Der Kofferträger (German Edition)
teilen.
Noch einmal liebte er si e mit der Wildheit eines Achtzehnjährigen, wobei er überzeugt war, niemand konnte so stöhnen wie sie. Sie lag auf dem Rücken und ein wenig öffnete Jürgen seine Augen. Ihr Blick hing an der getünchten Zimmerdecke, als ob sie Erbsen zählte. Sie öffnete ihren Mund und begann herzzerreißend zu gähnen, ohne ihr liebliches Stöhnen davon beeinflussen zu lassen. Augenblicklich war es mit seiner Wildheit zu Ende. Anita verstand, er wäre wohl zu erschöpft.
Wieder und wieder fragte sich Jürgen Schütz, welch seltsames Verhältnis verband Anita und den Mann im Bild an der Wand, der sie bei allen Aktionen beobachtete?
4 Geheimnisvoller W.B.
Da gab es doch irgendwo etwas Verborgenes.
Hinter sicheren Jalousien und Panzerglas forschte Jürgen Schütz am nächsten Abend im Aktenschrank neben dem Büro des Bundeskanzlers. Wer war die ‚Intercom A. G.‘, Vaduz, Liechtenstein?
Unter „I“ fand er die Firma nicht. Nicht unter Vaduz und nicht unter Liechtenstein. Möglicherweise hatte der Kanzler die Akte herausgenommen, aber die Überweisung veranlasst. Seine wachsende Unruhe trieb ihn zurück ins Chefbüro. Brutus schaute ihm aufmerksam über die Schulter. Am Rand des Schubfaches im Schreibtisch entdeckte er zum ersten Mal ein kleines Fach. Er griff mit einem Finger in das schmale Schubfach und fühlte ihn, den Gegenstand, der sich wie ein Schlüssel anfasste. Er zog ihn langsam heraus. Seine Erregung wuchs. Der Schlüssel ließ sich butterweich in das Schloss am kleinen Schrank an der linken Seite des Schreibtisches einschieben. „Brutus schau weg“, flüsterte er mit flatternden Fingern. Nacheinander zog Schütz die Aktenhänger aus den Registraturen heraus. Im Wesentlichen alte, nicht mehr benutzte Akten, die mehr oder weniger ausgelagert waren.
Ein leichtes Summen ließ ihn aufhorchen. Es bedeutete Gefahr. Das Signal zeigte einen Besucher für den Kanzler, den Schatzmeister oder auch für ihn. Der Hausherr hatte dem Sicherheitsdienst aufgetragen, jedes Mal, wenn nach einem dieser drei Namen gefragt wurde, einen Infoknopf zu drücken, um den Besucher anzukündigen. Jürgen verschloss den Schrank, legte den Schlüssel an seinen Platz, sicherte den Schreibtisch und eilte durch die Zwischentür in sein Büro. Schnell hatte er Akten auf seinem Schreibtisch ausgebreitet. Ein paar wahllos darüber verstreute Papiere und die leuchtende Lampe zeugten von eifrigem Schaffen. Mit seinem Mont Blanc fummelte er unruhig zwischen den Fingern. Missmutig fragte er sich, wer da kommen mochte? Noch nie hatte ihn ein solcher Gewissensskrupel gepackt, wie in diesem Moment. Durch welche Tür würde er hereinkommen, und wer? Wer versuchte, ihn zu überraschen? Aber es öffnete sich keine Tür, kein Telefon, kein Lichtschimmer. Rätselhaft bedrohten ihn die Geschehnisse um ihn herum. Seine Wahrnehmung war auf Gefahr programmiert.
In die Büros von W.B. oder H.B. einzudringen, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen. Als würde er beobachtet, verstaute er seine Unterlagen in seinem Schreibtisch, verschloss ihn, löschte die Lampe und schlich zum Aufzug. Der Pförtner fuhr erschreckt zusammen, als er Schütz sah.
„Herr Schütz, Sie noch hier?“ Seine geweiteten Augen konnten die Überraschung nicht verbergen.
„Ja, warum Herr Biermacher?“
„Ich, ich ahnte das nicht“, stotterte er verlegen, kramte in seinen Listen. „Ja, tatsächlich, da sind Sie noch eingetragen. Ich bitte Sie um Entschuldigung, bei der Ablösung muss mir das entgangen sein.“
„Macht nichts. Ist ja nichts passiert“, übernahm Jürgen das Gespräch. „Nur einmal hörte ich das Anmeldesignal. Ich dachte mir, es sei ein Irrtum. Deshalb habe ich nicht nachgefragt, als niemand kam. Ist schon in Ordnung.“
„Ich habe wirklich irrtümlich auf den Knopf gedrückt, dachte dann, es ist ja niemand da und, und ...“
Der Nachtwächter wollte noch einiges anfügen. Schließlich war doch jemand ins Haus gekommen. Jürgen tat nun unwissend.
„Na ja, es ist ja nichts passiert und niemand ist gekommen, also vergessen sie den Vorgang. Ich vergesse ihn auch.“
„Ja, das ist so. Der Herr W.B. Ihm habe ich natürlich gesagt, dass niemand da sei, und er ist dann hoch ..., dann habe ich irrtümlich auf den Knopf gedrückt. Aber ich werde ihn jetzt schnell informieren.“
Der Pförtner griff zitternd zum Telefon, Jürgen legte seine Hand ruhig auf den Arm des Mannes.
„Ich gehe hoch, muss ohnehin noch mit meinem
Weitere Kostenlose Bücher