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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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ein Angebot. Einfach so. Ich musste nur ein paar Kurse erfolgreich abschließen, und plötzlich war ich bei der Berliner Kriminalpolizei. Morddezernat. Hauptkommissar. Es war wie ein Wunder.»
    «Bis Sie durch den Tod von Erwin Machallik mit Ihrem früheren Leben konfrontiert wurden.»
    «Von wegen. Vier Jahre war ich nur Mordermittler. Ich habe furchtbare Dinge gesehen, sicher auch weitere Fehler gemacht, und doch war es die beste Zeit meines Lebens. Ich war ziemlich gut, und meine Vorgesetzten schätzten mich. Sogar der Polizeipräsident selbst, Friedrich Markowitz. Eines Tages legte er mir einen alten Fall auf den Tisch. Ein Fall, der ihm einfach keine Ruhe lasse, ich solle ihn mir doch mal ansehen. Es ging um den rätselhaften Tod von vier Bauarbeitern Anfang der achtziger Jahre. Die Ermittlungen waren seinerzeit absurd früh abgebrochen, der Fall als ungelöst zu den Akten gelegt worden. Ich musste wirklich nicht sehr lange graben, bis ich mit meinen Ermittlungen bei der Firma Maschmann und vor allem ihrem Anwalt, unserem Herrn Dr. Kersting, angekommen war.» Rimschow stopfte das Brot zurück in die Tüte und brachte es wieder zur Hecke. «Heute weiß ich, es war Markowitz, der mich damals zurückgeholt hat. Er war es, der alle Hindernisse aus dem Weg räumte, damit ich bei der Kripo noch mal von vorn beginnen konnte. Aber nur, um mir vier Jahre später diesen Fall auf den Schreibtisch zu knallen.»
    «Markowitz wollte, dass Sie gegen seinen alten Freund Maschmann ermitteln?»
    «Wahrscheinlich auch gegen Machallik, insbesondere aber gegen Dr. Kersting. Das vermute ich jedenfalls. Ganz genau weiß ich es nicht, denn zwei Monate später ist Markowitz für ein paar Tage nach Polen gefahren. Er ist nie wieder zurückgekehrt.»
    «Ist er tot?»
    «Er ist nie wieder zurückgekehrt.»
    «Ja, schon, aber was denken Sie?»
    «Ich denke, er ist nie wieder zurückgekehrt.»
    «Und Ihr Fall?»
    Rimschow setzte sich auf die Bank und signalisierte Lanner, er dürfe auch wieder Platz nehmen. «Die Spuren zu Maschmann und Dr. Kersting waren recht eindeutig, aber es hätte niemals für eine Anklage gereicht. Ich denke, Markowitz wusste das genau. Aber er wusste auch, dass es mir keine Ruhe lassen würde. Zumal er mir Zugang zu weiteren Informationen verschaffte, durch die ich herausfand, wie die Geschichte mit den Ratten weitergegangen war.»
    «Sie meinen, wie Machallik die Ratten der Stadt kontrolliert?»
    «Kontrolliert hat. Seit seinem Tod sind die Tiere ja wohl außer Rand und Band.»
    «Was aber vielleicht noch Teil seiner Kontrolle ist. Aus dem Grab heraus.»
    «Ja, vielleicht. Machallik war wohl schon als Junge von den unzähligen Ratten in der Stadt fasziniert. Deshalb gründete er später auch die Kammerjägerfirma, die anfangs aber nicht gut lief. Die Leute hatten einfach ganz andere Sorgen, die Ratten waren ihnen egal. Nur die Alliierten, die Engländer, Franzosen und Amerikaner, störten sich an den Viechern. Was macht also der bauernschlaue Machallik? Er lockt die Ratten in die Nähe der Alliierten, züchtet sie dort regelrecht, bis sie die Soldaten nerven, und bekommt dann von den Besatzungsmächten seine ersten größeren Ungezieferbekämpfungsaufträge. Die Alliierten sind die Einzigen in der Stadt, die ihm wirklich was bieten können, Geld, Nahrungsmittel, Zigaretten. Schon jetzt wird er zu einem kleinen König in Berlin. Die anderen Geschäfte überlässt er seinen Freunden. Er bleibt bei den Ratten, denn er hat begriffen, welch wunderbare Verbündete sie für ihn sind. Er war wie ein Regenschirmfabrikant, der Regen machen konnte. Sobald er Geld brauchte, ließ er an einem bestimmten Punkt die Rattenpopulation explodieren, und schon ratterten die Aufträge nur so herein. So wie ein Rüstungskonzern sich um Kriege und Konflikte auf der Welt kümmern muss und ein Pharmakonzern um Krankheiten und Einsatzfelder für seine Medikamente oder Impfstoffe, so kümmerte sich der Kammerjäger Machallik eben um die Ratten.
    Als der Bau der U9 begann, erkannte Machallik gleich die neuen Möglichkeiten. Entlang der U-Bahn-Linie ließen sich die Ratten erstaunlich schnell durch die Stadt bewegen. Er konnte sie lenken, führen und kontrollieren. Die Verlängerung der U7, der Ausbau der U2, der Bau der U4 – bei all diesen Großprojekten war Maschmanns Firma federführend, und Machallik bekam von seinem Freund ein kleines unterirdisches Schnellwegenetz für seine Ratten, das parallel zum Nahverkehrsnetz verlief. Natürlich

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