Der König Von Korsika
diplomatischer Provokationen einerseits (Theodor reiste in diesen Jahren ein Dutzend mal zwischen Madrid, Wien und Parma hin und her), das Beispiel seines Herrn andererseits, der, vor wenigen Jahren noch ein namenloser Söldner mit Blut an den großen, knochigen Händen, mittlerweile vom Baron zum Herzog und Granden des Reiches und vor allem zum Multimillionär aufgestiegen war – brachte Theodor zu dem Entschluß, auch selbst einige Pfähle von Wohlstand und Sicherheit in die Erde zu rammen.
Reüssierte Ripperda mit seiner Politik, war Theodors Zukunft in Spanien ohnehin gesichert, und wer weiß, vielleicht konnte er sogar eines Tages dessen Nachfolge antreten, scheiterte der Holländer und brach alles zusammen, war es besser, Armeegeneral und Grundbesitzer zu sein als die Kreatur oder Marionette eines geächteten Politikers.
Den vorerst erbetenen Titel eines Obersten verlieh der Holländer ihm nach einem fünfminütigen Gespräch, aber Theodor brauchte, wie er es ausdrückte, eine »noch breitere Brust«, und die war, wollte er nicht warten müssen, nur und am einfachsten durch eine vorteilhafte Heirat zu gewinnen.
Wüßten Sie jemand, der in Frage kommt? erkundigte er sich bei dem Premierminister.
Der zog an seiner Pfeife: Hm, außer Geld braucht sie natürlich auch einen gewissen Namen und müßte greifbar sein. Das liefe eigentlich am ehesten auf eine von Elisabeths unverheirateten Ehrendamen hinaus.
Diese Gänseschar in Halbtrauer? sagte Theodor wenig begeistert.
Von den Spanierinnen rate ich auch ab, erklärte Ripperda, da würden Sie nicht viel zu lachen haben, obwohl das eine ja nichts mit dem andern zu tun hat... Was für Ansprüche stellen Sie denn?
Theodor hob die Arme in einer fatalistischen Geste. Sie darf nicht viele Umstände machen, das Ganze soll schließlich nicht in Arbeit ausarten.
Nun, da gäbe es eine Engländerin, eine Irin genauer gesagt... Lady Ormond, nicht mehr ganz jung. Ja, bei der würde ich es versuchen.
Die Tochter des Stuartisten?
Genau die. Sie mußten seinerzeit emigrieren. Aber wer muß das nicht von Zeit zu Zeit im Leben. Der Mann ist vor einigen Jahren gestorben. Der Name ist erstklassig.
Könnten Sie eine diskrete Untersuchung über ihre finanziellen Verhältnisse anstellen lassen, Herzog? Bevor ich mich über die Maßen engagiere, sollte doch sichergestellt sein, daß es auch Sinn hat.
Ich kümmere mich darum. Wenn Sie mir versprechen, ein schönes Hochzeitsfest auszurichten, damit man hier mal wieder etwas zu lachen hat. Die Unterhaltung aus katholischen Chorälen und dem Kastratengeheule Farinellis, zu dem Philippe seine Tränen vergießt, verursacht mir Magengeschwüre.
Ripperdas musikalischer Geschmack war nicht eben erlesen.
Um seine morose Laune zu heben, entschloß Theodor sich nach einigen Wochen halbherziger Werbung kurzfristig, einen Empfang des englischen Gesandten zu besuchen,
einen der wenigen Orte in Madrid, wo man sicher sein konnte, sich zu amüsieren.
Er kam spät und schob sich auf der Suche nach Anschluß zwischen den stehend Trinkenden und Plaudernden hindurch. Da hörte er aus einem Nebenzimmer, dessen Tür angelehnt war, Gelächter, ein Gewoge von sonor-heiserem, prustend-schenkelschlagendem, brüllend-sprühenden Männergelächter, über dem wie Schaumkrönchen das helle, girrende und sich dann in einem Hustenanfall überschlagende Lachen einer Frau tanzte. Als Theodor den Kopf in die Tür streckte, wollte er seinen Augen nicht trauen.
Umgeben von sechs Männern, die sehr dicht um sie standen, hockte Jane Ormond auf einem Tisch, mit krummem Rücken und die Beine unter dem Kleid gespreizt wie ein Mann, der kurz davor ist, sich zu kratzen. Sie hielt ein Glas Sherry in der einen Hand und wischte sich mit dem Handrücken der anderen die Lachtränen aus den Augen. Die halbleere Flasche stand neben ihr.
Noch einen! rief jemand. Ja, einen noch, bitte! stimmten die übrigen ein und drängelten näher.
Also gut, Gentlemen, einen noch, aber dann reicht es für heute.
Lady Ormond trank ihr Glas leer, stellte es resolut auf den Tisch und begann:
There was a young wrestler in Greece
from whom every foreigner flees.
He’s awfully unkind
gets on top from behind,
that’s why he fights covered in grease.
Dabei begleitete sie sich mit beschreibenden Gesten und zuckte in der letzten Zeile sogar hoch, als hätte sie sich auf ein Nadelkissen gesetzt. In das gleich wieder losbrechende Gelächter stimmte Jane selbst mit ein, und obwohl Theodor
zu
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