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Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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Park. Es waren keine Polizisten da. Und die Bauern kamen langsam durchs Bahnhofsportal herausgeströmt. Alle waren schwer beladen und verängstigt. Niemand kam nach Havanna, ohne Kisten voller Lebensmittel mitzubringen. Reis, Bohnen, Lebensmittel, Schweinefleisch. Es war eine einfache Sache. Früher hatte er das auch schon häufiger getan. Er mischte sich unter den Pulk von Bauern, um sein Opfer auszumachen. Er sah sie sofort. Eine unbegleitete Frau mit drei Kindern und sechs schweren Kisten. Sie war völlig überfordert und wirkte nervös und verzweifelt. Die Kinder heulten vor Müdigkeit. Fast zwanzig Stunden Fahrt von Santiago hierher in einem Zug vierter Klasse mit Holzbänken. Die Frau konnte unmöglich alles unter Kontrolle halten. Freundlich näherte Rey sich ihr.
    »Warten Sie, Señora, ich helfe Ihnen. Ich habe hier draußen eine Schubkarre, das wird Sie nicht viel kosten. Sogar die Kinder passen noch in die Karre.«
    »Ja, danke. Ich muss zur Cuba, Ecke Amistad.«
    »Ach, das ist ganz in der Nähe. Macht nur fünf Pesos.«
    »In Ordnung.«
    »Geben Sie mir zwei Kisten … mal sehen … nein, nein, Sie nicht. Warten Sie hier mit Ihren Kindern auf mich, und ich trage die Kisten hinaus, immer zwei und zwei. Mein Partner passt auf die Karre auf, so gibt’s keine Probleme.«
    »Danke sehr, Sie kommen wie gerufen, ich wüsste gar nicht, was ich sonst tun sollte.«
    Rey ergriff die beiden größten und schwersten Kisten. Sie waren fast zu schwer für ihn. Und immer noch scherzte er mit den Kindern: »Und ihr drei fahrt auch auf dem Karren mit, eine Fahrt durch Havanna.«
    Dann ging er mit den beiden Kisten hinaus auf die Straße … und adiós, Lolita meines Lebens. Leider kann ich mich an dich nicht mehr erinnern.
    In wenigen Minuten war er bei Magdas Haus angelangt, völlig erschöpft von den schweren Kisten. Im Laufschritt stieg er die Treppen hoch, klopfte. Verschlafen öffnete ihm Magda die Tür.
    »He, wach auf, ich bringe was zu essen.«
    »Rey, verdammt noch mal, lass mich in Ruhe … Ich schlafe noch …«
    »Wach auf, Schätzchen! Wollen wir doch mal sehen, was wir hier haben!«
    »Woher hast du das alles?«
    »Ist doch egal, woher.«
    Wie berauscht öffnete Rey die Kisten. Eine enthielt Reis, die andere schwarze Bohnen.
    »Mmmh, da haben wir zu mampfen für zwei Monate.«
    »Wenn du kochst, denn erwarte bloß nicht von mir …«
    Sie legten sich hin. Rey unternahm einen Versuch, aber Magda wies ihn zurück.
    »He, was ist los?«
    »Ich bin müde. Lass mich schlafen, du geiler Bock. Ewig hast du einen Ständer, und ich bin todmüde.«
    »Ja, vom Vögeln mit diesen alten Schweinen.«
    »Ja, schon gut, schon gut.«
    »Nein, nicht schon gut, schon gut. Sieh nur, wie geil ich bin! Willst du, dass ich mir einen runterhole?«
    »Ja, hol dir einen runter, steck dir den Finger in den Arsch, tu, was du willst.«
    Magda schlief ein. Rey entblößte sich. Schließlich musste er sich doch einsam einen runterholen. Er griff mit der linken Hand nach Magdas Po, und das reichte, um sich ein wenig anzutörnen. Magda schlief mit dem Mund nach unten und merkte nichts. Kurz darauf kam Rey, hatte sich wieder unter Kontrolle und konnte schlafen.
    Als er am nächsten Morgen erwachte, war Magda gegangen. Die Tür stand offen. »Was ist nur los mit dieser Verrückten? Ist sie in irgendwelche merkwürdigen Dinge verstrickt und will nicht, dass ich davon weiß?«, überlegte er. Er räkelte sich auf dem Strohsack, hungrig wie ein Wolf, wie immer. Das war seine Lieblingsbeschäftigung: nichts tun, sich von einer Seite auf die andere drehen, die Zeit vergehen lassen und den Hunger spüren. »Der einzige Besitz des Armen ist der Hunger«, hatte seine Großmutter immer gesagt, als sie noch etwas sagte. Von klein an hatte man ihm beigebracht, diesem Besitz keine Bedeutung beizumessen, so zu tun, als existierte er nicht. »Vergiss deinen Hunger, es gibt sowieso nichts zu essen«, rief seine Mutter ständig, jeden Tag, zu jeder Stunde. Daran erinnerte er sich jetzt und sagte sich: »Verdammt noch mal, Rey, worüber beschwerst du dich eigentlich?«
    Mit einem Satz war er auf den Beinen und suchte Sandra. Ihre Tür stand offen, aus dem Radio erklang Musik, und sie schrubbte, ganz treu sorgende Hausfrau, den Fußboden.
    »He, schöner junger Mann! Warte, komm nicht rein, ich schrubbe gerade den Boden mit Kerosin, und du könntest ausrutschen. Bleib da stehen.« Wenige Minuten später war der Boden trocken.
    »Rey, Schätzchen, komm rein,

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