Der König von Havanna
am Rand entlang. Mach mir den Boden nicht wieder schmutzig, Süßer, und setz dich aufs Bett. Willst du einen Kaffee?«
»Ja.«
Sandra gab ihm einen Kaffee und wirtschaftete weiter herum. Wischte Staub, säuberte die Figürchen und den Nippes, wusch Strümpfe und ein rosa Kleid. Das halbe Zimmer war durch dicke Balken abgestützt. Dahinter klafften das Dach und die Wand lebensgefährlich auseinander und ließen Regen ein. Es sah sehr böse aus. Sandra verbarg den Teil mit Plastikvorhängen und Gardinen und einem roten Lämpchen, das über einem merkwürdigen Tisch auf drei Füßen hing, der in Wirklichkeit eine Keksdose war, mit einem Tuch drüber. Am Ende war das Ganze die Inszenierung einer Puppenhaus-Idylle, die von den Trümmern ablenkte. »Sandra, hast du keinen Hunger?«
»Ich koche uns gleich was zu Mittag, Schätzchen. Nur für dich und mich ganz allein. Du wirst sehen, wie gut das schmeckt … da, nimm …«
Sie gab ihm zwanzig Pesos. Rey holte Bier. Als er zurückkam, kochte Sandra bereits Huhn mit Reis.
»Stell das Bier kalt.«
»Du lebst wirklich gut, Sandrita. Du weißt zu leben.«
»O ja.«
»Gestern Abend habe ich etwas Reis und schwarze Bohnen aufgetrieben. Warte, ich hole dir etwas davon …«
»Nein, nein. Lass das alles bei der Hexe. Du musst mir hier nichts mitbringen, Schätzchen. Gar nichts. Ich halte dich aus, mein Geliebter … äh, warum gehst du dich nicht inzwischen waschen?«
»Nein, lass nur. Ich bin nicht schmutzig.«
»Rey, man muss jeden Tag baden und sich rasieren und Deodorant benutzen und frische Wäsche anziehen. Sei kein Ferkel. Sonst kriegst du die Krätze und überträgst sie auf mich.«
»Ah, du bist genau wie die Aufseher im …«
»Die Aufseher im was? Sprich dich aus!«
»Im nichts.«
»Hör zu, Jungchen, während du noch das Mehl holen warst, hatte ich schon das Brot fertig. Die Taube da auf deinem Arm und die scharfe kleine Perle auf deiner Schwanzspitze … stammen doch aus dem Zuchthaus. Du warst im Knast oder bist auf der Flucht.«
»Immer mit der Ruhe, Sandra! Spiel hier nicht den Hellseher und lass mich in Frieden!«
»Ich spiel hier nicht die Hellseherin, Schätzchen. Du bist für mich ein aufgeschlagenes Buch. Du musst mir nicht antworten, aber ich will dir etwas sagen: Du warst im Knast. Was weiß ich, wie du rausgekommen bist. Aber sieh mich an: Ich bin stockschwul und eine schrille Tunte, aber auf mich kannst du dich zigmal mehr verlassen als auf diese Drecksschlampe, die sich nie wäscht, die dich zugrunde richtet und der du aus der Hand frisst und die für zwanzig Pesos dem Polizisten an der Ecke einen runterholt, dich verpetzt und dafür sorgt, dass er dich wieder einlocht.«
»Mann, warum hast du bloß eine solche Wut auf Magda?«
»Einfach so, und nenn mich nicht Mann, sondern Frau – FRAU!«
Sie stellte Rey den Eimer Wasser in die Ecke, die als Bad diente. Und dann wusch sie selbst ihm den Rücken, die Füße, den Kopf, die Eier und rieb ihn gründlich ab. Ihm stand der Schwanz, als sie ihn mit dem Handtuch abnibbelte, und sie endeten im Bett. Sie begehrten einander und trieben es in allen vorstellbaren Stellungen. Sandra war eine Expertin, obwohl sie nie das Kamasutra gelesen hatte. Rey vermied, dass Sandra ihn am Po berührte, und weder berührte er Sandras erigierten Phallus, noch sah er hin, wenigstens nicht direkt.
»Ich bin ein Mann, fass meinen Po nicht an«, sagte er zu ihr.
Daran war Sandra gewöhnt. Sie gab sich noch weiblicher und brachte ihn schier aus dem Häuschen. Sie endeten ohne jeden Tropfen Saft im Körper, glücklich, und tranken etwas Bier. Als sie wieder bei Kräften waren, wuschen sie sich erneut, um sich nach so viel Schweiß und Samen frisch zu machen. Sandra versprenkelte Alkohol und Kölnisch Wasser im Raum und zündete Räucherstäbchen an. Sie bekleidete sich provokativ mit einem Spitzenhöschen und einer winzigen, durchsichtigen Bluse, ganz in Weiß. Das zarte Spitzenhöschen beulte sich über den Eiern und dem großen Knüppel. Das ergab eine brutale Sinnlichkeit. Rey starrte darauf, und dieser attraktive Kontrast erregte ihn wahnsinnig, doch augenblicklich wurde ihm klar, dass er sich beherrschen musste, und er wies den Gedanken von sich. »Ich bin ein Mann«, dachte er.
Dann aßen sie Huhn mit Reis und tranken Bier. Alles war köstlich. Sandra machte Kaffee und brachte Rey eine herrliche Lancero-Zigarre.
»Hier, Schätzchen, ich bringe dir bei, Zigarren zu rauchen. Ich mag Männer, die Zigarren
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