narr, das hätte ich beinahe vergessen! Nun, so sprich schon, oder ich zeige dir noch ein paar andere Dinge…«
    Der Chirurg mischte sich ein. »Montseigneur, zeigt ihm auch die Strafmaske und den Strafmantel mit den Eisengewichten, in denen wir ihn verhungern und verdursten lassen können – jedenfalls fast, bis ich ihn in seinen letzten Atemzügen seziere, um zu beobachten, wie sich so kurz vor diesem gewaltsamen Tod durch Entzug die Muskeln verhalten.«
    »Gewiss doch! Wir wenden diese Dinge in unserem Land gern an. Aber wir besitzen noch viele andere sinnreiche Instrumente. Und glaube mir, Inquist, alle sind so wunderbar effektiv, dass dagegen das Verbranntwerden, das Enthauptet-, Gerädert- oder Gehängtwerden und der Tod durch Entzug des Schlafes eine wahre Mildtat sind! Nur das Sieden in Öl bei lebendigem Leib von unten her könnte unangenehmer werden. Es ist für besonders Verstockte gedacht, die alle Grade des Torquierens überlebt haben. Aber sieh dir beispielsweise noch dieses Ding hier an, das letzte, das ich dir zeige, bevor die Marter beginnt. Diese Maschine – ist sie nicht faszinierend? Willst du das nicht zugeben? Sie ist zusammengestellt aus Beinschrauben und Stachelring. Der Ring aus Eisen ist innen mit Spitzen versehen, die ich zur Form von Widerhaken bringen kann. Damit wird dein Fleisch langsam innerlich zerrissen. Ist es zu weit hergeholt, dieses Instrument als Krebs zu bezeichnen?«
    Ich weiß, dachte Henri, ihr habt euch mit Sachverstand bemüht, sinnvolle Instrumente zu erfinden. Und ich erkenne bei euch nicht einen Hauch von Gewissensbissen über eure Grausamkeit. Ich habe euren Praktiken als Beobachter schon beigewohnt. In Aleppo, wo Sarazenen die Nase und die Ohren abgeschnitten, die Hände abgehauen, die Glieder abgezwickt, Riemen aus der Haut geschnitten, die Zunge ausgerissen oder die Knochen durch das Rad gebrochen wurden. Ich habe erlebt, wie man die Ungläubigen lebendig einmauerte, in Tröge steckte, wo sie sich nicht bewegen konnten und von Insekten zu Tode gestochen wurden. Wie man Feinde verdursten ließ und ihnen gesalzene Speisen reichte, wie man ihnen keine Ruhe ließ. Wie die Henker ihr Tun genossen. Wie Christen ihre Feinde in jeder Form abschlachteten – oder von ihnen abgeschlachtet wurden.
    Der Mensch ist des Menschen größter Feind. Es gibt kein Mitleid unter den Menschen. Die Hölle, das sind die anderen.
    In seine Gedanken hinein fragte Imbert scheinheilig: »Willst du das Instrument nun in deinem Fall in Anwendung sehen oder nicht?«
    »Nein.«
    Der Großinquisitor zog die Augenbrauen zusammen. »Welches hast du dann für dich ausgesucht, Henri de Roslin?«
    »Kommt näher, Imbert, ich verrate es dir allein. Ganz leise.«
    »Ja?«
    Als Imbert vor ihm stand und sich zu seinem Mund herunterbeugte, spuckte Henri ihm ins Gesicht. Der Generalinquisitor heulte auf.
    »Packt ihn! Reißt ihm die verfluchte Seele aus dem Leib!«
    »Langsam, Montseigneur!« Der Chirurg schritt ein. »Wir wollen doch alles der Regel gemäß machen.«
    Imbert fasste sich wieder. »Schon gut. Hängt ihn an die Wand. Und jetzt sprich, Ketzer! Namen, Aufenthaltsorte! Und wo befindet sich der Schatz des Templerordens, für den du zuständig warst?! Meine Geduld ist zu Ende.«
     
     
    »Wohin genau wird man ihn gebracht haben?«
    »Vermutlich dorthin! Seht ihr den fensterlosen Donjon? Er trägt seltsame Steinmetzspuren. Aber das interessiert uns im Moment nicht. In diesem Turm gibt es, so weit kenne ich mich mit Burgen aus, im unteren Bereich Verliese.«
    »Wird man ihn foltern?«, fragte Sean atemlos. »Natürlich«, antwortete Joshua voller Sorge. »Sie haben ihn schließlich in ihrer Gewalt. Foltern gehört zu ihrem Gefühl für Gerechtigkeit – wenn man sich das vorstellen kann.«
    »Mein Gott, wir müssen handeln! Und sei es unsere letzte Tat!«
    »Ihrer Folter hält niemand lange stand.«

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