Der Königsschlüssel - Roman
Königsmechaniker für die Schlüssel verantwortlich. Wie wir wissen«, setzte sie leiser hinzu. »Meinem Vater werde ich sicher einen weiteren Schlüssel bauen, das versteht sich doch von selbst.«
Cephei stocherte mit einem Stock in der Glut herum. »Na, wenn ich erst Mechaniker werden muss für diese Aufgabe, ist mir das zu anstrengend. Ich versteh doch gar nichts von Mechanik. Bin ja nicht du.« Sein Grinsen war ansteckend. »Es müsste einfach mehr Könige geben, dann könnte es auch mehr Posten geben.«
»Ach, wozu denn? Was sollen wir mit mehr Königen?«
Er überlegte eine Weile. »Man könnte sie in allen Teilen des Landes einsetzen, und alle hätten einen Mechanischen König. Bei dem Bauern, den wir gesehen haben, mit seinen Nacktkühen, könnte ein König mal was gegen die Zäune unternehmen. Das wäre doch was.«
»Und welcher von deinen Königen soll regieren?«, fragte Vela.
»Na, alle.«
»Und was ist, wenn sich die Könige in einer Sache nicht einig sind? Wer entscheidet dann?«
»Keine Ahnung. Vielleicht sollten sie sich dann treffen und abstimmen?«
Vela musste laut lachen, und Cephei sah sie beleidigt an.
»Was ist so komisch daran?«
»Gar nichts. Ich hatte nur heute schon mal denselben Gedanken, nur anders. Aber wahrscheinlich weiß auch da der Kanzler ein altes Gesetz, das so etwas verbietet.«
»Mhm«, brummte er. »Frag deinen Vater trotzdem mal, ob er nicht einen Ersatzkönig bauen will.«
»Einen Ersatzkönig?« Nachdenklich starrte Vela in die Flammen.
Ein komischer Gedanke, es wusste doch keiner, wie der Mechanische König wirklich funktionierte. Man konnte ihn ja schlecht auseinanderbauen und dann wieder zusammensetzen. Eine Schraube falsch eingesetzt, und er sprach vielleicht nie wieder.
»Was grübelst du?«
»Ach nichts, ich denke an die Stadt. Morgen sind wir wieder dort und …« Sie sprach es nicht aus, der nächste Tag war noch weit. Sie hatte entsetzliche Angst, dass der Schlüssel nicht passte.
Dann redeten sie nicht mehr viel und versuchten zu schlafen.
DER MECHANISCHE KÖNIG
Der Morgen kam, und sie falteten ihre Decken zusammen, verstauten alles in den Rucksäcken, als der Klippengeier erneut vor ihnen landete. Vela sah zu, wie Cephei auf den Rücken des Vogels kletterte, und mit einem Seufzen tat sie es ihm nach.
Der Flug dauerte nicht lang, sie waren schon dicht an der Stadt. Auch heute war die südliche Straße kaum belebt, und niemand deutete zu ihnen hinauf. Vela war froh darüber, denn ausgerechnet auf dem Vogel herbeizufliegen, der den Königsschlüssel gestohlen hatte, würde sicher einen Aufruhr verursachen.
Als sie Dorados Gaststube überflogen, sah Vela, wie Cephei das Haus beobachtete.
»Willst du hin?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, wir gehen erst zum König. Vielleicht später«, setzte er leise nach.
Der Klippengeier brachte sie nicht bis ans Stadttor, er landete in einiger Entfernung hinter einem Wäldchen, und bevor sie noch irgendetwas sagen konnten, flog er auch schon davon. Den kalten Hauch, der ihn immer begleitete, nahm er mit sich. Langsam stapften sie über die Wiesen nach Marinth hinüber.
Einen Moment lang standen sie vor der Stadt und sahen zum Tor, durch das die Menschen eilten. Vela erinnerte sich an den Tag der Zeremonie, als sie mit der Kutsche durch das Tor gefahren und so gespannt gewesen war. Das schien so lange her … Die Aufregung ließ ihre Fingerspitzen kribbeln, bis es sich in
ihrem ganzen Körper ausbreitete. Bald würde sie ihren Vater wiedersehen!
Ein Fuhrwerk versperrte den Weg, bis die Stadtwachen den Besitzer anhielten, sich zu beeilen. Alles sah aus wie immer. Sie warfen sich einen Blick zu, dann nickte Cephei, und sie gingen das letzte Stück zu Fuß.
Irgendwie hatte Vela erwartet, dass etwas passieren würde, wenn sie die Stadt betraten, aber natürlich passierte gar nichts. Keiner hielt sie an, und es begrüßte sie auch niemand. Sie konnten Marinth durchqueren, als wären sie nie fort gewesen.
Auf halber Strecke zum Schloss entdeckten sie in einer Gasse einige Geschäfte, die geschlossen waren. Es sah aus, als hätte jemand die Läden verwüstet, manche Tür hing in den Angeln und fauliges Obst war an die Wände geworfen.
»Was ist denn hier passiert?«, fragte Vela laut, und eine ältere Frau stellte sich hinter sie.
Die Hände in die Hüften gestützt und das Gesicht finster verzogen, antwortete sie: »Das waren die Palastwachen, der Kanzler geht gegen Unruhestifter
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