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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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und setzte erneut zum Angriff an. Geduckt kam er zu Alexander geschlichen, der Schwanz glitt über den Boden. Plötzlich sprang er hoch und schnappte nach Alexanders vorgestrecktem rechtem Arm. Mit der linken Faust schlug Alexander dem Wolf auf die Nase, traf ihn aber nicht richtig. Trotzdem ließ das Tier los und verdrückte sich an den Holzzaun, als sammelte es sich. Alexander schnitt dem Wolf den Weg ab. Sich einmal um sich selbst drehend, sprang er Alexander wieder an. Knapp schrammten die zuklackenden Zähne an seinem Gesicht vorbei. Alexander gelang es gerade noch, dem Wolf die Faust in den Körper zu jagen. Ein Heulen war die Antwort.
    Tier und Mensch belauerten sich nun auf der Suche nach einer Schwachstelle. Für Alexander gab es mehrere Möglichkeiten, allerdings musste er dazu den Wolf erst einmal zu fassen kriegen. Am einfachsten noch wäre es, ihm den Hals zuzudrücken oder mit beiden Händen das Maul zu umklammern, dann das Tier auf den Boden zu werfen und mit einem Ellbogen das Brustbein einzudrücken.
    Oder...
    Alexander wählte die wohl sicherste, aber auch gefährlichste Art. Der Wolf griff an, diesmal in Bauchhöhe. Alexander drehte sich, umfasste mit einer Hand den Schwanz und zerrte mit einer ruckartigen Bewegung. Der Wolf wirbelte herum, konnte Alexander aber nicht erreichen, der das Tier hochheben wollte, bis dessen Hinterbeine in der Luft baumelten. Dann hätte er ihm mit den Füßen den Brustkorb zertrümmern können.
    Alexander stolperte, fiel nach hinten und Lag mit dem Rücken auf dem Boden. Immer noch den Schwanz in der Hand, konnte er sich jetzt kaum noch gegen den Wolf wehren. Der ging ihn mit weit aufgerissenem Maul an und wollte ihm die Zähne in den Hals schlagen.
    Genau in dieses weit aufgerissene Maul rammte Alexander seine ungeschützte linke Faust so tief, wie es eben ging. Gleichzeitig umklammerte er mit der anderen Hand das Genick des Wolfes, der vor Schreck sein Maul noch weiter aufriss. Alexanders Faust drückte nach, die andere Hand erwiderte den Druck von hinten. Das Tier würgte, übel riechend ergoss sich der Mageninhalt, der warm über Alexanders Hand lief. Die Vorderläufe des Wolfes scharrten auf dem Boden und über Alexanders Brust, aber der ließ nicht locker. Das Scharren wurde kraftloser, die Beine knickten ein, die Augen des Wolfes quollen hervor. Ein Zittern, das Tier taumelte, dann war es vorbei. Alexander hatte den Wolf erstickt.
    Er rappelte sich hoch und schaute auf den Kadaver. Er fühlte sich mies, weil er keinen Sinn in dem Tötungsakt sah.
    Schweigend hatten die Zuschauer den Kampf beobachtet. Kein Applaus, keine Anerkennung, hie und da ein Räuspern. Als sich Alexander neben Nikolai setzte, klopfte ihm dieser auf die Schulter. Gewinnen konnte Alexander allerdings nur dann, wenn Jewgenij versagte. Besiegte Jewgenij aber den Bären, würden ihn die Jakuten als König anerkennen. Aber König und Sprecher des Bundes nicht in einer Person, das bedeutete Zwietracht und Kampf und Tote.
    Jewgenij bereitete sich in dem Gehege vor. Angezogen war er ähnlich wie Alexander mit einer einzigen Ausnahme: In der Rechten trug er ein Messer mit einer etwa fünfzehn Zentimeter langen Klinge. Jewgenij fühlte sich bereits als Sieger. Was sollte ihm das Tier schon anhaben? So groß und stark, wie er war? Gogol, Jewgenijs Vater, sah das auch so. Gravitätisch nickte er in Nikolais Richtung.
    Der Bär wurde hereingeführt. Zwei Jahre alt, wie es die Überlieferung vorschrieb, hatte er noch nicht seine volle Lebensgröße erreicht. Trotzdem wirkte er beeindruckend. Vier Männer waren nötig, um seinen Kopf, der in einer Schlinge steckte, nach unten zu drücken. Auf ein Kommando ließen sie den Bären frei. Er richtete sich etwas auf und schnupperte. Nicht weit von sich entfernt sah er Jewgenij stehen. Langsam trottete er auf ihn zu. Jewgenij verharrte regungslos, und der Bär erkannte in ihm nicht sofort den Feind, obwohl er gereizt worden war. Ein stehendes, unbewegliches Hindernis, von dem normalerweise keine Gefahr ausgeht, ist nun mal kein Feind. Da der Bär außerdem viele Menschen witterte, konnte er Jewgenij keinen speziellen Geruch zuordnen.
    Noch zwei Meter war der Bär von dem kräftigen Mann entfernt, jetzt nur noch einen. Jewgenij stieß einen schrillen Schrei aus, der Bär stutzte und richtete sich etwas auf. In diesem Augenblick stach Jewgenij zu und traf das Tier an der Schulter.
    Nun war es mit der Langsamkeit des Bären vorbei. Obwohl das Messer tief ins

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